Dickens "Weihnachtsgeschichte" im Kino: Technik, Tricks und keine Tränen

Die Verfilmung des Klassikers "A Christmas Carol" will beeindrucken und greift tief in die Trick-Kiste. Das funktioniert, aber so richtig Rührung aufkommen will nicht.

Scrooge, vor der Läuterung. Bild: reuters

Dieser Film hat ein Problem mit dem Rhythmus. Die einzelnen Bilder und Sequenzen dieser Verfilmung von Charles Dickens "Weihnachtsgeschichte" sind beeindruckend - vielleicht etwas zu betont beeindruckend, beeindrucken-wollend, aber jedenfalls beeindruckend. Trotzdem findet Regisseur Robert Zemeckis zu keinem Fluss, keinem Flow.

Manchmal verlangsamt Zemeckis das Tempo zu sehr, um sich auf der schieren Wirkmächtigkeit der Bilder auszuruhen, so etwa wenn Ebenezer Scrooge vom Geist seines längst verstorbenen Kollegen (und noch größeren Geizkragens), Joseph Marley, heimgesucht und zur Lebensumkehr animiert wird. Spätestens beim zweiten der drei Weihnachtsgeister, die Scrooge die Erbärmlichkeit seines Lebens aufzeigen, würde man gern ein wenig vorspulen.

Manches geht in dieser Verfilmung aber auch zu schnell. Bei den tollen Flügen durch das London des 19. Jahrhunderts hätte man gerne noch viel mehr Details gesehen. Und wenn schon ziemlich genau in der Mitte so ein fröhlich-lärmender Weihnachtsball nach den berühmten Illustrationen der Erstausgabe von John Leech in Szene gesetzt wird, hätte man sich ein wenig filmische Ruhe gewünscht.

Solche Rhythmusprobleme verweisen oft auf tiefere Probleme der Konzeption. Man kommt kaum um die Analyse herum, dass Zemeckis sich allzu willfährig der Technik des Motion Capturing ausliefert. Schauspieler werden in ihr mit Sensoren ausgestattet, die ein Computer dann erfasst und in animierte Filmbilder umrechnet.

Gelegentlich bekommt man zwar eine Ahnung davon, was damit alles möglich wäre: Gesichter, die zugleich real wirken, aber zugleich die Flamme einer Kerze darstellen zum Beispiel. Klar, dass Geistererscheinungen viel Anlass geben, mit dieser Technik herumzuspielen. Aber genau darin liegt eben auch die Versuchung, die ganze Dramaturgie des Films so anzulegen, dass man am besten vorführen kann, was diese Technik alles kann.

Die einzelnen Tricks sind dann gut, aber in der bunten Aneinanderreihung wird es zu viel. Und dann kommt man um einen noch weiter reichenden Verdacht kaum herum: dass Robert Zemeckis Weihnachten gar nicht mag. Schon sein "Polarexpress" vor einigen Jahren beutete dieses Fest eher aus, als dass es ein Gefühl dafür vermittelte. Und in der "Weihnachtsgeschichte" macht Zemeckis noch den letzten Anflug von Rührung - ohne die man bei Weihnachten eigentlich gar nicht auskommt - mit einem allzu didaktisch geläuterten Scrooge kaputt.

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