Deutung des Wahlausgangs in den USA: Eine Frage der Interpretation
Eine „blaue Welle“ wollten die Demokraten lostreten. Die Trump-Anhänger halten dagegen und erklären sich zum wahren Sieger.
Eine „Blaue Welle“, hatte die demokratische Partei mit Blick auf die Kongresswahlen angekündigt, ein Erstarken der Demokratischen Partei als Gegenentwurf zur Trump-Regierung. Eingetreten ist diese Voraussage nicht. Während die Demokraten versuchen werden, die neue Mehrheit im Repräsentantenhaus zu betonen, sowie die zahlreichen Frauen und People of Color, die für die Partei in den Kongress einziehen werden, erzählen die prominentesten Trump-Unterstützer die Wahlnacht ganz anders: Als den Moment, an dem der Präsident sicherer stand denn je.
Trumps Sprecherin Sarah Sanders griff das Bild von der „Welle“ gleich Dienstagnacht in ihrem ersten Statement auf und drehte es gegen die andere Seite: „Es gibt vielleicht ein blaues Plätschern, aber gewiss keine Welle“ – ein Bild, das der Sender Fox News umgehend übernahm.
Eine gewisse Erleichterung
Sean Hannity, Fox-Kommentator und erklärter Trump-Fan twitterte am späten Abend: „Die meisten Medien haben absolut keine Ahnung – das war ein massiver Triumph für Donald Trump und diejenigen, für die er sich eingesetzt hat.“ Hannity spielt damit darauf an, dass der Präsident sich im Wahlkampf vor allem für Senats-Kandidat*innen stark gemacht hatte. Also den Teil des Kongresses, bei dem die Wahl zugunsten der republikanischen Partei ausging.
Boris Epshteyn, ehemaliger Trump-Berater und Kommentator beim rechts ausgerichteten TV-Konzern Sinclair verwies darauf, dass die Midterm-Wahlen für die demokratischen Präsidenten vor Trump verheerender ausgefallen waren.
Obgleich es erwartbar ist, dass die Trump-Blase so reagiert, so spricht aus den Äußerungen auch eine gewisse Erleichterung: Die „Blaue Welle“ ist ausgeblieben, das Ergebnis für Trump verkraftbar. Die Möglichkeiten, den Präsidenten durch die Mehrheit im Haus einzuschränken, sind begrenzt. Da lässt sich die Wahl ohne große Anstrengung nach rechts als Triumph verkaufen. Dabei mitgeholfen haben auch die Demokrat*innen, die mit der Ankündigung einer „Blauen Welle“ nicht gerade tief gestapelt hatten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour