Deutscher in Afghanistan gefasst: Ein Kulturforscher unter Islamisten
Afghanistans Behörden melden, dass sie einen Deutschen beim Militäreinsatz festgenommen haben. Sie stufen ihn als Taliban ein.
Auf einem kurzen Video mit sehr schlechtem Ton, das in Afghanistans sozialen Medien kursiert und offenbar von beteiligten Soldaten aufgenommen wurde, wird der Festgenommene auf Englisch und auf Paschto befragt. Er antwortet: „Ja, ich kann deutsch sprechen“, mit leichtem Akzent. Zum Schluss nickt er kurz auf die Frage, ob er aus Deutschland sei.
Bei seiner Gefangennahme soll er angegeben haben, sich zu Studien der afghanischen Kultur im Lande aufzuhalten. Auch wenn immer wieder Einzelgänger nach Afghanistan reisen und sich dabei in Kleidung und Haarpracht den Einheimischen anpassen, wirkt sein Outfit eher militärisch: olivgrüne Allwetterjacke über einheimischem Schalwar-Kamis-Gewand, dazu enger schwarzer Turban, das Haar kurz geschoren, roter Vollbart.
Die afghanischen Behörden sagen, er sei nach einem Gefecht festgenommen worden, bei dem mehrere Talibankämpfer getötet wurden, in deren Begleitung er gewesen sei. Sie sind überzeugt, dass es sich bei ihm um einen Berater des Provinzkommandeurs der Taliban-Spezialkräfte Sra Qeta (Rote Einheit) handelt. Da allerdings auch behauptet wird, dass er keine der beiden Landessprachen Paschto und Dari spreche, obwohl er sich acht Jahre lang im pakistanischen Quetta – wo auch Taliban-Führer leben – und im afghanischen Paktia aufgehalten habe, bleibt dies fraglich. Eine überwiegend aus Deutschen bestehende Splittergruppe „Deutsche Taliban Mudschaheddin“ hatte der Verfassungsschutz 2012 für „zerschlagen“ erklärt.
Auf alle Fälle wird diese Festnahme die Diskussion um ausländischen Kämpfer in Afghanistan beleben. Deren Zahl wird von der Regierung übertrieben, die Gesamtzahl der Taliban hingegen untertrieben. Der nationale Sicherheitsberater Hanif Atmar sprach jüngst von 55.000 „Terroristen“ im Land, davon 30.000 bis 40.000 Einheimische. Einem hohen Mitarbeiter eines afghanischen Ministeriums zufolge gibt es jedoch über 100.000, von denen nur wenige Prozent Ausländer seien und 90 Prozent nahe ihrer Herkunftsorte kämpften. Sicherheitsexperten in Kabul bestätigen der taz, nur 0,3 Prozent der gefangengenommenen Kämpfer seien Ausländer.
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