Die Oscar-Verleihungen: "Slumdog Millionär" ist Film der Nacht
Armer Inder gewinnt Quizshow - diesem Stoff gehörte die diesjährige Oscarverleihung. Ein deutscher Kurzfilm gewann einen Oscar - und Kate Winslets Üben mit der Shampoo-Flasche zahlte sich endlich aus.
HOLLYWOOD dpa Ein sympathischer Außenseiter hat sich in der Oscar-Nacht gegen den teuren Glamour Hollywoods durchgesetzt. Das mit Laiendarstellerin unter schwierigen Bedingungen in Indien gedrehte Drama "Slumdog Millionär" wurde als bester Film des Jahres ausgezeichnet.
Insgesamt vergab die Amerikanische Filmkunst-Akademie für "Slumdog Millionär" in der Regie des Briten Danny Boyle acht Preise - zehnmal war der Streifen nominiert gewesen. In berauschenden Bildern erzählt der Film, der Mitte März in die deutschen Kinos kommt, die märchenhafte Geschichte eines jungen Mannes, der in der indischen Ausgabe der Quizshow "Wer wird Millionär" alle Fragen beantworten konnte.
Doch dann wird er, da er keine große formelle Bildung besitzt, der Schummelei verdächtigt. Im Polizeiverhör stellt sich heraus, dass jede seiner korrekten Antworten einen ganz besonderen Bezug zum Leben seiner armen Familie und zu seiner großen Liebe hatte.
"Als wir am Anfang standen, hatten wir keine Stars, keine Macht und keine Muskeln", schilderte Produzent Christian Colson die Arbeitsbedingungen. "Alles, was wir hatten, war ein inspirierendes Skript, Leidenschaft und unseren Glauben an die Produktion."
Kate Winslets Shampoo-Flasche
Über ihre erste Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin nach insgesamt sechs Nominierungen freute sich Kate Winslet. Die 33-jährige Britin spielt in "Der Vorleser" nach dem Bestsellerroman des Deutschen Bernhard Schlink eine ehemalige KZ-Aufseherin, die einen Teenager verführt.
"Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte diese Situation noch nie geprobt", sagte Winslet mit dem "Goldjungen" im Arm. "Schon mit acht Jahren stand ich im Badezimmer und hatte als Preis die Shampoo- Flasche in der Hand."
Britischer Premier mächtig stolz
Der britische Premierminister Gordon Brown freut sich über die Erfolge für "Slumdog Millionär" und vor allem "Die Vorleserin". "Ich war so glücklich und konnte den Film selbst sehen. Er hat den Erfolg wahrlich verdient."
Film: "Slumdog Millionär"
Fremdsprachiger Film: "Okuribito" (Japan)
Animationsfilm: "Wall-E"
Darstellerin (Hauptrolle): Kate Winslet ("Der Vorleser")
Darsteller (Hauptrolle): Sean Penn ("Milk")
Darstellerin (Nebenrolle): Penelope Cruz ("Vicky
Cristina Barcelona")
Darsteller (Nebenrolle): Heath Ledger ("The Dark
Knight"
Regie: Danny Boyle ("Slumdog Millionär")
Original-Drehbuch: Dustin Lance Black ("Milk")
Adaptiertes Drehbuch: Simon Beaufoy ("Slumdog Millionär")
Kamera: "Slumdog Millionär"
Schnitt: "Slumdog Millionär"
Ton: "The Dark Knight"
Toneffekte: "Slumdog Millionär"
Filmmusik: A.R. Rahman ("Slumdog Millionär")
Filmsong: "Jai Ho" ("Slumdog Millionär")
Kostüme: "Die Herzogin"
Maske: "Der seltsame Fall des Benjamin Button"
Ausstattung (Szenenbild): "Der seltsame Fall des Benjamin
Button"
Spezial-Effekte: "Der seltsame Fall des Benjamin Button"
Dokumentarfilm: "Man on Wire"
Kurzer Dokumentarfilm: "Smile Pinki"
Kurzer Trickfilm: "La Maison en Petits Cubes"
Kurzer Realfilm: "Spielzeugland"
(Jochen Alexander Freydank, Deutschland)
Ehren-Oscar: Jerry Lewis
Und "Slumdog Millionär" sei zusammen mit dem Oscar für Winslet "eine fantastische Leistung für die britische Filmindustrie, die die Welt in Sachen Film nun anführt", sagte Brown. Die vergangene Nacht sei eine "großartige Nacht" für das Land gewesen.
Sean Pean ist Milk
Bester Darsteller wurde Sean Penn (48) für seine Rolle als charismatischer Schwulen-Politiker in dem Drama "Milk". Der Hollywood-Rebell richtete sich nach dem zweiten Oscar seiner Karriere wütend gegen die jüngst erfolgte Wiederabschaffung der Homo-Ehe in Kalifornien und forderte "gleiche Rechte für alle".
Als Moderator der Gala-Show, die weltweit im Fernsehen übertragen wurde, glänzte der Australier Hugh Jackman (40). Der Schauspieler ("X-Men", "Australia") spielte mit seinem Image als "Sexiest Man Alive" und zeigte, dass er nicht nur fabelhaft aussehen, sondern auch singen, tanzen und geistreich unterhalten kann.
Kurzfilm-Oscar für "Spielzeugland"
Der deutsche Beitrag "Der Baader Meinhof Komplex" ging in der Auslandskategorie leer aus. Dafür wurde der Kurzfilm "Spielzeugland" von Jochen Alexander Freydank aus Berlin geehrt. In 14 Minuten Länge breitet "Spielzeugland" ein komplexes Minidrama über Lügen in der Nazizeit aus.
Der deutsche Filmemacher Freydank erklärte nach der Auszeichnung in Hollywood, seinen Film aus einem gewissen Ärger heraus gedreht zu haben: "Solange es bei uns noch Nazi-Parteien gibt, müssen wir versuchen, etwas dagegen zu tun." Seit 1994 sind deutsche Kurzfilme insgesamt drei Mal mit dem begehrtesten Filmpreis der Welt gewürdigt worden.
Posthum-Oscar für Ledger
Genau 13 Monate nach seinem Tod ist Heath Ledger erwartungsgemäß mit einem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnet worden. Der in Australien geborene Schauspieler war am 22. Januar 2008 im Alter von 28 Jahren mit Drogen und Medikamenten im Blut tot in seinem New Yorker Appartment gefunden worden.
Ledger wurde für seine Rolle als wahnsinniger Bösewicht Joker in dem Batman-Film "The Dark Knight" geehrt. "Wir sind glücklich darüber, was du erreicht hast", sagte eine seiner Schwestern mit tränenerstickter Stimme, als sie den Preis für den Star entgegen nahm.
Kein Oscar für "Benjamin Button"
Beste Nebendarstellerin wurde die spanische Schauspielerin Penélope Cruz mit der Komödie "Vicky Cristina Barcelona" von Woody Allen. Als bester Animationsfilm wurde "Wall-E" aus dem Hause Disney ausgezeichnet.
Verlierer des Abends ist "Der seltsame Fall des Benjamin Button". Der Film mit Brad Pitt und Cate Blanchett galt als klassisches "Oscar-Material" mit einer episch und aufwändig erzählten Geschichte. Doch nach insgesamt 13 Nominierungen gab es nur drei Oscars in Kategorien wie Ausstattung und Spezialeffekte.
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