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Deutsche SportjustizStrafbarer Fehlschuss

Neue Gesetze gegen die Manipulation von Profiwettbewerben werfen Fragen auf. Warum werden die Amateure ausgenommen?

Drin! – Doch wer zum eigenen Vorteil extra verschießt, kann in Zukunft belangt werden Foto: dpa

Augsburg taz | Elfmeter! Der Spieler läuft an – und schießt in die Wolken. Merkwürdig. Fehlschüsse kommen vor – aber eigentlich nie in dieser Deutlichkeit. Ist hier Manipulation im Spiel? Wurde für den Patzer ein Honorar in Aussicht gestellt? Seit Ende April ist der neue Strafparagraf „Manipulation von berufsportlichen Wettbewerben“ in Kraft (§ 265d). An der Uni Augsburg hat am Freitag die erste Tagung zu den Perspektiven der neuen Strafvorschrift stattgefunden.

Mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren kann künftig bestraft werden, wenn jemand Geld oder andere Vorteile fordert oder annimmt, um einen „berufssportlichen“ Wettbewerb zu manipulieren. Das kann ein Spieler sein, der gegen Schmiergeld einen Elfmeter verschießt, aber auch der Trainer, der seinen besten Mann auf der Bank sitzen lässt. Auch Schiedsrichter, die ein Spiel gegen Geld „verpfeifen“, machen sich nach der neuen Vorschrift strafbar.

Einerseits wollte der Gesetzgeber die Vermögensinteressen der Sportler, Vereine und Verbände schützen. Wer wegen Manipulationen nicht gewinnt oder gar absteigt, kann viel Geld verlieren. Zudem stehe der Sport aber auch für wichtige gesellschaftliche Werte wie Fairness.

„Warum wird dann aber nur der Profisport vor Manipulationen geschützt?“, fragte der Münchener Anwalt Michael Reinhart, „sonst sind doch immer die Amateure das Aushängeschild für die Integrität des Sports.“

Ein verschossener Elfer begründet noch keinen Verdacht

Die Abgrenzung ist schwierig genug: Denn wo genau fängt der Berufssport überhaupt an? Laut Gesetzesbegründung gehören im Fußball nur die drei oberen Ligen dazu. Ab der Regionalliga abwärts müsste ein Staatsanwalt bekannt werdende Manipulationen demnach ignorieren. Es blieben nur Sanktionen der Sportverbände wie Punktabzüge und Sperren. Der Kölner Richter Jan F. Orth sieht aber auch die Regional- und Oberligen vom Gesetz geschützt. „Dort verdienen Spieler doch auch 1.000 oder 1.500 Euro pro Monat.“

Wie viele Fälle es pro Jahr geben wird, ist noch völlig offen. „Theoretisch kann jeder Fan durch eine Strafanzeige Ermittlungen anstoßen“, sagte der Staatsanwalt Christoph Ebert, „aber nicht jeder verschossene Elfmeter begründet schon einen Anfangsverdacht.“

Bremen „helfen“

Legendär ist der Bundesligaskandal der Saison 1971/72, als Arminia Bielefeld sich mit gekauften Spielen den Klassenerhalt sicherte. Außer Strafen wegen Meineids gegen Schalker Spieler gab es damals keine strafrechtlichen Sanktionen.

Im Mai wurde ein neuer Skandal beim Drittligisten VfL Osnabrück bekannt, nur einen Monat nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Drei Osnabrücker Spieler sollen im Mai vor einem Spiel gegen das abstiegsbedrohte zweite Team von Werder Bremen sondiert haben, ob man eine Prämie bekommen könne, wenn man den Bremern in ihrer Not helfe. Diese lehnten den Deal jedoch ab.

Wetten auch im Amateursport strafbar

Strafrechtlich relevant könnte künftig auch die Rolle von Sponsoren sein, die mehrere Vereine unterstützen. „Wenn der Sponsor finanziell Einfluss nimmt, damit die besser zu vermarktende Mannschaft gewinnt, wäre das strafbar“, so Strafrechtsprofessor Michael ­Kubi­ciel, der die Augsburger Tagung veranstaltete. Allein der Volkswagen-Konzern unterstützte mit seinen Marken VW, Audi, Seat und MAN zeitweise 16 Vereine der Ersten und Zweiten Bundesliga.

Kubiciel glaubt, dass die neue Strafvorschrift nicht auf eine hohe Zahl von Verurteilungen abzielt, sondern vor allem die Vereine in die Pflicht nehmen will. Er erklärt: „Trainer und Funktionäre müssen ihren Spielern die drohenden Konsequenzen aufzeigen.“

Letztlich gehe das Thema auch Amateurvereine an. Denn wenn bezahlte Manipulationen im Zusammenhang mit Sportwetten stehen, sind sie auch im Amateursport strafbar. Eine entsprechende Strafvorschrift gegen „Sportwettbetrug“ (§ 265c) wurde im April ebenfalls eingeführt.

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3 Kommentare

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  • Wenn ein neues Gesetz wie hier gemacht wird, dann gibt es natürlich Probleme. Wenn man das zurecht beklagt, ist es Unsinn, gleichzeitig zu fordern, daß das Gesetz dann gleichzeitig möglichst breit gelten soll. (Praktischerweise beschränkt man sich hilfsweise aufs Zitieren ...)

  • Interessanter Artikel, der jedoch an wichtiger Stelle mehr in die Tiefe hätte gehen können.

     

    Denn wie muß man sich denn so einen § vorstellen, was die praktische Anwendung anbetrifft?

     

    Angenommen, ein Schiedsrichter trifft mehrere falsche (nachträglich durch Videobeweis bewiesene)

    Entscheidungen, z.B. bei Strafstößen oder Fouls. Die davon profitierende Mannschaft gewinnt dadurch

    die Meisterschaft.

     

    Mehrere Zuschauer mutmaßen nun, das könne doch kein Versehen sein und erstatten Strafanzeige.

    Ab welchem Zeitpunkt z.B. darf ein Staatsanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen den Schiedsrichter

    einleiten?

     

    Wiviele Fehlentscheidungen darf ein Schiedsrichter treffen, bevor er Gefahr läuft, einer Straftat

    verdächtigt zu werden?

     

    Falls theoretisch schon eine Fehlentscheidung (kann man diese überhaupt genau beweisen?) ausreicht,

    wäre das nicht kritikwürdig? Stichwort Verhältnismäßigkeit.

  • Es gibt auch Spieler, die zeigen sportliche Fairness, wenn sie Elfmeter absichtlich neben das Tor setzen.

    https://sports.vice.com/de/article/3d3kjb/spielmanipulation-durch-schiri-spieler-verschieen-ihre-elfmeter-dreimal-absichtlich

     

    Denn oft ist der Schiedsrichter das Angriffsziel der Wettbetrüger. Da muss man nämlich nur eine Person schmieren, nicht eine ganze Mannschaft. Aber beim DFB tut man so, als wäre man seit dem Hoyzer-Skandal praktisch immun gegen die naheliegendste Art der Manipulation.