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Deutsche Bürger subventionieren AutosDie Gesellschaft zahlt's

Jedes Auto wird mit rund 2.000 Euro im Jahr von der deutschen Gesellschaft subventioniert. Realistischere Preise sollen die Kosten gerechter verteilen.

Autofahrer sind die Melkschweine der Nation... Bild: dapd

BERLIN taz | Autofahrer jammern gern über zu hohe Abgaben. Doch laut einer Studie der Technischen Universität Dresden sind diese noch viel zu niedrig: Externe Kosten des Autofahrens – also Kosten, die die Gesellschaft übernimmt – flössen nicht stark genug in die Preise ein. In der EU subventioniert die Gesellschaft demnach jedes Auto jährlich mit 1.600 Euro, in Deutschland sogar mit rund 2.000 Euro.

„Immer wieder wird behauptet, der Autoverkehr sei die Melkkuh der EU. Die Studie zeigt, dass das völlig an der Realität vorbeigeht“, sagte Michael Cramer, Europa-Abgeordneter der Grünen, kürzlich bei der Vorstellung der Untersuchung. Verschiedene externe Kosten fallen an: So müssen bei Unfällen Einsatzkräfte bezahlt und Arbeitsausfälle kompensiert werden. Auch Gesundheitskosten wegen Luftverschmutzungen und langfristige Kosten des Klimawandels zählen dazu. Für all dies zahlen bisher die Autofahrer teils nicht selbst, sondern die Gesellschaft insgesamt, etwa über Steuern, die für das Gesundheitswesen verwendet werden.

Die Studie ergab: Unfälle und der Klimawandel tragen mit 41 und 37 Prozent am meisten zu den Gesamtkosten bei. Ihre Einberechnung soll die Verkehrsnutzung für die Gesellschaft effizienter machen: „Dann würde man sich jeweils genau überlegen, wann man das Auto nimmt und wann ein anderes Verkehrsmittel die bessere Wahl ist“, so Cramer.

Organisationen wie der Allgemeine Deutsche Auto-Club (ADAC) kritisieren die Ungenauigkeit solcher Ansätze: „Da eine Preisfestsetzung bei den meisten externen Effekten nicht nach objektiven Wertmaßstäben erfolgen kann, sollte auf eine monetäre Anlastung verzichtet werden“, heißt es in einem Positionspapier. Zu Deutsch: Da etwa Klimawandelkosten nur schätzbar sind, sollten Autofahrer nicht dafür zahlen. Studienautor Udo Becker hält dagegen: Eine komplette Einberechnung sei zwar wegen der ungenauen Berechnung nicht möglich, aber es sei „absolut notwendig, weniger ungenaue Preise zu erreichen“.

Laut EU-Kommission sollen externe Faktoren bis 2016 „komplett und zwingend“ in Verkehrspreise integriert werden, bis 2014 sollen Gesetzesvorschläge her. „Nun müssen konkrete Schritte folgen“, sagt Cramer. Er fordert, die Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auszuweiten und zu prüfen, ob für Pkw eine Erhöhung der Mineralölsteuer oder eine Maut samt Infrastruktur effektiver sei.

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22 Kommentare

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  • AO
    autofrei oder Tod

    Autofahren sollte grundsätzlich verboten werden.

  • J
    Joseph

    Nun habe ich wieder den Kommentar mit der armen Landbevölkerung gelesen, die ohne Auto nicht leben kann. Dann ziehen Sie doch in die Stadt! Dort zahlen Sie höhere Mieten, müssen mit mehr Lärm, Stress und Luftverschmutzung leben. Diese Unannehmlichkeiten werden auch von der Landbevölkerung, die dort arbeitet und einkauft, in die Städte gebracht. Warum soll ein Großverdiener, der in der Großstadt Geld erwirtschaftet, auch noch das Auto subventioniert bekommen, das ihn zu seinem günstigen Wohnsitz auf dem Land bringt?

  • D
    dauermecker

    Es gibt ja richtig teuere Karren, die z.B. mit Alu-Karosserie und so weiter protzen: Bei dem gigantischen Energieverbrauch für eine Tonne Alu spart sich der Hersteller ein sattes Sümmchen dank Vorzugsrabatten im Energiegesetz durch die Herren Rösler, Altmaier und Frau Merkel.

