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Die Militärs waren Mittäter

Eine indonesische Untersuchungskommission wirft hochrangigen Militärs eine Beteiligung an Gewalt und Zerstörungen proindonesischer Milizen in Osttimor vor  ■   Von Jutta Lietsch

Bangkok (taz) – Rollen im indonesischen Militär bald die Köpfe? Ein indonesischer Untersuchungsausschuß erhebt schwere Vorwürfe gegen die Armee wegen der Morde und Zerstörungen in Osttimor. Obwohl bisher nicht bewiesen werden könne, dass die Gräuel nach dem Unabhängigkeitsreferendum im September vom Militär geplant worden seien, hätten die Verantwortlichen davon gewusst, erklärte Kommissionsmitglied Munir am Wochenende in Jakarta. Die Militärs seien davon unterrichtet gewesen, hätten aber nicht versucht, die Aktionen zu stoppen. „Deswegen gehen wir davon aus, dass sie an dieser Orgie der Zerstörung beteiligt waren“, so Munir. Er und seine acht Kollegen hatten in den letzten Wochen mit zahlreichen Zeugen in Osttimor gesprochen, darunter auch proindonesischen Milizionären.

Ganz oben auf der Liste der Armeeverantwortlichen steht der ehemalige Militärchef Wiranto. Genannt ist auch der berüchtigte frühere Geheimdienstler Zacky Anwar Makarim. Er war Jakartas Verbindungsoffizier zur UN-Mission, die das Referendum im August durchführte. Ihm wie auch dem ebenso notorischen Ex-Militärkommandanten der Region, Adam Damiri, werden engste Verbindungen zu den Milizen vorgeworfen. Alle drei haben auch unter der neuen Regierung hohe Ämter.

Die UNO, internationale Organisationen, ausländische Medien und mutige indonesische Bürgerrechtler machen seit Monaten die Generäle und ihre Helfershelfer vor Ort für den Terror in Osttimor verantwortlich. Doch wollten viele Indonesier lieber die Augen verschließen und warfen dem Ausland vor, Indonesien demütigen zu wollen. Der frühere Präsident B.J. Habibie hatte es deshalb abgelehnt, dass Jakarta sich an einer von der UNO eingeleiteten Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Statt dessen richtete er eine indonesische Kommission ein, die jetzt am Wochenende an die Öffentlichkeit ging.

Die UNO-Ermittler hingegen sind immer noch nicht in Osttimor eingetroffen, zum Zorn vieler Osttimoresen. Diese befürchten, dass inzwischen wichtige Beweise verloren gingen. Nur eine Vorhut von drei ExpertInnen für Folter, Mord und Gewalt gegen Frauen hat ihre Arbeit aufgenommen.

Ob Wiranto und andere Offiziere ernstlich eine Bestrafung fürchten müssen, liegt noch im Dunkeln. In den Augen des immer noch mächtigen Militärs ist die Vorstellung eines zivilen Prozesses absurd. Statt dessen sollten die Vorwürfe nach Ansicht von Armeeangehörigen durch ein militärisches Ehrengericht geklärt werden, von dem keine ernsthaften Strafen zu erwarten sind.

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