Die Bundesliga in 30 Jahren: Wenn die Investoren kämen
Im Jahr 2056 geht's dem Fußball so richtig dreckig und den Anlegern umso besser. Pro Saision gibt's 69 Mal die gleiche Begegnung. Eine Dystopie.
![Spieler von FC Bayern in rot-weißen Trikots stehen am Rand des Spielfeldes, im Hintergrund die hohe Zuschauertribüne Spieler von FC Bayern in rot-weißen Trikots stehen am Rand des Spielfeldes, im Hintergrund die hohe Zuschauertribüne](https://taz.de/picture/6847066/14/34634893-1.jpeg)
F rüher wollten alle wissen, was sie erwartet, heute haben die meisten schon von der Gegenwart genug. Wir blicken trotzdem einmal im Monat immer ein Jahr voraus.
Wir schreiben das Jahr 2056. Ein fester Fels in einer Brandung aus brodelnder Scheiße ist seit über 90 Jahren immer noch die Fußballbundesliga am Samstagnachmittag. Und am Montagabend. Und am Donnerstagmorgen.
„Na, gucks du wieder ‚Wolli‘?“ Meine Hausnymphe Apocalypso blickt mir über die Schulter, während ich am Laptop Fußball streame, und nennt mein Herzensteam dabei mit Kosenamen. Meine andere Lieblingsmannschaft ist „Hoppi“ – das trifft sich gut, denn zufällig spielen die beiden heute gegeneinander: Seit Tagen fiebert das ganze Land dem Traditionsduell zwischen VW Markus Wolfsburg und SAP Dietmar Hoppenheim entgegen, „Wolli gegen Hoppi“, oder „The Old Firm“ wie es international genannt wird. Es ist die einzige Spielpaarung. Alle anderen einst tonangebenden Vereine sind längst im Orkus der Bedeutungslosigkeit verschwunden.
Der FC Bayern wurde als kriminelle Vereinigung verboten. Borussia Dortmund löste sich nach einer kurzen Fusion mit dem Nachbarn Schalke 04 von selbst auf, und an der Stelle des Westfalenstadions wurde ein riesiger Hunde-Netto errichtet. HSV und Werder Bremen fielen in den 2040er Jahren einer vom Klimawandel neu interpretierten Küstenlinie zum Opfer.
Nun steht inklusive Pokalendspiel 69 Mal pro Saison die gleiche Begegnung an – für den Fan ist das so, wie jede Woche Hummer zu essen. Was für ein Spektakel aber auch: Die hunderttausend Klatschroboter in der gigantomanischen Oliver-Schmidt-Arena am Mittellandkanal, sind heute turnusgemäß auf Protest programmiert. „Scheiß-DFL“, schnarrt es aus zahllosen Blechfressen. Das möchten die Zuschauenden daheim an den Bildschirmen sehen, wenn auf den Rängen in ihrem Namen gegen geplante Anstoßzeiten um 5 Uhr morgens protestiert wird. Jetzt fliegen sogar Kännchen mit Maschinenöl auf den Platz, wo sie von Ordnerrobotern weggeräumt werden.
Der Besitzer des Wolfsburger Vereins ist „Markus Einfachnurmarkus“, eine KI von den Cayman Islands, die mit dem Verfassen von Bestsellerromanen, populärwissenschaftlichen Politessays und Gebrauchsanweisungen für Küchengeräte ein Mordsvermögen verdient hat. Inzwischen ist er zwanzigfacher deutscher Meister. Doch ein wenig vermisst selbst Markus den Wettbewerb mit anderen Vereinen.
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