    Ist das berücksichtigt?

    Und die Tatsache, dass Autos meist kostenfrei auf der Straße rumstehen (übrigens mehr als 90% eines Autolebens "spielen" sich auf Parkplätzen ab!) sind auch eine satte Subvention.

    Was könnte Berlin einnehmen, wenn für jedes Auto eine "Jahresparkplatzplakette" gefordert würde?

    Das wäre ein hübsches Sümmchen. aber bitte nicht gleich für Schloss, Flughafen und Staatsoper wieder rausschmeißen, sondern für Radwege, Schulen usw.

  • M
    Mehr

    Subvention, je teurer das Auto.

     

    Fette SUVS (99,5% Firmenwagen, die voll steuerlich geltend gemacht werden und 10 Liter aufwärts verbrauchen, auch mal 20 Liter) sind um ein Mehrfaches teurer für den Steuerzahler als der Panda mit 6 L Verbrauch.

    Auch in der Umweltschädlichkeit der Produktion.

     

    Da könnte man z.B. mal ansetzen mit einem Storno der Firmenwagensubventionierung und einer Luxussteuer von 100% für Neu-PKW und mit Verbräuchen über 5l, 200% über 10 l, bei echter Verbrauchsmessung statt dem Blödsinn EU-Mix.

     

    Träume, ich weiß.

     

    Aber nein, das beschränkt ja die Freiheit.

     

    Komischerweise geht es dann immer um die Freiheit der konsumorientierten Ignoranten.

     

    Wenn es um die Freiheit geht, sich zu nehmen, was man braucht, wird dann aber sofort nach dem Staat geschrien.

  • MN
    Mein Name ist Legion

    wohl werden die Studienersteller auch die Märchensteuer beim Verkauf der neuen Bürgerdose berücksichtigt haben (und bei der Instandhaltung der alten). Aber ob sie den Wertverlust so einer Kalesche, der in den ersten Jahren am größten ist, eingepreist haben? Wohl indirekt als Abschreibung, sprich als Minderung der Steuereinnahmen auf Einkünfte genauso wie die Steuerausfälle auf berufsbedingt abgesetzte Fahrtaufwendungen.

  • N
    newimhotep

    Aus der Selbstdarstellung von Herrn Cramer MdEP aus seiner HP:

    "Ich heiße Michael Cramer und bin seit 1979 ohne Auto mobil."

     

    Autor der Studie ist übrigens ein Prof. Dr. Udo Becker, TU-Berlin, Verkehrsökologe, auch mal für die Grüne Liga tätig und einziger Inhaber eines solchen Lehrstuhls in Deutschland.

     

    Liebe TAZ: Die Studie ist ungefähr so objetiv, wie eine von Tepco in Auftrag gegebene Studie über die Sicherheit japanischer Atomkraftwerke!

  • T
    Theilemann

    Wer in unserer modernen Gesellschaft fährt denn kein Auto? Ich dachte wir sind eine Gesellschaft der Autofahrer? Also zahlen wir auch für die Folgekosten.

    Es zahlen doch eh nur die die auch verdienen, das sind wahrscheinlich auch die die Verkehrsmittel nutzen. Fahre ich weniger, werde ich auch nicht weniger zur Kasse gebeten. Auf jedem anderem Gebiet hieße das Solidargemeinschaft. Letztlich erwirtschaften wir neben all den Schäden auch den (hoffentlich) überwiegenden Nutzen.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Man sollte dem deutschen Spießer das Autofahren komplett untersagen.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • AN
    Ano Nym

    Gibt es eine solche Studie auch zum Betrieb von stinkenden Feinstaubschleudern (Pelletheizungen, Kaminöfen)?

  • K
    koenich

    Auch hierzu habe ich meinen Senf dazuzugeben.

     

    Mag alles richtig sein im Artikel.

    Bloß wo fangen wir an?

    Wenn wir noch dem letzten Bürger den Individualverkehr vermiesen kommen wir auch nicht weiter.

