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Didacta-EröffnungProteste gegen AfD-Stand auf Didacta

Am Dienstag öffnete die Bildungsmesse mit einem Stand der rechtsextremen Partei. Kritiker zeigen sich von der Entscheidung der Veranstalter enttäuscht.

Gegner der AfD protestieren auf der Bildungsmesse Didacta vor dem Informationsstand der Partei Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Stuttgart taz | Die Kapitulation kam am Montag, nur wenige Stunden vor der Eröffnung der Didacta in Stuttgart. Die Würfel waren gefallen: Die in Teilen rechtsextreme AfD erhält ihren Stand als Hauptaussteller auf der Bildungsmesse. Halle 7, Stand 7E67 – trotz massiver Proteste aus der Zivilgesellschaft. Der zentrale Satz aus der Erklärung des Didacta-Verbandes: „Bei aller berechtigten Kritik gehört jedoch auch dazu, dass wir aushalten müssen, was nicht zu verhindern ist.“

Die AfD ist eine von 700 Aussteller:innen. Sie war zunächst die einzige Partei, die sich online um eine Teilnahme beworben hatte. Um den Eindruck von Einseitigkeit zu vermeiden, holte die Messe Stuttgart später auch die Grünen und die CDU als baden-württembergische Regierungsparteien ins Boot, später auch noch FDP und Volt. Die Veranstalter jonglierten mit Begriffen wie „Meinungsvielfalt“ und „Offenheit“ und betonten, eine Messe sei „keine Zensurbehörde“.

Doch warum gab es keine Versuche, die AfD wieder auszuladen? Das wäre eine angemessene Reaktion auf die heftige Kritik von Bildungsgewerkschaften, Schüler- und Elternvertretern, Hilfsorganisationen und auch vom Zentralrat der Juden gewesen – meinen zumindest jene, die nun den Protest auf die Messe tragen. Eine Messe, wohlgemerkt, die das Leitthema „Demokratiebildung“ hat.

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Bis Samstag werden mehrere zehntausend Be­su­che­r:in­nen erwartet. Ein Bündnis von Verlagen, Verbänden und Bildungsinitiativen hat tägliche Protestaktionen angekündigt. Das „Ak­tionsbündnis Demokratie zur Didacta“ zeigt sich enttäuscht, dass die Hauptgesellschafter der Messe – das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart – sich nicht öffentlich positionierten. Auch von Bundeslandwirtschaftminister Cem Özdemir, der als Grünen-Bundestagsabgeordneter seinen Wahlkreis in Stuttgart hat, kam kein wirkmächtiges Veto von der Seitenlinie. Das Aktionsbündnis vermisst eine deutliche Haltung der Veranstalter gegenüber demokratiefeindlichen Akteuren.

Schwierige Entscheidung für Marina Weisband

„Spot on! Laut für Demokratie“ und „Party für Demokratie & Vielfalt“ – so lauten die Mottos der Proteste, die nun Aufmerksamkeit schaffen wollen. ­Demokratie müsse verteidigt werden, betont das Aktionsbündnis. „­Parteien und Akteure, die demokratische ­Grundwerte infrage stellen, haben auf der Didacta keinen Platz.“

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Aber weil sie ihn eben – namentlich die AfD – eben doch haben, steht auch die Publizistin Marina Weisband und frühere Piraten-Politikerin vor einer schwierigen Entscheidung. Im November hatte der Didacta-Verband angekündigt, sie in diesem Jahr als „Bildungsbotschafterin“ der Messe auszuzeichnen. Die Ehrung soll an diesem Mittwoch geschehen. Der Verband lobte ihren „herausragenden“ Einsatz für politische Bildung und digitale Partizipation sowie ihre „besondere“ Rolle in der Bildungslandschaft.

Weisband hat angekündigt, am Mittwoch nach Stuttgart zu reisen. Die Nicht-Ausladung der AfD von der Messe und die damit verbundene „Normalisierung des politischen Arms des Rechtsradikalismus“ hat sie im Vorfeld scharf kritisiert.

„Ich kämpfe für eine Schulkultur der Selbstwirksamkeit. Für Inklusion, Vielfalt, Neugier, den Glauben an jedes einzelne Kind, an jeden einzelnen Menschen. Die AfD kämpft gegen Gesamtschulen, gegen Inklusion, gegen Lehrkräfte, die nicht auf Linie sind“, sagte Weisband gegenüber der taz

Ob Weisband die Auszeichnung als „Bildungsbotschafterin“ annehmen wird? Die Auflösung gibt’s am Mittwoch ab 14:15 Uhr beim Forum Bildungsperspektiven in Halle 5 der Didacta.

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19 Kommentare

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  • Solange sie nicht verboten sind.....



    muss man sich INHALTLICH mit ihnen auseinandersetzen und bessere Konzepte anbieten.



    Ausladen, ausgrenzen und gegen rechts demonstrieren ist Wahlkampfhilfe für die AfD.

    • @Altunddesillusioniert:

      Man könnte den AfD Sympathisanten auch morgens, mittags & abends unser Grundgesetz & ein Parteiprogramm der AfD vorlegen.

  • Bin schon erstaunt über manche Kommentare hier, die es offensichtlich für richtig halten, dass eine vom Verfassungsschutz beobachtete Partei auf der Didacta einen Stand hat. Es ist ja eben keine "normale Oppositionspartei" Wie sollen sich eigentlich Menschen mit Migrationshintergrund, jüdische Menschen, Menschen mit Behinderung, queere etc. sicher fühlen auf der Didacta, wenn dort eine demokratiefeindliche, in Teilen rechtsextreme und menschenfeindliche Partei ausstellt? Vielleicht sollten einige hier und in Stuttgart nochmal über das Toleranz Paradoxon nachdenken.... Abgesehen davon hat meiner Meinung nach, gar keine Partei etwas auf der Bildungsmesse zu suchen und schon gar nicht kurz vor der Bundestagswahl. Und das wäre auch ein guter und sinnvoller Grund gewesen, die Parteien wieder auszuladen. Aber hier geht es ja nur scheinbar um Demokratie und Bildung - eigentlich geht es nur um Gewinnmaximierung, Knete, Moneten, Zaster....

    • @Schnauz2:

      Is ja Wahlkampf - is da nicht alles geduldet ?



      Wenn sogar die CDU mit ihrer neuen Schwesterpartei im Parlament, Hand in Hand für Abstimmung- äääh Stimmung sorgen.

  • Ihr müßt sie lieb und nett behandeln,



    erschreckt sie nicht – sie sind so zart!



    Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln,



    getreulich ihrer Eigenart!



    Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –:



    Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!







    Wenn sie in ihren Sälen hetzen,



    sagt: »Ja und Amen – aber gern!



    Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!«



    Und prügeln sie, so lobt den Herrn.



    Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!



    Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.







    Und schießen sie –: du lieber Himmel,



    schätzt ihr das Leben so hoch ein?



    Das ist ein Pazifisten-Fimmel!



    Wer möchte nicht gern Opfer sein?



    Nennt sie: die süßen Schnuckerchen,



    gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen ...



    Und verspürt ihr auch



    in euerm Bauch



    den Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft –:



    Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten,



    küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft –!

    • @Minelle:

      👍👍

  • Ich verstehe ja die Vorbehalte eine Oppositionspartei zur Bildungsmesse zuzulassen - in der DDR hatten wir keine Opposition aber ein funktionierendes Schulsystem. Gut das gegen zuviel Meinungsvielfalt demonstriert wird, Demokratie kann manchmal auch lästig sein.

    • @Jörg Radestock:

      Sie unterliegen einem folgenschweren Irrtum. Es geht hier nicht um Meinungen, sonder um Wahrung von unseren Rechtsstaat.

      Wenn wir unbegrenzte Toleranz sogar gegenüber Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gemeinschaft gegen den Ansturm der Intoleranten zu verteidigen, dann werden die Toleranten zerstört und mit ihnen die Toleranz.

      Karl Popper

      • @Alex_der_Wunderer:

        Bei der Toleranz gibt es nur entweder oder - eine fehlende Toleranz gegenüber Intoleranz ist gleichfalls Intoleranz.

        • @Jörg Radestock:

          Sie könnten sich die Unterschiede von



          - Meinung & Hetze



          - Antirassismus & Rassismus



          - Miteinander & Gegeneinander



          erklären lassen - aber verstehen müssen Sie es schon selber.



          ...toi toi toi

    • @Jörg Radestock:

      In der DDR gab's ja auch bekanntlich keine Rechtsextremisten. Hier gilt allerdings: Menschenhass ist keine Meinung.

    • @Jörg Radestock:

      Man lädt keine Brandstifter in sein Haus ein und drückt ihnen noch Benzinkanister und Streichholz in die Hände!

  • Die Veranstalter haben das schon richtig gemacht. Zur Demokratie gehört es auch unliebsamen Stimmen Gehör zu geben.



    Es steht den Menschen frei ihre Meinung darüber kundzutun aber die Forderung nach einer Ausladung geht dann leider zu weit - wer sich dem Druck der Straße beugt - macht das beim nächsten Mal vielleicht auch aus der anderen Richtung.

    • @hkj2314:

      Von welcher " Meinung " - Inhaltlich - ist die Rede ?

    • @hkj2314:

      Zur Demokratie gehört es, diejenigen aufzuhalten, die sie zerstören wollen.

    • @hkj2314:

      Die Demonstration heute erinnert mich in Teilen an ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte, als Menschen jüdische Geschäfte blockiert haben. Ein gutes Beispiel der verfehlten Bildungspolitik.

      • @Jörg Radestock:

        Richtig erinnert haben Sie sich da - darum wird ja auch gegen die rassistische AfD demonstriert - damit sich die Geschichte nicht wiederholt.

  • Ein „Veto“ von Herrn Özdemir? Absolutismus reloaded? Was für ein Blödsinn. Ansonsten: Protest ist gut, auch zur Mobilisierung Gleichgesinnter (nicht zu unterschätzen - you never walk alone).

  • Es ist und bleibt nunmal eine BildungsWIRTSCHAFTS-Messe. Dass am Ende das Motto Demokratie eine untergeordnete Rolle spielt, sobald Faschisten das nötige "Kleingeld" zahlen ist am Ende nur Konsequent.

    Wenn der Rechtsrutsch so weitergeht, muss sich bald weder die Didacta noch die AfD mit diesen nervigen Demokraten rumschlagen.