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Deutscher Botschafter wird TopspionStoltenbergs neue Spürnase

Der deutsche Botschafter in Prag soll Geheimdienstchef der Nato werden. Der neue Job dürfte für Arndt Freytag von Loringhoven eine Rückkehr sein.

Jobwechsel: Arndt Freytag von Loringhoven darf künftig mehr als Grußworte halten Foto: dpa

Prag taz | „Schade“ lauteten die ersten Reaktionen in Tschechien, als bekannt wurde, dass der deutsche Botschafter Arndt Freytag von Loringhoven nach nur zwei Jahren seinen Platz im altehrwürdigen Lobkowicz-Palais auf der Prager Kleinseite zum Jahresende verlässt. Der 59-Jährige wurde von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum ersten Geheimdienstchef der Nato berufen. Auf diesem Posten wird Loringhoven ein Team führen, das die Geheimdienstinformationen der Bündnispartner zentral auswerten soll.

Schade ist Loringhovens Weggang aus Prag vielleicht aus Sicht der Tschechen, für die der Adlige als korrekter, zuverlässiger und offener Vertreter Deutschlands galt. Aber bei der Nato ist ein Beamter mit der Qualifikation und Erfahrung Loringhovens besser aufgehoben als bei einem Schönwetterjob, der das Amt des Prager Botschafters dank des derzeit hervorragenden deutsch-tschechischen Verhältnisses nun mal ist.

Andererseits gilt Tschechien auch als weitläufiger Spielplatz russischer Propaganda. Präsident Miloš Zeman ließ sich seine Wahlkampagne von kremlnahen Quellen finanzieren und beschäftigt einen ehemaligen LukOil-Chef als Berater. Zudem ist die Moldaustadt seit jeher beliebter Treffpunkt terroristischer Hintermänner.

Das sind genau die Themen, auf die sich Loringhoven in seinem neuen Amt konzentrieren wird. Da können dem passionierten Jazz-Gitarristen seine Prager Erfahrungen womöglich genauso nützlich sein, wie seine Tätigkeiten als politischer Referent beziehungsweise Leiter der politischen Abteilung an der deutschen Botschaft in Moskau.

Der Sprung ins Geheimdienstmilieu dürfte für den Freiherrn eher eine Rückkehr sein. Von 2007 bis 2010 war Loringhoven Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes. Vor seiner Karriere im Staatsdienst beschäftigte er sich allerdings mit ganz anderen Organismen. Bevor er 1986 in den Diplomatischen Dienst eintrat, studierte er in Bonn, Berlin und Oxford Biochemie. Nach seiner Promotion forschte er zwei Jahre am Max-Planck-Institut in seiner Heimatstadt München. Ein analytischer Kopf, um den es in Prag eigentlich schade war.

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