Die Nordkirche wird ein bisschen offener: Homosexuelle Liebe im Pfarrhaus

Die Landessynode der Nordkirche gibt schwulen und lesbischen PastorInnen dieselben Rechte wie Hetero-Pfarrern. Nicht verpartnerte Paare sind nicht erlaubt.

So sie verpartnert sind und einer von ihnen Pastor, darf dieses Paar künftig offiziell in einem Pastorat der Nordkirche leben. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Öffnung der lutherischen Pfarrhäuser für gleichgeschlechtliche Paare hat die Landessynode der Nordkirche jetzt mit großer Mehrheit beschlossen. Das bedeutet, dass neben der Ehe von Mann und Frau künftig auch andere Lebens- und Beziehungsformen im Pfarramt möglich sind.

Somit ist es schwulen und lesbischen PastorInnen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nun rechtlich möglich, gemeinsam mit ihren PartnerInnen im Pfarrhaus zu leben. Voraussetzung dafür ist eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Mathias Benckert, Pressesprecher der Nordkirche, sagte, dass dieser Entscheidung keine kontroverse Debatte vorausging.

Zu den InitiatorInnen des Beschlusses gehört Pastor Nils Christiansen. Er zeigte sich erfreut, dass von den 156 Stimmberechtigten nur zwei gegen den Entwurf stimmten. Christiansen ist Sprecher des Konvents schwuler und lesbischer TheologInnen der Nordkirche (KonsulT) und war 2011 Mitgründer des „Bündnis Lebensformen Nordkirche“. „Wir wollen einen Prozess anzetteln, der die faktisch gelebte Diversität der Lebensformen anerkennend aufnimmt“, sagt Christiansen, der den ersten Entwurf des Gesetzestextes selbst formuliert hat. Die Diversität der Gesamtgesellschaft spiegele sich längst in seiner Kirche wider: „Uns geht es dabei nicht nur um die Homo-Frage.“

Der Bischofsrat der Nordkirche hat sich den Gesetzesentwurf zu eigen gemacht und außer einer Vorbemerkung unverändert in die Landessynode eingebracht. Womöglich konnte der Entwurf am Wochenende nur verabschiedet werden, weil er moderat und konsensorientiert formuliert wurde. Die Nordkirche, die sich vor knapp zwei Jahren neu gründete, muss in ihren Gremien die vielfältigen gesellschaftlichen und theologischen Realitäten der drei Vorgängerkirchen vereinen. Zum Beispiel sagt der konservative Bischof Hans-Jürgen Abromeit, dass eine Segnung aus seelsorgerlichen Gründen im Einzelfall möglich sei, jedoch nicht „die Segnung einer homosexuellen Partnerschaft als Institution“.

Der homosexuelle Propst Horst Gorski unterlag 2008 bei der Bischofswahl der Landeskirche Nordelbien deutlich seinem heterosexuellen Kollegen Gerhard Ulrich. Er hätte weltweit der erste schwule lutherische Bischof werden können.

Die Bischöfin Maria Jepsen betonte, dass beide Kandidaten „große Akzeptanz in unserer Kirche“ hätten. Nach eigener Aussage war Gorskis Homosexualität nicht ausschlaggebend für die Niederlage. Seine Kandidatur habe dennoch einen Sinn gehabt und die Akzeptanz homosexueller Geistlicher verdeutlicht.

„Für uns war diese Entscheidung nur ein Zwischenschritt“, sagt Christiansen. Der Hamburger Pastor hofft, dass schon 2017 alle unterschiedlichen Lebensformen, etwa unverheiratete oder transsexuelle Paare, praktisch und kirchenrechtlich akzeptiert werden.

Es gibt keine Segnung erster und zweiter Klasse

Die Nordkirche ist in dieser Frage keine Vorreiterin. So können gleichgeschlechtliche Paare in den Landeskirchen Braunschweig und Hannover bereits im Pfarrhaus leben. Die Landeskirche Kurhessen-Waldeck hat im Jahr 2013 sogar gesetzlich festgeschrieben, dass Segnungen homosexueller Paare wie Ehen auch in den Kirchenbüchern zu dokumentieren sind.

In der Nordkirche gilt noch immer die Empfehlung aus dem Jahr 2000, Segnungen „äußerlich zurückhaltend“ zu gestalten und nicht im regulären Gottesdienst durchzuführen. Dies sei theologisch nicht begründbar, so Nils Christiansen: „Es gibt keine Segnung erster und zweiter Klasse.“ In der Praxis befolgen die Empfehlung laut Christiansen weder die Gemeinden noch die Pröpste. Bisher sind kirchenrechtlich Segnungen schwuler und lesbischer Paare nur auf dem Gebiet der ehemaligen Landeskirche Nordelbien, nämlich in Hamburg und Schleswig-Holstein, möglich.

In Pommern und Mecklenburg ist die Zustimmung von Propst und Gemeinderat Voraussetzung. In Ausnahmefällen wurden Segnungen so verhindert. Nordkirchen-Sprecher Benckert ist sich sicher, dass die Landessynode im kommenden Jahr die grundsätzliche Möglichkeit zur Segnung homosexueller Paare verabschiedet. Allerdings kann er nicht ausschließen, dass Gemeinden auch dann im Einzelfall dazu nicht bereit sein werden.

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