piwik no script img

Die Fußballsaison hat begonnenWir haben schon alles gesehen

Eine kurze Exegese des Bundesligageschehens nach sieben von 306 Spielen: Alle Neuerungen, die zu erwarten sind, lassen sich bereits jetzt entdecken.

Nach 12.131 Tagen Abstinenz genießen die Darmstädter Fans am Böllenfalltor wieder das Erstliga-Feeling Foto: reuters

Tuchel lässt in Kloppoiola-Manier spielen

Berauschend war es, was der BVB beim 4:0 gegen Gladbach in der ersten Partie unter dem neuen Coach Thomas Tuchel hinlegte. Geht es noch ein paar Spiele so weiter, wird der etwas abgemagerte Fußballingenieur zweifelsohne zur neuen Stilikone – kaum einer wird dann noch von Kloppo sprechen. Im ersten Spiel war eine Mischung aus Guardiola’schem Kurzkurzpassgeschiebe und Klopp’schen Angriffsattacken zu sehen. Der Dortmunder Auftritt lässt darauf hoffen, dass Reformator Tuchel den BVB-Spieltrieb neu entfacht.

Ein 0:5 ist fast ein Unentschieden

Dem Hamburger Sportverein, dem man ohnehin schon zu unendlichem Dank verpflichtet ist angesichts der nicht enden wollenden Gates, die er in diesen Tagen produziert (Rucksack-Gate, T-Shirt-Gate, Jena-Gate et cetera), gelingt es nun, ein 0:5 in München als Fast-Unentschieden zu verbuchen. So richtig schlimm schien diese Klatsche bei den Bayern am Freitag für den HSV jedenfalls nicht zu sein – man hat eben schon Schlimmeres erlebt. Und wenn man die vorherigen Ergebnisse in München so betrachtete (0:6, 0:5, 2:9, 1:3, 0:8), so war das eben ein durchschnittlicher HSV-Auftritt in Fröttmanings schönster Arena. „Für uns ist nicht mehr drin“, sagte HSV-Torwart René Adler nach dem Spiel, und er fügte hinzu, dass ihm die Ausflüge an die Isar nicht so sonderlich gut gefielen: „Ich komme nicht so gerne nach München.“

ARD und Sky sollten auf dem Transfermarkt tätig werden

Ja, es gab einige ganz interessante Transfers: Douglas Costa ließ beim 5:0 des FC Bayern direkt mal mit schicker Außenristflanke und überlegtem Torabschluss aufhorchen. Aber die Fernsehanstalten müssen bis zur Wechselfrist (31. August) dringend noch was tun! Ein TV-Tuchel ist vonnöten! Marcel Reif, Arnd Zeigler, Christoph Metzelder im Sky-Jackett – alle sind sie wieder aus dem Urlaub zurück und faseln und faseln und faseln. Reif sieht „körperlosen Basketball“ in Dortmund und hat mit dem 19-jährigen Julian Weigl einen neuen – temporären – Lieblingsspieler. Die DFB-Pokal-Auslosung am Freitag verkommt mit Liveschalten zu den Vereinsvertretern zum Stadtmarketing für die noch teilnehmenden Dörfer (“Reutlingen ist ’ne wunderschöne Stadt“). Bitte, ARD, bitte, Sky: Schickt die Scouts los.

Ingolstadt und Darmstadt auf Euro-League-Kurs

Starke Aufsteiger sind zu Beginn der Saison nichts Neues – man erinnere sich an die vergangene Saison, als Paderborn nach den ersten Spieltagen quasi schon Meister war. Dass Ingolstadt beim 1:0 in Mainz und Darmstadt beim 2:2 gegen Hannover eine gute Figur abgaben, heißt daher erst mal: gar nichts.

Adlerauge is watching you

Die Bundesliga hat einen neuen Spielerbeobachter, der auf den Namen HawkEye hört und genaustens registriert, wann der Spielball die Torlinie überschreitet – und wann nicht. Zum ersten mal im Einsatz waren die sechs Messkameras und eine Hochgeschwindigkeitskamera (je Gehäuse) beim Spiel Darmstadt gegen Hannover. Da wiesen die unter dem Stadiondach installierten Adleraugen nach, dass der Kopfball von Hannovers Kenan Karaman nach Abpraller von der Latte vor der Linie landete – kein Treffer.

Der lange Diagonalpass wird en vogue

Die Bundesliga entdeckt die Diagonale. Auffällig bei den Spielen der Bayern und der Dortmunder: Der Flankenwechsel via langem Diagonalpass Richtung Eckfahne ist ziemlich angesagt. Und meistens steht da auch einer frei! Lag das nun daran, dass die Gegner HSV und Gladbach, das an diesem Tag HSVesk unterwegs war, hießen? Nein, Guardiola und Tuchel haben einfach ein Eckchen Gras entdeckt, das zu wenig genutzt wird.

Hört die Signale

Es ist kein Zufall, dass Bayern eben 5:0, der BVB hingegen nur 4:0 und die Schalker sogar nur 3:0 (in Bremen) gewannen. Der traditionelle Chefmahner der Bayern, Matthias Sammer, sagte richtig: „Wir müssen jetzt Signale aussenden, die richtigen Signale“. Keiner dürfe auf die Idee kommen, der FC Bayern wäre schlagbar. Brav sendeten der Borussia Dortmund und Schalke 04 die etwas niedriger frequentierten Signale.

Und übrigens: Schalke ist wieder Titelanwärter

Logo.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!