     

    Wie sieht es zum Beispiel mit der Landbevölkerung aus?

    Auf dem Dorf ist man heutzutage ohne Auto am Ar...h.

    Keine Einkaufsmöglichkeiten, kein Arbeitsplatz, kein Arzt und so weiter.

    Ein Bus fährt auch nur 3 mal am tag und wenn meisten nicht passend zu den Terminen die man so hat.

    Wenn der letzte Bus verpasst wird steht man da in der nächsten Kleinstadt und kann sehen wie man nach Hause kommt.

     

    Und wenn jetzt schon vorgerechnet wird das man ja für Umweltverschmutzung und Rettungsdienst etc. bezahlen muss würde ich doch gern wissen ob nicht vielleicht auch Diskobesuche höher besteuert werden sollten da man sich da ja das Gehör schädigt.

     

    Aber macht ruhig das Autofahren noch teurer damit die Ölvorräte länger für die "Eliten" und die Wirtschaft verfügbar sind. Ich wette ja das der letzte Liter Sprit durch ein Kampfflugzeug oder einen Panzer verbraucht wird auf dieser Welt.

     

    Sinnvoll wäre es wie gesagt schon die Kosten gerechter zu verteilen. Aber dann bitte auch für ALLES und sich nicht immer nur Autofahrer rauspicken.

     

    Viele können einfach nicht anders als ein KFZ zu benutzen.

  • R
    runzbart

    externe einnahmen durchs auto? was soll das sein, dass es in der stadt einen als nebel anmutenden romantischen smog gibt?

    oder die für autos errichteten asphaltbauwerke, die sich malerisch ins landschaftsbild einfügen und ein sonores brummen verbreiten?

    was soll die gesellschaft positives davon haben, wenn hinz und kunz sich selbst für so wichtig halten, jederzeit und überall das auto benutzen zu müssen?

  • BG
    Bernd G.

    Wenn man die Fantastilionen an Klimaschäden, die uns erwarten, einrechnet kommt man natürlich zu so einer Erkenntnis!

    Man könnte auch gleich die Schäden einrechnen, die sich ergeben könnten falls unsere Autos zu Transformern werden und einen intergalaktischen Kampf auf der Erde austragen. Was das kosten würde!

  • MD
    Martin D.

    was sind denn externe einnahmen? etwa die entlastung der rentenkasse, wenn ein radler überfahren wird?

  • AH
    Aus Haching

    Eine Frage: Ist der volkswirtschaftliche Nutzen durch Mobilität eingepreist? Also wenn z.B. Supermärkte beliefert werden, Arbeitnehmer zum Arbeitsplatz kommen, der Rettungswagen auf der Straße fährt usw.

     

    Und was ist mit den Steuern, die aus der wirtschaftlichen Aktivität mit Kraftfahrzeugen erzielt werden? Also VW, BMW und Co., plus zehntausende Tankstellen, Werkstätten usw. Das macht wahrscheinlich mehr als 10 % der ganzen Volkswirtschaft aus - alles ohne Nutzen?

     

    Eine moderne Volkswirtschaft ohne leistungsfähiges Transportnetzwerk ist undenkbar. Wie kann man so tun, als würde Kraftverkehr nur Kosten, aber keinen Nutzen stiften?

  • AN
    Auspuff nach Innen

    In Ballungsgebieten wie die Yuppie-Hochburg Berlin Friedrichshain stimmt das natürlich nicht, denn dort sterben die Menschen aufgrund der Abgase 10 Jahre früher, sparen also.

  • AM
    Aloise Michel

    Man kann ja noch nicht mal als Organspender verlangen, daß Autofahrer von der Organspende ausgenommen werden, schliesslich sind die selber Schuld, wenn was passiert, müssen ja nicht fahren.

  • S
    Spaggobert

    Ich fordere weniger Krankenkassenbeiträge für Nutzer des ÖPNV und von Fahrrädern - das wäre ein positiver Anreiz, um auf die rollenden Zeitbomben zu verzichten!

  • R
    roy

    Also solche Schamanenstudien, die man in jede beliebige Richtung drücken kann, kann man sich wirklich sparen, zumal der Studienautor Udo Becker wohl auch für die Grüne Liga arbeitet. Und wie es so schön heist, dessen Brot ich esse ...

    Interessant würde es erst werden, wenn der ADAC auch zu diesem Ergebnis käme.

     

    Und wenn inflationäre Worte wie gerecht oder fair als Argumente herhalten müssen, sollten gleich die roten Lampen angehen.

  • A
    auslaufmodell

    Der Menschheit ist doch nicht zu helfen . Der bekloppte Individualverkehr wird weitergehen , bis der letzte Rest fossiler Energie aus dem Planeten rausgesogen wurde ,... und wohl dann noch nicht aufhören . Allein schon der Berufsverkehr per PKW . Man stelle sich doch mal zB an die Autobahn Köln-Oberhausen und frage sich , für wie viele der Pendler wohl in der Region ihres jeweiligen Wohnsitzes gleichartige Arbeitsplätze vorhanden sind wie diese an ihrem berufsbedingten Zielort . Falls es dazu überhaupt eine statistische Erhebung gibt , dürfte es kaum verwundern , wenn die irgendwo in der Ablage verschwunden ist : systemschädlich für die Arbeitsplätze in der Autoindustrie , also schädlich für "das Ganze" .

    Oder : einfach bekloppt .

  • R
    reblek

    Bildunterschrift: "Autofahrer sind die Melkschweine der Nation..." -Soll witzig sein, oder? Deshalb steht im Text auch "Melkkuh".

  • F
    Fuhriello

    Externe Kosten sind ein Ideologiebegriff der jeweils von den Interessengruppen der Verkehrsmittelbetreiber benutzt wird, der aber selten stimmt: 1.Beispiel: U- Bahn Bau ist nach dem Krieg führen die teuerste Möglichkeit Steuergelder auszugeben. Wir alle in der Großstadt profitieren aber davon. Die "externen Kosten" dafür zahlen unsere Urenkel, so wie wir diese Kosten seit Baron Haussmanns Idee abzahlen. Beispiel Fahrrad: Die Kosten, die durch selbstverschuldete Alkoholunfälle oder Kampfradler in Deutschland über die Unfall+ Krankenversicherung von der Versichertengemeinschaft getragen werden, der Verlust an Lebensgefühl, den ältere Menschen wie ich beim Flanieren durch Radfahrerinnen und Radfahrer auf dem Bürgersteig erleiden, stehen in keiner Statistik. Die externen Kosten des Autofahrens sind bekannt. Doch wer will ernsthaft auf den motorbetriebenen Rettungswagen nach einem Sturz vom Baum auf dem ökologischen Bauernhof oder beim Herzinfarkt verzichten. Die internen Kosten für Mobilität reichen eigentlich aus um zu kapieren dass in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, Wohnen und Arbeiten und Pendeln dazwischen das eigentliche Problem, Ballung und Stau eine Folge der Zeitstrukturen von Organisationen ist und das eigene kleine Häuschen in der Vorstadt durch Eigenheimförderung, mehrere Wohnsitze und der Wunsch nach heute bestellt, heute geliefert und morgen zurückgeschicken jedes Infrastruktursystem an die Wand - und den Stau bringt. Immer mehr Verkehr ist eine normale Folge von first World Wohlstand.Diese Rechnung will im Bürgerkrieg der teilweise Seßhaften gegen die teilweise mobilenSeßhaften keiner aufmachen. Und auch kein Journalist traut sich hier mal zu die eigene Leserschaft mit ihrem bigotten Denken durch die Ergebnisse verkehrssoziologischer Forschung zu kritisieren. Die Gesellschafts zahlts- aber sie nutzt auch die automobile Technik und die Abstimmung per Kauf- oder Leasing Vertrag sieht seit 50 Jahren immer gleich aus, der Strang des Individualverkehrs eben dick und die Versorgung der Bevölkerung außerhalb der Metropolen mit öffentlichen Mobilitätsangeboten. Dünn.

  • S
    super

    Sind den auch externe Einnahmen durch das Auto eingerechnet, oder doch blos wieder KFZ- und Mineralölsteuer?