Immobiliensituation in Deutschland: Nur teuer, aber nicht gefährlich
Trotz steigender Preise in Ballungsräumen sehen amtliche Gutachter nicht das Risiko einer Immobilienblase. Dennoch gibt es im regionalen Vergleich gewaltige Unterschiede.
BERLIN taz | Der Markt der Kaufimmobilien in Deutschland ist stabil und gekennzeichnet von wachsenden Umsätzen bei leicht steigenden Preisen. Allerdings gibt es in einigen Ballungsgebieten starke Preissprünge, was zu einem teilweise überhitzten Markt führt. Eine Immobilienblase zeichne sich aber nicht ab, so das Fazit des Immobilienmarktberichts 2011 der amtlichen Gutachterausschüsse, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.
Mit dem Baugesetzbuch von 1960 wurden Gutachterausschüsse als unabhängige Institutionen geschaffen, die für Transparenz auf den Grundstücksmärkten sorgen sollen. Die Analysen der regionalen Ausschüsse erfolgen auf der Grundlage aller notariell beurkundeten Kaufverträge über Immobilien – die Notare sind verpflichtet, sie zu melden. Der Deutschlandbericht ist die Kombination der lokalen und Bundesländerberichte der Gutachterausschüsse.
Immobilienblasen können verheerende Folgen haben: So stürzte Spanien aufgrund einer platzenden Immobilienblase in eine tiefe Rezession, die letztlich den Euro gefährden kann. Das Platzen der Immobilienblase in den USA führte zur globalen Finanz- und Bankenkrise, die milliardenschwere Rettungspakete der Staaten auslöste.
Beispiel der boomende Großstadt
„Eine Immobilienblase in Deutschland ist nicht zu erkennen“, sagte Reinhard Krumbholz, Mitverfasser des Berichtes. Von einer Blase könne man nur sprechen, wenn massenhaft Immobilienkäufer eine Kaufentscheidung träfen, die von der Marktsituation – etwa Kaufpreis, Mietenentwicklung und Nachfrage – nicht getragen würden und irgendwann die Refinanzierung platze.
Ein Beispiel: Wenn der Käufer eines Miethauses in einer boomenden Großstadt einen hohen Kaufpreis zahlt und ihn durch steigende Mieten wieder einnimmt, dann verursacht er keine Blase, sondern profitiert von hohen Mieten. Volkswirtschaftlich problematisch würde es, wenn viele Käufer stark überhöhte Preise zahlen würden, die sich nicht durch künftige Einnahmen decken lassen – und dann in die Pleite gehen.
Günstiger Osten
Krumbholz: „Davon sind wir in Deutschland weit entfernt.“ Gleichwohl gebe es immer einige Verrückte. Auf dem Wohnimmobilienmarkt in Deutschland gibt es regional gewaltige Unterschiede, abhängig von der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung der Städte und Gemeinden.
Vergleichsweise viel Geld müssen Käufer oder auch Mieter in stark nachgefragten Ballungszentren wie Hamburg, Köln/Düsseldorf, Frankfurt/Main, Stuttgart und München hinlegen, auch Potsdam und die Berliner Innenstadt werden immer teurer. Deutlich günstiger ist das Wohnen in schrumpfenden Regionen in Ostdeutschland, aber auch in Teilen Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens, Nordhessens oder Nordbayerns.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben