Deutsche Luftwaffe in der Türkei: Linkspartei drängt auf den Abflug
Der Bundeswehrstützpunkt im türkischen Incirlik ist zum Problem geworden. Das ist nicht erst seit dem Putschversuch so.
Die 240 in Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten hatten zuvor ein Wochenende im Ausnahmezustand erlebt: Weil die türkische Regierung nach dem Putschversuch von Freitagabend Flugbeschränkungen ausgerufen hatte, blieben die Bundeswehrflugzeuge am Boden. Die Soldaten durften den Stützpunkt nicht verlassen und sich auch innerhalb des Geländes nicht frei bewegen.
Während der Ausgangssperre führten örtliche Sicherheitskräfte innerhalb der Basis einen Einsatz durch: Sie nahmen General Bekir Ercan Van fest, den türkischen Kommandeur des Stützpunkts. Ihm wird vorgeworfen, den Putsch unterstützt zu haben. Am Montag Nachmittag starteten türkische Strafermittler dann eine Razzia auf dem Gelände, laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu waren zwei leitende Staatsanwälte an der Durchsuchung beteiligt. Die Rückkehr zur Normalität, sie verläuft offenbar wirklich nur langsam.
Seit Anfang Dezember 2015 sind deutsche Soldaten in Incirlik stationiert. Sie nehmen am Kampf gegen den IS in Syrien und dem Irak teil, die Entfernung zur syrischen Grenze beträgt nur etwas mehr als 100 Kilometer. Für den Einsatz ist die Basis also perfekt gelegen. Dennoch bereitet der Stützpunkt dem Verteidigungsministerium Probleme – und das nicht erst seit dem Putschversuch.
„Regierung muss Soldaten abziehen“
Infolge der umstrittenen Armenien-Resolution des Bundestags lehnte die türkische Regierung in den vergangenen Wochen mehrere Besuche aus Deutschland ab. Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe (CDU), Journalisten und Abgeordnete erhielten keine Genehmigungen für Truppenbesuche. Mehrere deutsche Politiker, darunter Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), dachten deshalb schon vor Freitag laut über einen Abzug nach.
In der Linkspartei werden aus diesen Überlegungen nun konkrete Forderungen. „Die Regierung muss die deutschen Soldaten aus Incirlik abziehen“, sagte die Abgeordnete Sevim Dağdelen am Montag angesichts des Putschversuchs und der Gegenmaßnahmen.
Aus den übrigen Fraktionen kommen zurückhaltendere Töne. „Es ist jetzt, angesichts der dramatischen Lage in der Türkei, nicht die Zeit für Aktionismus und überhastete Entscheidungen“, sagte die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger der taz. Es müsse aber gehandelt werden, „wenn die Lage noch weiter eskaliert oder dem Bundestag weiterhin das Besuchsrecht von der türkischen Regierung verweigert wird“. Sollten die Abgeordneten den Stützpunkt weiterhin nicht besuchen dürfen, werde der Bundestag die Stationierung in der Türkei kaum verlängern.
Alternative Jordanien
Ähnlich äußerte sich CSU-Politiker Florian Hahn. „Die ersten Reaktionen der Türkei auf den Putschversuch stimmen uns natürlich nicht unbedingt optimistisch. Wir sollten trotzdem in aller Ruhe abwarten, wie sich die Lage im Land insgesamt entwickelt“, sagte er der taz. Allerdings bezweifelt auch Hahn, dass der Bundestag der Stationierung in der Türkei ohne Besuchserlaubnis erneut zustimmt
Damit wäre der Anti-IS-Einsatz aber nicht automatisch am Ende: Ins Spiel kommt jetzt wieder eine Stationierung in Jordanien. Schon vor Beginn der Aufklärungsmission hatte das Verteidigungsministerium dorthin ein Erkundungskommando geschickt, sich dann aber wegen der besseren Infrastruktur für Incirlik entschieden.
Nach Angaben des Ministeriums bleibt es auch jetzt dabei – allerdings nur „bis auf Weiteres“. Nach einem Treueschwur klingt das nicht.
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