Die Berliner Eisbären in den Playoffs: Jedes Spiel ein Endspiel
Coach Uwe Krupp hat die Eisbären nach zwei glücklosen Jahren wieder in die Spur gebracht: Am Dienstag beginnen die Playoffs, sogar die Meisterschaft scheint möglich.
Im Wellblechpalast schwebt die ruhmreiche Vergangenheit den Spielern der Eisbären ziemlich wortwörtlich vor Augen. „Deutscher Meister 2005“ steht auf einem der Banner, das von der Decke der Trainingsarena der Eisbären im Sportforum Hohenschönhausen hängt. Gleich daneben: Deutscher Meister 2006. Und wer Lust und Laune hätte, könnte noch ein paar weitere Banner anfügen: Deutscher Meister 2008, 2009, 2011, 2012 und 2013 zum Beispiel. Eine Schlagzahl an nationalen Titeln, da können sonst allenfalls noch die Streber-Fußballer des FC Bayern mithalten.
Doch nun liegen zwei karge Jahre hinter dem Team: zwei Jahre, in denen sie bereits in den Pre-Playoffs scheiterten, vom Verletzungspech gebeutelt wurden und oft so mies spielten, dass man sich wunderte, dass das noch dieselbe Mannschaft war. Doch nun ist die Hoffnung in den Wellblechpalast zurückgekehrt: ein Urgestein bringt sie mit.
Hingabe und Disziplin
Uwe Krupp hat Temperament, Zurückhaltung ist seine Sache nicht. Nächste Woche steht das erste Playoff-Spiel an, die Berliner haben sich als Tabellenzweiter qualifiziert und dürfen sich nach einer insgesamt guten Saison zumindest eine kleine Hoffnung auf den Titel machen. „Jedes Spiel von jetzt an ist wie ein Endspiel“, sagt Uwe Krupp. Dafür will er seine Mannschaft kämpfen sehen, mit Hingabe und Disziplin; Werte, die Krupp im Training predigt und lebt. Der Eisbären-Coach gestikuliert, fordert, macht sehr deutlich, wenn ihm etwas nicht gefällt. Wenn ihm etwas gefällt, grinst er. „Er ist sehr direkt“, sagt Teamkapitän André Rankel. „Er sagt uns sofort, wenn wir etwas falsch machen, aber er lobt uns auch viel. Er verlangt harte Arbeit auf dem Eis, das tut uns gut.“ Der direkte, ungeschminkte Ton von Uwe Krupp scheint etwas zu bewegen. „Der Trainer gibt uns viel Selbstvertrauen“, sagt Kapitän Rankel. „Seine Geradlinigkeit hilft uns enorm.“
Dabei sah es zunächst gar nicht unbedingt danach aus: Als Krupp im Dezember 2014 den erfolglosen Jeff Tomlinson ablöste, konnte auch er die Saison nicht retten. Am Ende scheiterten die Eisbären erneut in den Pre-Playoffs. Vor Beginn der neuen Saison wollte kaum jemand eine müde Mark auf das Team wetten.
Doch sie übersahen, dass Krupp noch wenig Zeit gehabt hatte, der Mannschaft seinen Stempel aufzudrücken. Die Vorbereitung auf die nächste Saison wurde zur entscheidenden Phase: Ohne Druck von außen konnten die Eisbären sich wieder auf sich selbst konzentrieren. Und Krupps Philosophie verinnerlichen: stabilere Defensive, besseres Zusammenspiel, taktische Disziplin.
Der gebürtige Kölner ist nicht nur ein Motivationskünstler, sondern kennt den Sport wie kaum ein Zweiter. Als Spieler war das Eishockey-Urgestein jahrelang in der National Hockey League, der Ersten Liga in den USA, aktiv – und gehörte dort als erster Deutscher überhaupt zweimal zum siegreichen Team, 1996 und 2002. Als Trainer führte er die deutsche Nationalmannschaft bei der WM 2010 bis ins Halbfinale und trainierte erfolgreich die Kölner Haie, bei denen er 2013 zum Trainer des Jahres der Deutschen Eishockey Liga gewählt wurde. Schon dort setzte er den trainerischen Fokus auf taktische und mentale Stärke. Eine Herangehensweise, die sich auszahlte.
Bei den Eisbären erkannte er, dass es vor allem die Hürde im Kopf war, die die Spieler lähmte. Bemerkenswerterweise verzichtete Krupp vor der Saison darauf, viele Spieler auszutauschen, und schenkte denen Vertrauen, die er hatte. „Wir wussten schon letzte Saison, dass wir eine gute Mannschaft haben. Mir war klar, dass wir oben mitspielen können, wenn wir von Verletzungen verschont bleiben.“
Der Verzicht, neue Spieler einzukaufen, mag finanzielle Gründe gehabt haben, doch er sendete ein wichtiges Signal an das Team: Ihr seid gut, ich glaube an euch. Die Mannschaft zahlte das Vertrauen zurück: Nachdem die Clubs dieses Jahr eng wie selten beisammen waren, scheint alles drin für die Eisbären. „Es gibt zehn Mannschaften, die um den Titel spielen können“, sagt Krupp. „Ich sehe keinen Favoriten.“ Und sein Team? „Wenn alles gut läuft, haben wir Chancen auf die Meisterschaft.“ Nach zwei kargen Jahren hören sie das gern im Wellblechpalast.