piwik no script img

Deutsche Immobilien werden aufgekauftHype auf hippe Hütten

Euroschwäche und Finanzkrise machen Wohnobjekte in Hamburg, München und Berlin zur gefragten Geldanlage für internationale Investoren. Die Preise steigen schnell.

Beliebt auf dem Immobilenmarkt: Altbau in Berlin. Bild: mathias the dread / photocase.com

HAMBURG taz | In Deutschland wird eine neue Spekulationsblase aufgebaut: Internationale Investoren und Fonds haben Wohn- und Geschäftshäuser als vermeintlich sicheren Hafen für ihre Geldanlagen entdeckt. Schon jede zweite Immobilie, die ihren Eigentümer in Berlin, Hamburg oder München wechselt, wird von ausländischen Anlegern gekauft. Die Folge sind rasant steigende Preise und in absehbarer Zeit höhere Mieten.

Ein Bericht der Bundesbank meldet für 2011 einen Auftrieb bei den Preisen für Wohnimmobilien von 5,5 Prozent, in Ballungsräumen wie Hamburg und München stiegen die Preise für sogenannte Zinshäuser sogar um durchschnittlich 7 Prozent. Zahlen, die auf den ersten Blick unscheinbar erscheinen mögen, Fachleute aber aufschrecken: Immerhin liegt das Preiswachstum damit mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr.

Und würde sich die Entwicklung annähernd fortsetzen, könnten die Immobilienpreise bis 2017 um mehr als ein Drittel zulegen. Ein Trend, der dem in den Vereinigten Staaten entspricht, bevor dort im Sommer 2007 die Spekulationsblase platzte, um eine weltweite Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrise auszulösen, aus der sich auch die Staatsschuldenkrise in der Eurozone entwickelte.

Hierzulande hatten die Immobilienpreise jahrzehntelang vor sich hin gedümpelt. Erst im vergangenen Jahr kehrte sich dieser Trend um. Vor allem der wackelnde Euro, die hohen Staatsschulden der USA und das billige Geld von der Europäischen Zentralbank befeuern die Immobilien-Hochkonjunktur hierzulande. Von einer „Flucht in die Sachwerte“ spricht Werner Rohmert, Herausgeber des Fachinformationsdienstes Der Immobilienbrief: „Das Lemminge-Gen treibt die Herde nach Deutschland“.

Schnäppchenmarkt Hauptstadt

Von einem „nie gekannten Boom“ berichtete Experte Rainer Zitelmann auf einer Fachtagung über den Verkauf von Zinshäusern an ausländische Investoren. Mit Zinshäusern sind Mehrfamilienhäuser gemeint. Von drei Bundesbürgern wohnen zwei zur Miete. Die Hauptstadt gilt im internationalen Vergleich noch als Schnäppchenmarkt: Der durchschnittliche Preis für eine 80-Quadratmeter-Eigentumswohnung beträgt 110.000 Euro – in Oslo zahlen Investoren 360.000, in London rund 500.000 Euro.

Die relativ niedrigen Preise in Berlin, aber auch in anderen, teureren deutschen Großstädten locken große institutionelle Investoren und vermögende Privatanleger, aber auch Steuerflüchtige aus Griechenland und Italien oder Russen, die ihren neuen Reichtum vor und nach der Präsidentenwahl Putins lieber auf Nummer sicher bringen.

In Süddeutschland sind es oft Österreicher, die ihre Extragewinne aus den mittel- und osteuropäischen „Transformationsländern“ in Immobilien inflationssicher bunkern. Auch große institutionelle Investoren und vermögende Privatanleger aus Indien und China spielen eine immer größere Rolle als Käufer. Über die Hälfte der Wohnungs- und Hausverkäufe in der Hauptstadt gehen mittlerweile an ausländische Anleger.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • MS
    Matthias Schorr

    Der deutsche Immobilienmarkt hat sich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in den letzten 20 Jahren sehr schlecht entwickelt. Es ist also völlig normal, dass sich das Niveau in den nächsten Jahren wieder mehr angleicht.

    Das gilt insbesondere für Berlin, wo auch im Vergleich zu westdeutschen Großstädten immer noch Schnäppchenpreise winken.

    Die Mieten werden sich dementsprechend anpassen. Das kann die Politik nicht verändern, sondern im besten Falle sozial abfedern (Wohngeld).

    Kein Anlass, um zu dramatisieren. Eine Blase ist auch nicht in Ansätzen zu sehen.

  • J
    joe

    Wo ist das Problem? Wenn es ausländische Anleger sind, die eine Blase produzieren und im Endeffekt Geld verlieren ist das für uns erst einmal Wumpe bzw. sogar gut, wenn man eine Immobilie hat und verkaufen möchte. Selbst wenn die Deutschen auf den Boom einsteigen wird es erst dann zum Problem, sobald sie das im großen Stil auf Kredit tun.

  • F
    flopserver

    Wenn Gauk also in seiner Antrittsrede sagte: >>es ist unser Land, in dem wir Verantwortung übernehmen, wie es auch unser Land ist, wenn wir die Verantwortung scheuen. ... Es ist der Mühe wert, es unseren Kindern so anzuvertrauen, dass auch sie zu diesem Land 'unser Land' sagen können.

  • T
    troubadur

    Er hat uns alles gegeben.

    Sonne und Wind und er geizte nie.

    Wo er war, war das Leben.

    Was wir sind, sind wir durch ihn.

    Er hat uns niemals verlassen.

    Fror auch die Welt, uns war warm.

    Uns schützt der Vater der Kassen.

    Uns trägt sein mächtiger Arm.

     

    Ja der Markt, ja der Markt

    hat immer recht,

    Investoren, es bleibe dabei:

    Denn wer kämpft für das Recht,

    Der hat immer recht.

    Gegen Neid und Gleichmacherei.

    Wer die Wirtschaft beleidigt,

    Ist dumm oder schlecht.

    Wer die Wirtschaft verteidigt,

    Hat immer recht.

    So, aus Hayek'schem Quark,

    Wächst, von Mises gestärkt,

    Ja der Markt, ja der Markt, ja der Markt.

  • H
    Hauser

    Vielleicht sollte man hier auch erwähnen, dass der "Experte" Rainer Zitelmann Chef einer auf Immobilien spezialisierten PR-Agentur ist. Von einer goldenen Zukunft von Immobilien hat er schon immer gesprochen - und dies diesmal offenbar auch erfolgreich in der taz untergebracht.