piwik no script img

Die Kanzlerin in der FlüchtlingsdebatteMerkel im Sinkflug

Die Kanzlerin verliert laut mehreren Umfragen an Beliebtheit. Die AfD legt währenddessen auf sechs Prozent zu.

Geht Merkels Stern unter? Laut Umfragen sinkt er bereits Foto: dpa

Berlin dpa | Die Beliebtheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in gleich mehreren Umfragen gelitten. Auf der „Politikertreppe“ des Nachrichtenmagazins Der Spiegel musste die Kanzlerin erstmals in dieser Legislaturperiode den Spitzenplatz abgeben. Im jüngsten ZDF-„Politbarometer“ rutschte Merkel in einer Umfrage zu den wichtigsten Politikern auf Platz vier ab. In der anhaltenden Flüchtlingsdebatte legt die rechtspopulistische Alternative für Deutschland im Sonntagstrend auf sechs Prozent zu.

Die Kanzlerin hatte in der Diskussion über den Andrang von Flüchtlingen eindringlich auf die Nöte der Asylbewerber hingewiesen und sich überzeugt gezeigt, dass Deutschland die Herausforderung meistern kann. In den erwähnten Umfragen ging es nicht um die konkreten Gründe für die jeweiligen Entscheidungen der Befragten.

In der Spiegel-Umfrage musste Merkel den Spitzenplatz an Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) abgeben. Von ihm wollten 67 Prozent der Befragten, dass er künftig „eine wichtige Rolle“ spielt. Merkel rutschte auf Rang vier – noch hinter Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU/Rang zwei) und Bundespräsident Joachim Gauck (Rang drei).

Auf die Frage, ob die Kanzlerin auch künftig „eine wichtige Rolle“ spielen sollte, antworteten 63 Prozent der Interviewten mit Ja. Im Vergleich zur letzten Umfrage dieser Art im Juni verschlechterte sich ihr Wert damit um fünf Punkte.

Die Kritik reisst nicht ab

Im ZDF-„Politbarometer“ lag Merkel auf einer Skala von plus 5 bis minus 5 bei einem Durchschnittswert von 1,9 – ihrem schlechtesten Ergebnis in dieser Legislaturperiode. Im aktuellen Wahltrend von Stern und RTL büßte die Kanzlerin drei Punkte auf 49 Prozent ein und erzielte damit den niedrigsten Wert in diesem Jahr.

In der Union gibt es weiter Kritik an Merkels Position in der Flüchtlingsfrage. „Das Leben ist nicht leichter geworden mit den Äußerungen der Kanzlerin“, sagte die Sprecherin für Menschenrechte der Unionsfraktion, Erika Steinbach (CDU), der Zeitung Bild am Sonntag. Die Bevölkerung erwarte von der Union, „dass einem weiteren Zuzug Einhalt geboten wird“. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich fordert eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme. „Wir müssen die falsch gesendeten Signale korrigieren“, sagte der CSU-Politiker.

Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) legt in einer neuen Wahlumfrage um einen Punkt auf sechs Prozent zu. In dem von Bild am Sonntag in Auftrag gegebenen Sonntagstrend verbesserten sich SPD (25 Prozent) und Linkspartei (10 Prozent) ebenfalls jeweils um einen Prozentpunkt. Die Union erreichte demnach mit 40 Prozent den Wert der Vorwoche, die Grünen bleiben bei 10 Prozent. Die FDP verlor einen Zähler auf 4 Prozent.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • "Vertriebenenfachwirtin" Erika Steinbach (Titanic) als Sprecherin für Menschenrechte spricht mit der BamS und stellt fest, dass die Bevölkerung erwartet, dass einem weiteren Zuzug Einhalt geboten wird. Aha.

  • Umfragewerte sind nichts Anderes als Lesen aus einer Glaskugel! Wenn die Sympathiewerte für Merkel schwanken, dann bedeutet dies nicht mehr, als daß die Befragten den Charakter der Merkel noch nicht durchschaut haben.

     

    Nach so vielen Regierungsjahren können doch nur Naive meinen, daß Merkel eine ernst zu nehmende demokratische Politikerin sei. Sie besitzt keine Kompetenz außer der des Aussitzens, der Machterhaltung und der des populistischen Instinkts.

     

    Merkel besitzt kein Herz, keine Ausstrahlung, kein Rückgrat und glaubt wohl, daß Courage ein völlig unbekanntes französisches Fremdwort sei.

     

    Wenn den Menschen nicht mehr einfällt, als Steinmeier, das fleischgewordene Orakel und den Inbegriff des Nichtsagens und der Schwammigkeit als neuen Favoriten zu küren, dann spricht dies nicht gerade für die Intelligenz des Wahlvolks.

