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Deutsche Filme bei der BerlinaleLiebe ist Sache der Algorithmen

Roboter im Plattenbau, Verzweiflung in Berlin 1931 und ein Nachbarschaftszwist: Davon erzählen drei deutsche Spielfilme im Berlinale-Wettbewerb.

Peter Kurth und Daniel Brühl in „Nebenan“ Foto: Berlinale/Rainer Bajo

Noch ist einiges an Fremdeln im Spiel. Die Berlinale am Bildschirm hat begonnen, und bisher hat sich nicht das Gefühl eingestellt, auf einem Filmfestival zu sein. Auch wenn für viele Filmkritiker der Alltag nicht erst seit der Pandemie längst davon bestimmt wird, dass man Filme zu Hause als Stream und nur selten im Kino sieht, bedeutet dies keinesfalls, dass man für ein Festival diese „normalen“ Bedingungen fraglos übernehmen möchte. Nach dem ersten offiziell gestreamten Wettbewerbsfilm überwiegt daher erst einmal der Eindruck der Simulation eines Festivals.

Wobei die Simulation zu Maria Schraders deutschem Wettbewerbsbeitrag zumindest inhaltlich passt. In ihrer Komödie „Ich bin dein Mensch“ nimmt die Anthropologin Alma (Maren Eggers) an nichts Geringerem als einem Menschenversuch teil: Sie lässt sich zur Begutachtung einen Humanoiden mit nach Hause geben, der so programmiert ist, dass er sie maximal glücklich macht. Ein virtueller Partner, bei dem sie am Ende darüber urteilen muss, ob man diesen wie Menschen Rechte zugestehen sollte.

In vorwiegend klinisch steriler Umgebung in Berlin gefilmt – einem Plattenbauhochhaus am Alexanderplatz, wo Alma wohnt, dem neu gebauten, passend benannten Forschungszentrum Futurium am Hauptbahnhof, wo sie arbeitet –, wirkt die Kulisse selbst wie eine Welt aus dem Computer. Bloß wenn sie ihren dementen Vater in seinem verwohnten Haus am Stadtrand besucht, sehen die Dinge nicht so künstlich kalt aus.

Aufweichung der Ablehnung

Die Grenze zwischen real und simuliert beginnt sich für Alma zu verschieben, sobald sie „Tom“ (Dan Stevens) zu sich nimmt. Anfangs quartiert sie ihn in einer Rumpelkammer ein, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Als Partner möchte sie ihn nicht behandeln. Doch die Ablehnung, von Maren Eggers wunderbar mit konsternierter Reserviertheit gespielt, weicht allmählich etwas anderem.

Die Frage, die der Film stellt, ist denn auch weniger, ob Roboter Gefühle entwickeln können, sondern ob Menschen echte Gefühle für Maschinen haben können. Und wenn so ein Humanoid es schafft, auf interessierte Art vollkommen ausdruckslos zu gucken wie Dan Stevens, ist es vermutlich schwierig, das unerwidert zu lassen. Ein abgründig witziger Kommentar zum heutigen Leben inmitten von Algorithmen.

Ernster hingegen der Auftritt von Dominik Graf im Wettbewerb mit seiner Verfilmung von Erich Kästners Klassiker „Fabian“. Der Roman, der im Untertitel früher sachlich „Die Geschichte eines Moralisten“ hieß, hat in Neuauflagen inzwischen den ursprünglich von Kästner vorgesehenen Titel „Der Gang vor die Hunde“, den Graf mit aufnimmt.

Tom Schilling gibt den tragischen Helden Jakob Fabian, der im Berlin des Jahres 1931 zunächst abgeklärt ausschweifend lebt, dann, unter den Vorzeichen des aufziehenden Nationalsozialismus, mehr und mehr an seinen Mitmenschen verzweifelt. Graf verpasst seinem Historienfilm zu Beginn ein ruppig-wüstes, von wilden Schnitten zerzaustes Aussehen, lenkt seine Geschichte jedoch bald in konventionell ruhige Bahnen. Die zeitliche Geschlossenheit bricht er auf, wenn ein Kameraschwenk auf Stolpersteine zu den Füßen der Schauspieler die Folgen des Zivilisationsbruchs anmahnt, die der Film selbst ankündigt. Vergleiche zur heutigen Lage braucht Graf keine weiteren zu ziehen.

