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Deutsche Reiter holen erste MedaillenBerg- und Talfahrt mit Happy End

Am vierten Tag der Wettkämpfe landete das deutsche Reiterteam um Michael Jung auf dem zweiten Platz. Später holte Jung im Einzel noch Gold dazu.

Michael Jung reitet auf Sam der Silbermedaille entgegen Foto: dpa

Startbedingungen: Dienstag. Mittagszeit. Leichtbewölkter Himmel über dem Olympic Equestrian Centre. Die Zuschauertribünen sind gut gefüllt. Optimale Bedingungen für das Teamfinale der Vielseitigkeitsreiter. Für die Sportler gilt es einen 800 Meter langen Parcours mit 12 Hindernissen möglichst fehlerfrei zu überwinden. Vor dem Finaltag liegt die deutsche Equipe auf Rang vier. Wird heute die erste deutsche Medaille nach Hause gesprungen?

Das Finale: Zahlen, Zahlen, Zahlen. Nichts als Zahlen. Einzelwertung, Teamwertung, Dressur, Gelände, Springen. Den Durchblick zu behalten, stellt sich als schwieriges Unterfangen heraus. Zum Glück lenkt der ZDF-Kommentator den Fokus auf die wichtigen Themen: „Das Tier hat keinerlei Mundstück.“ Gut zu wissen.

Nach zwei Stunden kommt es zum Showdown. Nur noch ein Reiter pro Team. Deutschland liegt zwei Fehlerpunkte hinter dem drittplatzierten Team aus Frankreich. Neuseeland und Australien scheinen nahezu uneinholbar in Front.

„Gleich ist es so weit“, orakelt der Sprecher. Ja, wann denn? Italien, Irland, die USA, Kanada, Schweden sind erstmal dran. Beeindruckende Sportler, beeindruckende Tiere. Doch leider ohne Medaillenchancen. Und so reiten sie halt ein bisschen vor sich hin. Das Publikum applaudiert artig. Hat aber auch was Hypnotisches. Trappeltrappel, Sprung, trappeltrappel, Sprung. Das TV-Kaminfeuer des Sports. Trappeltrappel. Auf einmal brandet lauter Applaus auf. Der brasilianische Schlussreiter wird frenetisch von den Zuschauern gefeiert. Ordentlicher Ritt. Zwei kleine Fehler. Keine Chance aufs Podium.

Dann ist es so weit. Auf seinem kastanienbraunen Pferd Sam reitet der deutsche Hoffnungsträger Michael Jung in die Arena. „Es heißt fehlerfrei zu bleiben“, fordert der angespannte Reitexperte am Mikrofon. Als wäre das eine Herausforderung. Tiefenentspannt überspringt das Duo jedes Hindernis. Doch die Hoffnung auf eine Medaille schwindet. Die besser platzierten Franzosen leisten sich auch keine Fehler.

Ergebnis: Frankreich gewinnt Gold! Die Sportler aus Neuseeland und Australien zeigen völlig überraschend Nerven und sammeln Fehlerpunkt um Fehlerpunkt. In der Gesamtwertung fallen sie sogar hinter das deutsche Team zurück, das jetzt ausgelassen jubeln darf. Michael Jung und Co. landen auf dem Silberrang und holen die erste Medaille für die deutschen Olympioniken. „Damit hätte heute Morgen niemand gerechnet!“, frohlockt ein erleichterter ZDF-Kommentator.

Clou des endenden Mittags in Rio: Mit einem coolen Ritt sicherte sich das Pferd Sam unter seinem Reiter Michael Jung die Goldmedaille im Einzel des hippologischen Triathlons. Silber ging an Be d’Neville unter Astier Nicolas (Frankreich), Bronze an Mighty Nice unter Philipp Dutton (USA). Damit zog Deutschland im Medaillenspiegel auch am Kosovo vorbei.

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2 Kommentare

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  • "Zum Glück lenkt der ZDF-Kommentator den Fokus auf die wichtigen Themen: „Das Tier hat keinerlei Mundstück.“ Gut zu wissen." Die Ironie in diesem Satz ist relativ überflüssig, da das durchaus eine wichtige Aussage ist in Zeiten, in denen Pferde als Sportgeräte herhalten müssen und mit immer ausgefalleneren und bisweilen schmerzhaften Zäumungen und Trainingsmethoden zu immer mehr Leistung gezwungen werden, weil es nicht mehr um die Partnerschaft zum Tier, sondern nur noch um die Medaillen geht. Gerade im Spitzensport wird viel zu häufig - um nicht zu sagen fast immer- zu tierquälerischen Methoden gegriffen, die häufig über besagtes "Mundstück" funktionieren...wenn ein Pferd mal also ohne unterwegs ist, verdient das eigentlich viel mehr als so einen kurzen nichtssagenden Kommentar. "Trappeltrappel, Sprung, trappeltrappel, Sprung. Das TV-Kaminfeuer des Sports. Trappeltrappel." Beim Lesen dieses Artikels wird schnell klar, wie uninteressant der Autor Reitsport findet, sonst hätte man sehr viel mehr aus dem Thema rausholen können. Dieses Desinteresse so an die Leser weiterzugeben ist absolut unnötig.

  • Was für ein unglaublich nichtssagender Artikel. Falls mensch noch bestehende Verhältnisse kritisieren darf, hier einmal die Fakten:

    Es ist Fakt, dass viele, der, zu hochleistungssportgeräten gemachten Pferde, ein Leben führen, dass ich meinen eigenen Pferden niemals zumuten würde: 22 Stunden am Tag in Einzelhaltung in der Box - denn auf der Koppel könnte sich die Wertanlage verletzen. Eine glückliche Ausnahme bildet der besagte Michael Jung, doch jeder einzelne andere Reiter aus dem deutschen Team, stand schon wegen dieser Verhältnisse in der Kritik.

    Ausserdem wurde ausnahmslos jeder der Reiter bereits für fragwürdige "Trainingsmethoden" abgemahnt.

    Zusammengefasst haben pferde die mit (nicht auf dopinglisten vorkommenden) Medikamenten vollgepumpt sind und in einem Alter mit dem Training beginnen müssen, in dem sie noch nicht ausgewachsen sind, ein Leben, das von privaten pferdehaltern immer wieder zu Recht kritisiert wird.

    Muss man das jetzt also super finden, dass Sam eine Medaille gewonnen hat? Oder darf man anmerken, dass Pferde keine sportmaschinen sind?