Deutsche Schulen in der Türkei: Weihnachten soll ausfallen

Deutschland entsendet Dutzende Lehrer an Schulen in der Türkei. Die Leitung einer dieser Schulen hat alle Inhalte untersagt, die mit Weihnachten zu tun haben.

Das Gebäude der Schule Istanbul Lisesi ist hinter mehreren Bäumen zu sehen

Das Istanbul Lisesi in der Türkei: Auch der Schulchor-Auftritt beim Generalkonsulat wurde abgesagt Foto: dpa

ISTANBUL dpa | Die türkischen Behörden haben erstmals das Thema Weihnachten aus dem Unterricht an einer deutschen Auslandsschule in Istanbul verbannt. „Es gilt nach Mitteilung der türkischen Schulleitung eben, dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird“, heißt es in einer E-Mail, die die Leitung der deutschen Abteilung des Istanbul Lisesi an das Kollegium schickte und die der dpa vorliegt. Auch die Teilnahme des Schulchors am traditionellen Weihnachtskonzert im deutschen Generalkonsulat wurde von der türkischen Schulleitung kurzfristig unterbunden.

Die derzeit 35 deutschen Lehrer des Istanbul Lisesi werden von der Bundesrepublik entsandt und aus Steuermitteln bezahlt, was auf eine jährliche finanzielle Förderung in Millionenhöhe hinausläuft. Das traditionsreiche Elite-Gymnasium wird ausschließlich von türkischen Schülern besucht, ist aber eine anerkannte deutsche Auslandsschule.

Grundlage ist ein Zusatzvertrag zum Kulturabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, wonach Deutschland bis zu 80 deutsche Lehrer an bestimmte türkische Schulen entsendet. Das deutsche Kollegium an der Schule hat eine eigene Abteilungsleitung, die aber der türkischen Schulleitung untersteht.

Kritiker werfen der AKP-Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoǧan vor, traditionell säkular geprägte Schulen wie das Istanbul Lisesi zunehmend auf ihren islamisch-konservativen Kurs zu zwingen.

Die Grünen forderten Konsequenzen. „Ein Verbot des Themas Weihnachten an Schulen ist nicht hinnehmbar, erst recht, wenn sie von Deutschland mitfinanziert werden“, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour. „Die Bundesregierung muss dies Ankara gegenüber eindeutig klarmachen. Wenn die türkische Regierung darauf nicht eingeht, dann muss die Finanzierung für die Schule eingestellt werden.“ Nouripour kündigte eine Anfrage an die Bundesregierung zu dem Thema an.

Im deutschen Lehrerkollegium herrscht schon seit langem erhebliche Verunsicherung, was den Kurs der Elite-Schule betrifft. Diese Verunsicherung wurde durch die jüngste Anordnung zum Thema Weihnachten nun weiter verschärft. Neben dem Istanbul Lisesi gibt es in Istanbul noch ein deutsches Gymnasium, das Alman Lisesi. Dieses wird neben türkischen auch von deutschen Schülerinnen und Schülern besucht.

Das türkische Bildungsministerium und die Leitung der deutschen Abteilung des Istanbul Lisesi – die der türkischen Schulleitung untergeordnet ist – äußerten sich auf Anfrage inhaltlich nicht zu der Anordnung. Das Weihnachts-Verbot an der Schule dürfte nur schwerlich in Einklang mit dem Kulturabkommen zu bringen sein. Der Vertrag besagt in Artikel 12: „Die Vertragsparteien werden bemüht sein, sich gegenseitig dabei zu unterstützen, ihren Völkern die Kenntnis der Kulturgüter des anderen Landes zu vermitteln.“

Das Istanbul Lisesi wiederum dementierte, ein Weihnachts-Verbot erlassen zu haben. Das entspreche nicht der Wahrheit, hieß es in einer am Sonntagabend auf der Homepage der Schule veröffentlichten Mitteilung. Allerdings hätten die deutschen Lehrer im Unterricht „vor allem in den letzten Wochen Texte über Weihnachten und das Christentum auf eine Weise behandelt, die nicht im Lehrplan vorgesehen ist“. Sie hätten dabei Aussagen gemacht, „die von außen betrachtet den Weg für Manipulationen freimachen“.

Daraufhin habe die türkische Schulleitung „unverzüglich“ ein Treffen mit der Leitung der deutschen Abteilung einberufen, heiß es weiter. Dabei seien die deutschen Lehrer aufgefordert worden, solche „Gerüchte nicht zu befördern“. Sie seien außerdem aufgefordert worden, im Sinne der „Zusammenarbeit der beiden Länder“ Sensibilität zu zeigen.

Dieser Artikel wurde um 17.12 Uhr aktualisiert.

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