Gegen diese Konkurrenz hat es „Nebenan“, das Regiedebüt des Schauspielers Daniel Brühl, schon schwieriger. Ganz Kammerspiel, ganz auf das Duell zwischen den von Brühl selbst und Peter Kurth gegebenen Hauptfiguren konzentriert, ist diese von Daniel Kehlmann geschriebene Abrechnung mit den Gentrifizierern Berlins – Brühl spielt eine Version seiner selbst, Kurth einen frustrierten DDR-Verlierer – zwar brillant gespielt, zugleich aber ein wenig selbstverliebt.

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3 Kommentare

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  • Jutes Bild.



    Jute Schauspieler. Ich tendiere zu Peter Kurth.



    de.wikipedia.org/w...rth_(Schauspieler)



    ...Das Verdrängen der Alten, der Alteingesessenen, der Ur-Berliner durch die Neuen, die Reichen. Der Fahrstuhl ist exklusiv für die exklusive Dachgeschosswohnung, der Rest des Hauses aber trägt das klassische Braun-Grau eines unsanierten Mietshauses in Prenzlauer Berg...



    ...... Abstecher in die Eckkneipe "Zur Brust", einen jener Urberliner Orte, die – noch – gegen die Gentrifizierung erfolgreich kämpfen. Die Wirtin (wunderbar beobachtend Rike Eckermann), zapft morgens schon Bier. Eine verlorene Gestalt am Tisch, einer am Tresen. Hier läuft noch Schlagermusik von der guten alten Kassette, hier gibt es Sülze mit Gürkchen, hier ist die Ostberliner Welt noch in Ordnung. ...

    Das Bild hat's mir angetan.

    Wenn das keine Kulisse ist, wo is det in Echt? Det ufert jetzt etwas aus aba interessant!



    ost.berlin/blog/da...on-prenzlauer-berg



    www.tagesspiegel.d...gitti/7901080.html



    Das war jetzt das Freudsche.



    Das Wiener Caffe,Schusterjunge, Hackepeter, Helmi klar und det Schliemann-Café, eigentlich „Seifen und Kosmetik“, damals Schliemannstraße 21.



    Falls hier noch einer dabei ist auch interessant:



    „Wenn du unten bist, tauchst du ab“



    www.spiegel.de/spi...nt/d-14022228.html

    Scheiße,bin ick alt!

    .

    • @Ringelnatz1:

      Wat denn! Wat denn - Männeken!



      Soll icke sammeln jehn - Alter? - 😂 -

      Als icke - noch unter Adolf - Gusche in die Kälte am Mühlweg gab & wie!!! - 😱 -



      War Hera die Göttermutter



      Etwa so alt wie icke jetzt.



      Machte die paar 98 Stücker Vieh



      &



      Der rolling stone stand gut im Futter!



      & SIE - wieder wieder & wieder =>



      Teufelte mit Partitur auf Karajani nieder



      Kommentierte “Willst du Kommunist werden?“ meinen Bart - wenig zart 😂 -



      “Mann & Vater sojet im Gesicht“ - zählte nicht!



      & Däh!



      Demolierte mitte 80 zackoflex nen Auto noch & kegelte gut 90 die Treppe runter doch.



      &!



      Legte insgesamt noch fast 27 drauf!



      Sagte allseits Ade & däh - wachte eines morgens nicht mehr auf.

      kurz - Alter Schwede - alt - irgendwann



      Isses halt - Schonn soweit!



      Aber “Schlafen - könnt ihr -



      Wenner tot seid!“*

      unterm———*



      Avanti Dilettanti - OJHS Köln Band!



      “Kannste einen Ton - biste dabei!“- 🥳 -

      • @Lowandorder:

        Dit baut auf, baut auf



        Der Halle(Saale!)kölner baut auf.

        Wenn wir schreiben Seit an Seit und dem Alter zugewand



        Mann und Weib und Weib und Mann



        Sind nicht Wasser mehr und Feuer.



        Um die Leiber legt ein neuer



        Frieden sich, wir blicken freier



        Wann wir schreiten Seit an Seit



        Und OJHS Lieder singen



        fühlen wir es kann gelingen.

        -----------

        Sind wir nostalgisch angehaucht



        hören wir Fleetwood Mac auch:



        "Everywhere"



        www.youtube.com/watch?v=gsFC51W0PX8



        (Dit war jetzt Gedichtig nicht das Größte aber platziert;-))