Deutsche Beziehungen zu Nordafrika: Algerische Panzertechniker dürfen rein
Abschiebungen stocken, Minister drohen mit Geldentzug. Dabei sind Wirtschaftsbeziehungen mit Algerien und Marokko für Deutschland wichtig.
Seit Silvester sind Nordafrikaner in Deutschland nicht mehr willkommen. Politiker empören sich über „unkooperative Herkunftsländer“. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hart, erklärte: „Algerien und Marokko haben wie alle Staaten selbstverständlich die Pflicht, eigene Staatsbürger wieder aufzunehmen.“ Es müsse „ein Zurückfahren der Hilfe“ diskutiert werden.
Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) tönte: „Es kann nicht sein, dass man die Entwicklungshilfe nimmt, aber die eigenen Bürger nicht.“ Deutschland sei nur dann bereit, in diesen Ländern zu helfen, wenn diese ihre Bürger wieder einreisen ließen.
Mit „Hilfe“ haben die deutschen Beziehungen zu Nordafrika wenig zu tun. Erst vor zehn Monaten unterschrieb Gabriel in Berlin mit einem algerischen Minister die Gründung einer deutsch-algerischen Energiepartnerschaft. Algerien sei „ein attraktiver Partner für Deutschland“, sagte er.
Größtes Rüstungsgeschäft in Afrika
Im Sommer 2014 hatte Gabriel dem Rüstungskonzern Rheinmetall die Ausfuhr einer kompletten Panzerfabrik nach Algerien genehmigt – das größte deutsche Rüstungsgeschäft in Afrika. Die Fabrik soll fast 1.000 „Fuchs“-Radpanzer in Lizenz herstellen, die Mitarbeiter dafür werden vorab in Deutschland ausgebildet. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hatte den Deal bei ihrem Algerienbesuch 2008 eingefädelt.
Algeriens Asylsuchende will Deutschland nicht – es schult stattdessen autoritär regierte Algerier im Bau von Panzern. In Marokko liegt der Schwerpunkt der Beziehungen zu Deutschland in einem Bereich, in dem die Bundesregierung mit Kürzungen vor allem ihrem eigenen Ruf schaden würde: dem Ausbau erneuerbarer Energien.
Mit Krediten von insgesamt 654 Millionen Euro unterstützt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Bau des größten Solarkraftwerk-Komplexes der Welt, der im marokkanischen Ouarzazate entsteht.
Bekämpfung von Fluchtursachen
Bei der Unterzeichnung der Kreditverträge im Dezember 2014 sagte Bundesumweltminiserin Barbara Hendricks (SPD): „Durch unsere Unterstützung zeigen wir, dass Deutschland seine Verantwortung für den globalen Klimaschutz ernst nimmt.“ Der Ausbau erneuerbarer Energien sei „die Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung“ – also auch ein Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen.
Marokko gilt als Vorreiter bei der Entwicklung der Sonnenenergie; dies ist ein Überbleibsel der Zeiten, als deutsche Umweltschützer und interessierte Firmen gemeinsam im Konsortium Desertec von gigantischen Solarkraftwerken in ganz Nordafrika träumten.
Algerien ist Deutschlands drittgrößter Handelspartner in Afrika, mit Exporten dorthin, zumeist Autos und Autoteile, im Wert von 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2014, ein Zuwachs von einem Viertel gegenüber dem Vorjahr; die Importe, hauptsächlich Öl und Gas und Chemieprodukte, lagen leicht darunter, aber Deutschland bezieht aus Algerien mehr Waren als aus Griechenland oder Israel.
„Erschließung weiterer Märkte“
„Ich freue mich, dass sich unsere Partnerschaft auf Augenhöhe so positiv entwickelt“, sagte Gabriels Staatssekretär Matthias Machnig im vergangenen April zur Eröffnung der 5. Deutsch-Algerischen Gemischten Wirtschaftskommission. Ein offizieller Schwerpunkt dieser Kommission ist die Förderung der Beschäftigung für junge Algerier.
Marokko liegt auf der Liste der afrikanischen Handelspartner Deutschlands gleich hinter Algerien und ist derzeit Partnerland der Grünen Woche in Berlin. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Marokko ist sehr aktiv.
Im November 2015 hieß es auf einem „Wirtschaftstag Marokko“ in Mainz, Marokko sei „ein kostengünstiger Produktionsstandort“, „ein aufstrebender Abnehmer“ und „ein guter Ausgangspunkt für die Erschließung weiterer Märkte“. Ab 1. März 2016 fördert Gabriels Ministerium eine „Geschäftsanbahnungsreise“ nach Marokko für die deutsche Automobilindustrie. Das Geschäftsklima pflegt der Minister schon mal selbst.
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