Deutscher Minister Pistorius in Indien: Rüstungsgeschäfte mit Neu-Delhi
Verteidigungsminister Pistorius besucht Indien. Das gibt sich im Ukrainekonflikt neutral, doch der Westen wirbt um die Regionalmacht.
Pistorius’ erste Reise nach Süd- und Südostasien begann am vergangenen Freitag und endet am Donnerstag in Mumbai. Beim Treffen mit Rajnath Singh wird sich voraussichtlich viel um ein Abkommen zur Lieferung konventioneller U-Boote für die indische Marine drehen. Generell geht es um die Stärkung der Rolle beider Länder im Indopazifik sowie die künftige Verteidigungszusammenarbeit.
Die Bundesregierung hat sogenannte Indopazifik-Leitlinien erarbeitet, die ein stärkeres Engagement Deutschlands in der wirtschaftlich und strategisch wichtigen Region vorsehen. Während des Besuchs wird Pistorius voraussichtlich einige Start-up-Unternehmen aus dem Verteidigungsbereich auf einer Veranstaltung in Neu-Delhi treffen, hieß es in Medienberichten. Deutschland sucht Alternativen zu China, die Stichworte lauten Diversifizierung und De-Risking.
Am Mittwoch reist Pistorius in die Finanzmetropole Mumbai, besucht das Hauptquartier der Marine und die Werft Mazagon Dock Shipbuilders Limited. Seit dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Neu-Delhi im vergangenen Februar wird über ein mögliches Joint Venture für die Produktion von U-Booten mit Deutschland spekuliert. Indien möchte seine schrumpfende Unterwasserflotte stärken.
Strategisch wichtiger Partner
Konkret geht es um den Kauf von sechs U-Booten im Wert von insgesamt 4,9 Milliarden Euro. Zu den verbliebenen zwei Bietern gehört auch das deutsche Unternehmen ThyssenKrupp Marine Systems. Kürzlich berichteten indische Medien, dass ThyssenKrupp im westindischen Pune ein neues Technologiezentrum mit den Schwerpunkten künstliche Intelligenz und Cloud-Computing eröffnet hat.
Mit Russland hatte Indien bereits ein Joint Venture, „Indo-Russia Rifles Private Limited“, für die Produktion von Kalaschnikow-Gewehren gegründet. Delhi zielt darauf ab, neue Produktionen ins eigene Land zu verlagern und Arbeitsplätze zu schaffen. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bestätigte am Montag in Berlin, dass die Zusammenarbeit in Rüstungsfragen mit Indien natürlich auch beim Besuch des Ministers auf der Tagesordnung stehe. Konkrete Abschlüsse seien aber nicht zu erwarten.
Zurzeit wird Indiens Armee vor allem von Russland aufgerüstet, wobei modernere Ausrüstung zunehmend aus dem Westen stammt. Und die ist teurer. Für Schlagzeilen sorgte 2015 ein Deal mit Frankreich über den Kauf von 36 Rafale-Kampfjets. Doch das Bedürfnis Indiens, sich aus der Abhängigkeit von Russland zu lösen, trifft auf das Bestreben des Westens, das traditionell blockfreie Land auf die eigene Seite zu ziehen. Das hat sich seit dem russischen Angriff gegen die Ukraine auf beiden Seiten verstärkt, obwohl Indien offiziell neutral bleibt und sich in der UN-Vollversammlung bei der Verurteilung des russischen Angriffskriegs enthalten hat.
Dennoch meint SPD-Außenexperte Nils Schmid gegenüber der taz: „Es ist gut, dass Boris Pistorius weitere Kooperationen im militärischen Bereich auslotet.“ Indien sei ein strategisch wichtiger Partner mit einer aktiven Rolle in der Region und einem kritischen Verhältnis zu China. „Wir sind offen für eine weitere Zusammenarbeit mit Indien im Rüstungsbereich“, sagte Schmid, wobei jede Entscheidung im Einzelfall geprüft werden müsse.
Nach Pistorius besucht Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) Indien. Sie ist dann schon Nummer drei in der Reihe der westlichen Staatsgäste. Bei den Gesprächen von Ministerin Schulze in Indien werde der gemeinsame Einsatz für Nachhaltigkeit ein zentrales Thema sein, so eine Ministeriumssprecherin am Montag. Außerdem wird Schulze zum G20-Treffen der Entwicklungsminister:innen im nordindischen Varanasi erwartet.
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