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Die Krimkrise und ihre FolgenEU und USA erhöhen den Druck

Unter den EU-Mitgliedstaaten herrscht Uneinigkeit, ob jetzt wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt werden sollen. Derweil spricht Obama.

Entschlossenen Schrittes – Barack Obama. Bild: reuters

BRÜSSEL taz/afp | Die Krimkrise hält die EU in Atem. Nur drei Tage, nachdem die EU-Außenminister am Montag Sanktionen gegen Russland beschlossen hatten, wollten die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag nachlegen. Geplant sei, weitere Personen mit Kontensperrung und Visabeschränkung zu belegen, sagte Kanzlerin Angela Merkel vor dem EU-Gipfel in Brüssel. Bisher umfasst die EU-Sanktionsliste 21 Russen und Bewohner der Krim. Nun könnte ein Dutzend weitere hinzukommen. Ob die neuen Strafen auch russische Oligarchen und andere Wirtschaftsbosse betreffen, blieb zunächst offen. Nach taz-Informationen bereitet das Kanzleramt bereits entsprechende Listen vor.

Allerdings will sich Merkel noch an die Sanktionsstufe 2 halten, die keine direkten Wirtschaftssanktionen enthält. Die Stufe 3 ist aus deutscher Sicht erst fällig, wenn Russland auch noch in der Ostukraine interveniert. Dort hat es in den vergangenen Tagen immer wieder Vorfälle gegeben.

Unterdessen haben die USA Donnerstagabend ihre Strafmaßnahmen gegen Russland ausgeweitet und drohen Moskau mit umfangreichen Wirtschaftssanktionen. US-Präsident Barack Obama erklärte, dass weitere ranghohe russische Regierungsangehörige, Vertreter der russischen Wirtschaftselite und eine russische Bank auf die Sanktionsliste gesetzt worden seien. „Russland muss wissen, dass eine weitere Eskalation es nur weiter von der internationalen Gemeinschaft isolieren würde“, sagte Obama.

Washington hatte am Montag erste Kontensperrung und Einreiseverbot gegen sieben russische Regierungsvertreter und Parlamentarier sowie vier Moskau-treue ukrainische Politiker verhängt. Die Strafmaßnahmen gelten nun für 20 weitere Verantwortliche, darunter laut Obama neben russischen Offiziellen auch „Individuen mit bedeutenden Ressourcen und Einfluss“, die Moskau unterstützen.

Brüder Rotenberg

Dem US-Finanzministerium zufolge treffen die Sanktionen mehrere Oligarchen, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahestehen. Darunter seien der im Öl- und Gashandel aktive Milliardär Gennadi Timtschenko sowie die Brüder Arkadi und Boris Rotenberg.

Auf dem EU-Gipfel wollten vor alllem Polen und Balten die Situation in der Ostukraine ansprechen und auf eine härtere Antwort drängen. Allerdings stand dieses heikle Thema erst beim Abendessen auf dem Programm. EU-Gipfelchef Herman van Rompuy verhängte für die vertraulichen Beratungen sogar ein Handyverbot. Kein Wort aus der Sanktions-Debatte sollte nach außen dringen – offenbar hat die EU Angst, dass sonst die Fassade der Einigkeit bröckeln könnte.

Deutschland gehört mit Frankreich und den Benelux-Staaten zu den Bremsern. Mit Rücksicht auf Moskau hatte man vor dem Gipfel beschlossen, noch kein Freihandelsabkommen mit Kiew zu unterzeichnen. Auch das Assoziierungsabkommen wurde entschärft. Merkel und die übrigen Chefs wollen zunächst nur den politischen Teil unterzeichnen. Mit einer wirtschaftlichen Anbindung der Ukraine an die EU, so die Sorge, könnte man den ukrainisch-russischen Handel stören.

11 Milliarden Finanzhilfe

Weniger Skrupel hat die EU bei Finanzhilfen. So sollen 11 Milliarden Euro überwiesen werden. Das Geld fließt allerdings erst, wenn die Ukraine eine Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds getroffen hat. Die EU will zudem Einfuhrzölle für zahlreiche ukrainische Produkte streichen, wodurch die Hersteller etwa 500 Millionen Euro pro Jahr sparen sollen.

Unterdessen hat Russland als Antwort auf Strafmaßnahmen der USA wegen der Krimkrise Gegensanktionen gegen die USA angekündigt. Wie das Außenministerium am Donnerstag mitteilte, sind neun führende US-Politiker betroffen, darunter drei Mitarbeiter von US-Präsident Barack Obama.

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3 Kommentare

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  • Wie naiv sind unsere Politiker? In der Ukraine stehen sich zwei unversöhnliche Gruppen gegenüber und diese werden aufeinander losgehen. Beide Gruppen werden jeweils unterstützt. Dieser Bürgerkrieg wäre vielleicht noch zu bewältigen, wenn Russland und der Westen sich an einen Tisch setzen und beide Seiten massiv (falls nötig auch mit Waffengewalt) auf ihre "Vertretergruppe" in der Ukraine einwirken. Eine politische Kontrolle ist dennoch fragewürdig. Man braucht sich nur den nahen Osten anzusehen: was dort die Politik wollte und was, durch Aktionen der unterschiedlichen Gruppen, daraus geworden ist, das wird uns doch jeden Tag vor Augen geführt.

    Und die Dame aus der Ukraine gestern Abend in der Illner-Runde hat vor allem eines gezeigt: wie groß der Hass in der Ukraine aufeinander ist. Mit Sanktionen und Propaganda, gepaart mit einer gewissen Überheblichkeit seitens des Westens, wird man dieses Problem nicht frierdlich lösen können.

  • Tja... ? Mir fällt hier nur das Zitat Herrn Putins ein: " ..das der Zerfall der Sowjetunion die grösste geostrategische Katastrophe des 20.ten Jahrhunderts war.."

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    Dieses Zitat von Herrn Putin... wurde oft falsch interpetiert:- So als Begrenzung des Dranges zur Weltherrschaft...

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    Eine andere Interpretation jedoch:

    Herr Putin wertete den Zerfall der Sowjetunion- mit vielen neuen abgefallenen Randstaaten, die da in religiösem Fanatismus, Korruption und Naziideologien versanken, als Bedrohung des Friedens. Mit Ausnahme Polens, der baltischen Staaten, Rumäniens, Ex CSSR, Ungarn.. etc. die friedlich westlich, EU, assoziiert wurden.

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    In ähnlicher weise war und ist die USA bemüht, ihren südamerikanischen Hinterhof friedlich- dienerisch zu erhalten !

  • Die EU hat insbesondere Angst. dass die USA - die NSA - mithören. Zu recht. Die Interessen der EU und der USA decken sich nicht. Die USA möchten mit Hilfe der Ukraine die russische Gasverversorgung nach Europa unterbrechen, um selber ins Spiel zu kommen. http://theanondog.i2p.us/cgi-bin/src.py?140320030

     

    Die EU möchte nur das neoliberale Regime in Ukraine installieren. So macht Europa einen Eiertanz zwischen Russland, dessen Gas weiter fliessen soll, und den USA, die Dank der NSA-Schnüffelei (unter Mithilfe europäischer Dienste) viel zu viel wissen um die Leichen in den Kellern europäischer Politiker.