Die CDU nach den Wahlen: Die Gretchenfrage
Trotz stabiler Zuwächse ist man in der Union beunruhigt über das Erstarken der AfD in Thüringen und Brandenburg. Die FDP gibt sich kämpferisch.
BERLIN taz | Die CDU-Vorsitzende ist zufrieden. Bei ihrer Pressekonferenz am Montag im Konrad-Adenauer-Haus gratuliert Angela Merkel den Landesvorsitzenden Christine Lieberknecht und Michael Schierack. Der Wahlsonntag, sagt sie, sei ein Abend gewesen, „an dem wir uns freuen konnten“.
Schon wahr, die CDU hat in beiden Ländern gut abgeschnitten. In Thüringen hat Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht das Ergebnis von 2009 um 2,3 Punkte auf 33,5 Prozent verbessert. Und in Brandenburg konnte die bislang notorisch zerstrittene Partei von 19,8 auf 23 Prozent zulegen.
Dennoch hat die Bundes-CDU allen Grund zur Sorge. Denn die erstmals angetretene Alternative für Deutschland hat aus dem Stand zweistellige Ergebnisse eingefahren und dabei allen Parteien, auch der CDU, Wähler abgezogen. Einer Partei also, die für sich reklamiert, konservative Inhalte zu besetzen.
Schon melden sich auch innerhalb der CDU die Bedenkenträger. Der konservative Berliner Kreis – ein bislang eher im Ankündigungsmodus operierender Zusammenschluss meist älterer männlicher Unionspolitiker – fordert Partei- und Fraktionsführung via Bild Online auf, auf die AfD zuzugehen. Die Strategie, die AfD zu ignorieren, sei fehlgeschlagen.
Konservative Konkurrenz
„Gerade im liberal-konservativen Bereich hat die Union in den letzten Jahren – leider – deutlich an Anziehungskraft verloren“, schreibt die Gruppe. In Zeiten der Großen Koalition könne das Profil der Union leiden. Schon deshalb dürfe die Union „keinen politisch-programmatischen Raum für andere Parteien lassen“. Gelinge ihr das nicht, so die Argumention, schwäche sie das bürgerliche Lager und trage dazu bei, „dass das Pendel nach rechts ausschlägt“.
Unionsfraktionschef Volker Kauder konterte umgehend, CDU und CSU müssten sich mit den Themen der AfD auseinandersetzen. Jedoch nicht mit der Partei. „Wir bleiben bei unserem Kurs, wir sagen den Menschen, was wir wollen, was wir vorhaben“, sagte er im ZDF. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss er jedoch erneut kategorisch aus: „Wir haben einen klaren Kurs“, sagte er, „keine Koalitionen mit der AfD.“
CSU-Chef Horst Seehofer forderte, die Union müsse sich auf ihre Stärken besinnen. „Der beste Schutz gegen die AfD ist eine gute eigene Politik“, sagte er in München. Es gebe keine Veranlassung, sich von der AfD treiben zu lassen. Seehofer betonte aber: „Das wird mit der AfD schon eine längerfristige Auseinandersetzung.“
Die Kanzlerin indes reagierte demonstrativ gelassen. In schönstem Merkel-Sprech antwortete sie auf eine entsprechende Frage: „Wir sind übereingekommen, dass die beste Antwort auf die AfD natürlich die gute Arbeit ist, die wir als Regierung leisten müssen dort, wo wir in Regierungsverantwortung sind.“ Kurz gesagt: Weiter wie bisher, interne Debatten gehen die Öffentlichkeit nichts an.
Lästig, aber unübersehbar
Die anwesenden Vorstandsmitglieder ließen keinen Zweifel daran, wie sie die AfD zu behandeln gedenken. Parteivize Armin Laschet sagte, er wolle „die offen bekämpfen“. Und der Baden-Württemberger Thomas Strobl betonte, er sehe mit der AfD „keine Koalitionen, keine Bündnisse, weder Duldung noch Zusammenarbeit“.
Ob diese Haltung Bestand hat, wird man sehen. Im kommenden Jahr wird in Hamburg und Bremen gewählt, im Jahr darauf in fünf weiteren Ländern. Hält die AfD bis dahin durch und schafft es in die Parlamente, dürfte der hernach anstehende Bundestagswahlkampf schmutzig werden. Für die Union ginge es dann um die Machtfrage; sie müsste angreifen.
Eine Partei, die am Montag gern weniger prominent ignoriert worden wäre, war die FDP. Sie war aus beiden Landtagen geflogen. Die FDP, sagte Parteichef Christian Lindner im Thomas-Dehler-Haus, brauche „eine Eisbrecher-Wahl“. Der Eindruck, seine Partei sterbe einen schleichenden Tod, sei falsch. Langfristiges Ziel bleibe die Rückkehr in den Bundestag 2017.
Als AfD-Kopie werde die FDP aber niemals auftreten. „Wir wollen keine Politik machen mit Zorn, Ressentiments oder Opportunismus. Ohne uns“, so Lindner.
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