Deutsche Franz-Beckenbauer-Verehrung: Kaisergedenken mit Fisch und Fleischfabrikant
Zum Todestag von Franz Beckenbauer läuft die Verehrungsmaschinerie wieder auf Hochtouren. Dazu gibt es Schambekenntnisse für vergangene Kritik.
E s beckenbauert gewaltig in diesen Tagen. Ein Jahr nach dem Tod des größten deutschen Fußballmenschen wird weiter nach Kräften am Denkmal für den sogenannten Kaiser gebaut. Im TV auf Arte wird gerade eine dreiteilige Doku präsentiert, die ganz unironisch „Der letzte Kaiser“ heißt. Das ist immerhin nicht ganz so staatstragend wie die Podcast-Serie der ARD, die vor einem Jahr mit dem Titel „Der letzte Kaiser von Deutschland“ unter die Untertanen des Fußballimperators gebracht wurde.
Doch da ist noch viel mehr. Der FC Bayern hat beschlossen, die Trikotnummer 5, mit der Beckenbauer als Libero zu Weltruhm kam, nicht mehr zu vergeben. Der Platz zu Füßen des Münchner Müllbergs, auf dem die Arena des Rekordmeisters steht, hat einen neuen Namen und das Stadion nun die Adresse Franz-Beckenbauer-Platz 5. Und wer das Spiel zwischen dem Pokalsieger und dem Deutschen Meister gewinnt, darf künftig den Franz-Beckenbauer-Supercup in die Höhe strecken. Das findet Berti Vogts, der unter Beckenbauer 1974 Weltmeister geworden war und den Weltmeisterteamchef von 1990 als Nationaltrainer zu beerben hatte, beinahe schon unwürdig. Er hätte sich eine Benennung des DFB-Pokals nach Beckenbauer gewünscht. Nicht dass dessen Name in Vergessenheit gerät.
Dass dies wirklich geschehen könnte, ist rund um den ersten Todestag Beckenbauers ausgesprochen unwahrscheinlich. Die Münchner Lokalpresse meldet jedenfalls, dass Beckenbauers Tochter Francesca genau ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters mit einem neuen Mann an ihrer Seite strahlte – und das nicht irgendwo. Es war in Kitzbühel beim traditionellen Karpfenessen, bei dem sich einst auch Beckenbauer so gerne ein Stückchen Fisch in den Mund geschoben hatte. Wie schön!
Beckenbauers Sohn Joel war auch in Begleitung da. Aber die hat er ja schon länger an seiner Seite. Auch Fleischmogul Clemens Tönnies war bei dem Fischessen zugegen, das – wie Fachmedien berichten – beinahe schon eine Gedenkveranstaltung für den Kaiser gewesen sei.
Kaiser-Kritik erlaubt?
Eine Portion schlechten Gewissens schwingt bei beinahe allen Erinnerungsevents und -publikationen mit. Ist die Fußballnation zu hart mit Franz Beckenbauer ins Gericht gegangen, war es wirklich berechtigt, ihn dafür zu kritisieren, dass Zahlungen im Kontext der WM-Vergabe 2006 über sein Konto an ein Gerüstbauunternehmen in Katar geflossen sind?
Matthias Sammer, der für den ARD-Podcast – oder war es für die TV-Dokumentation oder gar für beides? – erzählte, wie er in einer Ferienanlage an der Ostsee den 1:0-Erfolg der DDR-Auswahl über die BRD bei der WM 1974 verfolgt habe, ist die Antwort klar. „Ich finde es unwürdig und schäme mich ein Stück weit dafür, was wir, dieses ganze Land und unsere Medien, ihm angetan haben. Deutschland hat ihm gegenüber versagt“, sagte er dem News-Portal t-online.
Für Sammer jedenfalls bleibt Beckenbauer ein Vorbild. Und die WM-Vergabe? „Man mag es als eine gewisse Art von ‚Korruption‘ betrachten, wenn du in einem solchen System Stimmen von Menschen brauchst, um ein Turnier zu bekommen.“ Schon ist der Sockel mit dem Kaiser-Denkmal wieder ein Stück höher geworden. Es wird wohl weiter wachsen.
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