Die Knigge-Frage: Müssen Freunde immer ehrlich sein?

Manchmal tut Wahrheit weh. Sie zu hören oder sie auszusprechen. Aber wer mutet sie uns zu – wenn nicht die Freunde?

Wir wollen immer ehrlich sein! Christian Wulff im Jahr 2009, von den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg zum Ehrenhäuptling „Offenes Wort" ernannt. Bild: dpa

Ja. Ja. Ja.

Die Frage ist hiermit beantwortet.

Finden Sie nicht?

Diesen Text lesen Sie in der taz.am wochenende vom 24./25. August 2013. Darin außerdem: Die Demokratie hat ein Nachwuchsproblem. Heißt es. Dabei gibt es sie: Junge Menschen, die in eine Partei eintreten. Die sonntaz hat sechs von ihnen begleitet – bis zu ihrem ersten Wahlkampf. Und: Ein Gespräch mit der Ethnologin Yasmine Musharbash über Monster. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Erste Gegenfrage: Wer sonst soll ehrlich sein?

Die Ehrlichkeit der Eltern ist zu sehr angstgeprägt und zu wuchtig, um sie anzunehmen, oder nicht mehr vorhanden, weil man sie anzunehmen eh nicht mehr gewillt ist. Die Ehrlichkeit des oder der Liebsten? Situationsbedingt und schwankend und deshalb nicht verlässlich. Kollegen? Der Chef? Geschenkt.

Zweite Gegenfrage: Was sollen Freunde sonst, wenn nicht ehrlich sein? Fürs Honig ums Maul schmieren gibt es andere, Affären, Bekannte, Kontakte auf Xing & Co. Freunde haben den Honig ums Maul nicht nötig.

Wie aber macht man’s konkret? Eine Leserin schrieb uns von ihrer Freundin. Verheiratet, zwei Kinder, den Job als Kauffrau hat sie aufgegeben, sie bleibt zu Hause, der Mann verdient. Die Leserin fragt sich nun: „Wie emanzipiere ich meine Freunde höflich?“ Die Gretchenfrage, liebe Leserin, muss aber lauten: „Wollen meine Freunde höflich emanzipiert werden?“ Und da geht’s dann los: Will eine Freundin überhaupt anders leben, als sie es gerade tut? Oder will ich nur selbst, dass sie es tut? Vielleicht bin ich einfach nur enttäuscht, dass sie andere Werte und Ziele im Leben hat als ich? Dann ist das mein Problem.

In allen anderen Fällen: Karten auf den Tisch legen. Reden, oder besser: Fragen stellen.

Lügen haben wir mittlerweile perfektioniert. Im Job, im Bett, unsere komplette Facebook-Seite ist – Sie wissen es selbst. Die Ehrlichkeit haben wir verlernt. Dabei kann sie die größte Liebeserklärung sein: Du bist mir wichtig, deshalb habe ich den Mut, dir etwas zu sagen. Alles andere ist – wenn auch watteweiche und zuckersüße – Zeitverschwendung.

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Geboren 1983 in Polen, seit 2009 bei der taz. Erst im Panter-Workshop, dann im Volontariat bei der taz Nord in Hamburg, heute sonntaz-Redakteurin. Studierte Operngesang und Sprachen in Berlin und Rom. Schreibt über gesellschaftliche und politische Themen.

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