Deutsche Wirtschaft trotzt Krisen: Überraschend stark gewachsen
Trotz Fachkräftemangel, Lieferengpässen und Inflation: Es gibt mehr Jobs, weniger Schulden und vor allem mehr Wachstum als gedacht.
So legte die Wirtschaftsleistung, gemessen als Bruttoinlandsprodukt, 2022 um 1,9 Prozent zu, wie Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sagte. Die hohe Inflation ist dabei herausgerechnet. Das Besondere: Bis auf das Institut für Wirtschaftsforschung in Kiel (IfW) hat das niemand so vorhergesehen, rechnete mit weniger. Die Bundesregierung ging von 1,4 Prozent Wachstum aus, ebenso die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Die EU-Kommission erwartete 1,6 Prozent.
Der Staat hat im vergangenen Jahr mehr eingenommen, weil Produkte wegen der Inflation mehr kosteten und entsprechend der Mehrwertsteueranteil stieg und weil sich die Wirtschaft erholte, mehr Menschen arbeiteten und zum Beispiel mehr Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge fällig wurden. Auch die Ausgaben stiegen – vor allem wegen der finanziellen Hilfen für die Ukraine, der staatlichen Hilfen für angeschlagene Energieversorger wie Uniper und der Pakete, die Haushalte und Unternehmen von steigenden Energiepreisen entlasten sollen.
Insgesamt fehlten 101,6 Milliarden Euro, die durch neue Schulden gedeckt werden mussten – 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und sogar 32,7 Milliarden Euro weniger als 2021. Vor allem der Bund machte neue Schulden, weil er die großen Hilfsprogramme auflegte. Länder, Gemeinden und die Sozialversicherungen schlossen im Plus.
2023 ist noch unklar
Unklar ist noch, wie es 2023 mit der deutschen Wirtschaft weitergeht. Die Statistiker berechneten für das vierte Quartal noch auf sehr wackeliger Basis ein Wachstum von 0,0 Prozent. Ob es Anfang 2023 so weitergeht, ist unklar. Das Münchener Ifo-Institut erwartet einen schwachen Start. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte: „Die wirtschaftliche Abschwächung über das Winterhalbjahr wird nach den Daten, die wir aktuell haben, milder und kürzer sein als erwartet. Damit zeigt dieses Land, was es kann.“
Die Bundesregierung ging noch im Herbst 2022 davon aus, dass die Wirtschaft im Gesamtjahr 2023 um 0,6 Prozent schrumpft. Der Bankenverband rechnet sogar mit einem Minus von einem Prozent. Nur das IfW in Kiel ist mit 0,3 Prozent Wachstum derzeit optimistisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung