Die Afrikanische Union im Wandel: Heute Ruanda, morgen ganz Afrika?
Ruandas Präsident Paul Kagame übernimmt den Vorsitz der Afrikanischen Union. Sein Ziel: ein Afrika der offenen Grenzen.
Bereits im vergangenen Jahr hat Kagame in der Zusammenarbeit mit dem scheidenden AU-Vorsitzenden Alpha Condé, Präsident von Guinea, frischen Wind in die verstaubte und lahme Organisation gebracht. Als Chef des AU-Reformkomitees hatte er 2017 die Zügel in die Hand genommen, die „Agenda 2063“ voranzubringen, den 2013 beschlossenen 50-Jahres-Plan der AU. Ein wesentlicher Punkt dabei ist die Integration Afrikas: visafreies Reisen für alle Afrikaner durch offene Grenzen, ein gemeinsamer afrikanischer Reisepass, die Abschaffung von Arbeitserlaubnissen, zollfreier Warenverkehr.
Obendrein läutete Kagame auf dem 30. Gipfeltreffen der AU nun auch den gemeinsamen afrikanischen Transportmarkt ein: vom Luftraum bis zum Güterverkehr sollen die Grenzen fallen. „Wir sind fast bereit, einen kontinentalen Freihandelsraum zu verabschieden – das muss dieses Jahr passieren“, erklärte er. „Unsere Leute verdienen eine glänzende Zukunft.“
Ruandas Staatschef wird von vielen Afrikanern bewundert. Er gilt als Reformer, dem es gelungen ist, das 1994 vom Völkermord an über einer Million Menschen zerstörte Ruanda zu stabilisieren und in Sachen Entwicklung voranzubringen – korruptionsfrei und investorenfreundlich. Kagame ist bekannt dafür, Pläne im Hauruckverfahren umzusetzen. Viele Afrikaner hoffen, dass er auch Afrika als Ganzes voranbringen kann.
Hoffnung für die Jugend
In seiner Antrittsrede wendet sich Kagame direkt an Afrikas Jugend, die in Verruf geraten ist, weil sie in Europa ihr Glück sucht: „Wir können Afrika nicht ohne euch aufbauen“, sagte er. Für die meisten afrikanischen Jugendlichen ist die AU ein undemokratischer Altherrenclub. Kagame, selbst kein Demokrat, wirkt immerhin als einer, der etwas bewegt und der Jugend Hoffnung machen kann.
Paul Kagame vor dem AU-Gipfel
Die AU steckt in einer Krise. 2001 als Idee des libyschen Diktators Muammar Gaddafi gegründet und von seinen Öl-Dollar finanziert, fehlte es der Organisationen nach Gaddafis Tod 2011 und dem Zerfall Libyens an Finanzen und Visionen. Noch 2015 kamen knapp Dreiviertel des AU-Budgets von internationalen Gebern wie den USA und der EU. Auf dem AU-Gipfel 2016 in Ruanda wurde eine Reform der Finanzierung beschlossen: Eine 0,2-Prozent-Abgabe auf Importe sollen die Mitglieder an die AU abführen. Doch nur 14 von 55 Staaten sind dabei, dies auch zu implementieren.
Welch absurde Folgen die Abhängigkeit von Gebern hat, zeigte sich am Wochenende. Die französische Tageszeitung Le Mondedeckte auf, dass das AU-Hauptquartier in Addis Abeba, das von Chinesen gebaut und 2012 eröffnet worden war, verwanzt sei. Selbst in Bürotischen seien Mikrofone entdeckt worden. Aufgeflogen sei dies, als eine algerische IT-Firma feststellte, dass die Computer nachts, wenn das Gebäude leer ist, enorm viele Daten auf Server in China hochladen. China nennt die Vorwürfe „absurd“. Paul Kagame sagte, der Vorfall belege, wie wichtig es für Afrika sei, sich aus eigener Kraft aufzubauen.
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