    • @Peter A. Weber:

      Politiker mit Herz, Ausstrahlung, Rückgrat und Courage sind alles, nur nicht erfolgreich. Um auf die vorderen Plätze der Wahllisten zu kommen muss man schon irgendwie eine Drecksau sein. Mit gutem Willen, Vernunft und Menschlichkeit kann man in keiner Partei Karriere machen.

  • Selbst wenn die Kanzlerin in der Beliebtheit gesunken sein sollte, wird sie noch meilenweit vor der SPD liegen, die nur Kandidaten für eine Vizekanzlerschaft ins rennen schicken kann. Mit Gegenkandidaten, die sie freilich in der Beliebtheit immer noch weit abhängt.

     

    Die Gefahr der Kanzlerin kommt wohl auch eher aus den eigenen Reihen. Während sich in der SPD niemand zu einer aussichtslosen Kandidatur drängen wird, wird es in der Union maximal rumoren.

     

    Traut sich jetzt selbst jemand aus der CSU zu, mal auf Bundesebene Erfolge erzielen zu können? Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, wie die Union es schaffen kann, bis zur Wahl maximal abszuspecken.

     

    Ob das aus sogenannter linker Sicht besser ist? Ich glaube kaum. Von der CDU ist derzeit an sozialen Ideen mehr zu erwarten als von der SPD. Linke Politik mit rot-rot-grün ist damit eine pure Phantasie, die von gelben und schwarzen Wahlplakaten genährt wird, aber substanzlos ist.

  • Im Zuge der allgemeinen zumeist schleichenden Entgleitungen bzw. Entgleisungen sagte Frau Merkel anscheinend auch: "Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin, nun sind sie halt da." http://www.welt.de/politik/deutschland/article146898053/Die-Union-verweigert-Merkel-die-Gefolgschaft.html - Die Saloppheit des Abweisens von Verantwortung ist in der Tat "verstörend". Eine überlange Kanzlerinnenschaft scheint zur Hybris geführt zu haben.

  • Wolfgang Schäuble auf Platz 2? Ja sind wir denn alle verrückt geworden?

    • @Helmut Janschke:

      Ja! Obwohl, nicht alle, sondern sehr viele. Ich empfinde mich nämlich nicht als verrückt, sondern bin mit meiner folgenden Meinung vermutlich relativ sehr alleine. - Ich meine, dieses ganze um sich greifende " R e l i g i o n s g e t u e " ist schon lange unerträglich! Erinnert an den kessen Erkenntnis- Spruch "Religion ist Opium fürs Volk"! Vernebelt oder versüßt die Wahrnehmungen. - Zur Zeit lese ich "Masse und Macht" von Elias Canetti und erfahre, daß dieser brilliante, völlig unabhängige, eigenwillige Denker den Islam als eine Kriegsreligion wahrnimmt und analysiert hat. Ebenso das Christentum, das auch eine Kriegsreligion ist. Er begründet das mit seinen neugierigen Beobachtungen und Wahrnehmungen. Das Judentum ist allerdings k e i n e Kriegsreligion! In Israel erst ab 1945 durch den Zionismus, aus territorialen, existenziellen Gründen, n i c h t aus religiösen. - Hauptsatz meines Kommentars ist: Dieses unerträgliche R e l i g i o n s g e t u e nervt!!!

      • @Gerda Fürch :

        Danke Gerda. Ich dachte schon, dass ich ein wenig merkwürdig bin. Du hasst mir gezeigt, dass ich nicht alleine bin.

  • Wenn es in den Umfragen "nicht um die konkreten Gründe für die jeweiligen Entscheidungen der Befragten" ging, wird man auch keinen direkten Zusammenhang mit Merkels Flüchtlingspolitik daraus konstruieren können. Ich behaupte jetzt mal, das relativ schlechte Abschneiden von Merkel in den Umfragen ist eher darauf zurückzuführen, dass TTIP immer noch nicht ad acta gelegt wurde, dass die Frage der Haftung der Energiekonzerne für den Atommüll immer noch nicht geklärt ist, dass der Umgang mit Griechenland auch den CDU-Anhängern nicht gefällt und dass Sie insgesamt mit der Auswahl ihres Personals bisher kein gutes Händchen gezeigt hat.

  • Wie die Umfrageergebnisse gegenwärtig sind, ist bedeutungslos. Maßgeblich ist nur, was wenige Wochen vor der nächsten Bundestagswahl versprochen (und danach auf gar keinen Fall eingehalten) wird, und schon hat die Mehrzahl der Wähler alles Vorherige vergessen.