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kunstraumBad Boy Painting

Blick in Zhao Gangs Ausstellung „China Stories“ Foto: Foto: Simon Vogel; Courtesy Galerie Nagel Draxler Berlin, 2024

Zhao Gang (*1961) hat seine „China Stories“ auf Seide gemalt. Das traditionelle Rollbild der aufeinanderfolgenden Szenarien hat er dann aber zerschnitten und eher beiläufig um quadratische Keilrahmen gewickelt. Sie schweben nun bei Nagel Draxler wie gelblich leuchtende Lampions unter der Decke. Das sieht lustig und auch ein bisschen verwegen aus. Ein verwegener Charakter soll auch der Maler selbst sein, von dem es heißt, er pflege eine Bad Boy Attitüde und sei ein Bewunderer von Martin Kippenberger.

Zhao Gang spielt in seinem Werk mit Rollen. Mal ist er der Kriegsberichterstatter, der Schlachtenszenen malt, dann wieder der akademische Maler, der den Akt zur Parodie hochjazzt, und nun sieht er sich in der Rolle des chinesischen Geschichtenerzählers, dessen Erzählungen aus der altchinesischen Mythologie allerdings reichlich krauß und damit weder wirklich antik noch mythologisch, wenn auch chinesisch beeinflusst sind. Eher zitieren seine Figuren die Heraldik und Bestiarien des europäischen Mittelalters, wozu auch der Eindruck beiträgt, dass der Seidenstoff seiner Keilrahmen-Lampions wie Pergament wirkt.

Oft treten seine Protagonisten auch satirisch auf wie der kopflose Mensch mit der Zeichnung auf dem Bauch, der an Honoré Daumiers Traum vom Mann mit der Riesenbirne auf dem Bauch erinnern mag. Dann meint man tanzende ­Leoparden zu sehen, auch eine Schildkröte kreuzt den Weg, und überall schlängeln sich Schlangen, vor allem, weil der Seidenstoff leicht transparent ist und sich die Zeichnungen mit den vielköpfigen Schlangen oder reptilienartigen Meerjungfrauen überlagern. Zhao Gangs Angriff auf die politische Rhetorik solcher mythologischer Monster ist offensichtlich. Tatsächlich gehört der Künstler zu den Gründern der ersten avantgardistischen Künstlergruppe Chinas, der Stars Gruppe. Aufgrund der politisch dissidentischen Kunstpraxis sah er sich 1983 gezwungen nach Holland zu emigrieren. Dort studierte er in Maastricht, bevor er nach New York weiterzog, wo er als Banker, Verleger, Filmemacher und Künstler arbeitete. Sein Angriff auf die politische Rhetorik ist ein künstlerisch-malerischer, weshalb er in China auch als Pate des „Bad Painting“, der „schlechten Malerei“, gilt. Brigitte Werneburg

Zhao Gang: China Stories, Galerie Nagel Draxler. Bis 24. Februar, Di.–Fr. 11–18, Sa. 12-18 Uhr, Weydingerstr. 2/4

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