Deutsche Betrügerin in den USA: Lange Haft für Anna Sorokin
Privatjets und Luxusreisen nach Marokko: Die Deutsche Anna Sorokin ließ andere für ihr unglaubliches Leben in der New Yorker Schickeria bezahlen. Nun soll sie in Haft.
Die 28-Jährige war schuldig gesprochen worden, weil sie sich in der High Society von Manhattan Leistungen im Wert von mehr als 200.000 US-Dollar erschlichen hatte. Das Gericht ordnete zudem an, dass die Verurteilte fast 200.000 US-Dollar an Geschädigte zurückzahlen muss. Dazu kommt eine Geldstrafe von 24.000 US-Dollar. Sorokins Verteidiger Todd Sprodek kündigte an, in Berufung gehen zu wollen.
Richterin Diane Kiesel zeichnete bei der Sitzung das Bild einer Möchtegern-Prominenten, die so eitel wie ruchlos ihr Ziel verfolgt habe: „Ich bin verblüfft von der Tiefe der Täuschung durch die Angeklagte“, sagte sie. Selbst als ihr Betrug „wie ein Kartenhaus“ zusammenstürzte, sei sie noch immer von Luxushotel zu Luxushotel gelaufen. Sorokin selbst sagte, ihre Fehler täten ihr leid.
Der Fall hatte international für Aufsehen gesorgt. Der Anklage zufolge hatte Sorokin sich 2016 und 2017 unter Manhattans Schickeria gemischt und war dort unter dem Pseudonym Anna Delvey aufgetreten. Dabei stellte sie sich als schwerreiche Millionenerbin mit Treuhandfonds im Rücken dar und gewann schnell das Vertrauen kaufkräftiger Bekannter. Ursprünglich kommt die Frau aus Russland, im Alter von 16 Jahren war sie nach Deutschland gezogen, wo sie in Eschweiler bei Aachen zur Schule ging.
Soundtrack für die Verbrechen
Berichten zufolge nutzte Sorokin ihr selbstsicheres Auftreten mit Lügen und gefälschten Dokumenten, um ihre neuen Bekannten sowie Hotels, Restaurants und Banken reihenweise hinters Licht zu führen. Die Staatsanwaltschaft sprach während des Prozesses von einem „kalkulierten System, um ihren Opfern ein Gefühl von Sicherheit zu geben“.
Mal habe Sorokin Freunden gesagt, ihre Kreditkarte vergessen zu haben, mal habe sie deutsche Feiertage oder die Zeitverschiebung für eine ausbleibende Überweisung verantwortlich gemacht. Sogar ein Flug mit einem Privatjet und einen Luxusurlaub nach Marokko hatte sie sich erschlichen. Zudem warf die Anklage der Frau vor, sie habe mit weiteren Betrügereien sogar Beträge in Millionenhöhe ergaunern wollen.
Sorokins Verteidiger Sprodek hatte von Anfang an eine aggressive Strategie verfolgt. Er hatte argumentiert, Sorokin habe das Geld stets zurückzahlen wollen. Zum Ende der Verhandlung hatte er erklärt, dass Sorokin letztlich nur so vorgegangen sei, wie einst von Frank Sinatra im Lied „New York, New York“ besungen. „Sinatra hat in New York einen brandneuen Start hingelegt, genauso wie Miss Sorokin“, sagte Sprodek laut New York Post.
Richterin Kiesel entgegnete darauf am Donnerstag, dass sie doch eher Bruce Springsteens „Blinded by the Light“ – „Geblendet vom Licht“ (der New Yorker Glamour-Welt) – als Soundtrack für die Verbrechen Sorokins sehen würde. Sie ging jedoch nicht darauf ein, ob der Verurteilten wirklich, wie von ihrem Anwalt dargestellt, nach Absitzen ihrer Strafe die Abschiebung nach Deutschland bevorsteht.
Für ihren Prozess wählte Sorokin extravagante Kleider. Die Selbstvermarktung der Deutschen wird voraussichtlich auch zu einer eigenen Netflix-Show führen. Medien hatten zuletzt berichtet, dass der Streamingdienst den Fall verfilmen möchte. Auch ein Opfer der Hochstaplerin, die ehemalige Vanity Fair-Fotoredakteurin Rachel Williams, verkaufte ihre Geschichte nach eigener Aussage an den Buchverlag Simon & Schuster und an den Sender HBO.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen