Deutsch-Polnische Gespräche: Frischer Wind, kaum frisches Geld

Das deutsch-polnische Verhältnis war lange Zeit gestört. Nun soll alles besser werden. Allerdings bleiben Entschädigungen für NS-Opfer weiter offen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), verabschiedet sich von Donald Tusk, Ministerpräsident von Polen, nach der Pressekonferenz nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen.

Verstehen sich gut: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Donald Tusk, Ministerpräsident von Polen Foto: Michael Kappeler/dpa

WARSCHAU taz | Zum guten Ton im deutsch-polnischen Verhältnis gehörten Nazi-Anleihen jahrelang dazu. Jedenfalls aus polnischer Sicht. Die abgewählte nationalkonservative Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) versuchte immer wieder nach innen zu punkten, indem sie den äußeren Feind beschwor – Deutschland. Die Deutschen würden nach der Vorherrschaft in Europa und der EU streben oder sich in Polens innere Angelegenheiten einmischen, so die Behauptungen. Diese Eiszeit ist unter der neuen Bürgerkoalition des Liberalen Donald Tusk nun vorbei.

Erstmals seit sechs Jahren trafen sich die Regierungen beider Länder am Dienstag wieder zu sogenannten Regierungskonsultationen. Zum 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands und auf Einladung der polnischen Regierung reiste die deutsche Mannschaft gleich mit 14 Spie­le­r:in­nen an, inklusive Kanzler, Vizekanzler und Finanzminister sowie 10 weiteren Minister:innen. Olaf Scholz, der auch schon 2018 mit an Bord war, trifft nun mit Donald Tusk auf ein Gegenüber, mit dem er auch persönlich erkennbar gut kann.

Was Polen und Deutschland zusammenschweißt, sind aber mehr denn je die äußeren Umstände. Angesichts der russischen Bedrohung im Osten und des Erstarkens der Rechten im westlichen Nachbarland Frankreich rückt Deutschland enger an Polen und Polen enger an Deutschland.

Beide Regierungen ticken zudem (im Fall von Polen: wieder) klar proeuropäisch, sie wollen die EU stärken und den Erweiterungsprozess vorantreiben. „Die deutsch-polnische Zusammenarbeit kann Europa stabilisieren“, hofft der polnische Ministerpräsident Donald Tusk in der Pressekonferenz nach den Konsultationen. Polen und Deutschland, das eine Land eines der größten Opfer des Zweiten Weltkrieges, das andere der Täter, sollten heute gemeinsam Verantwortung tragen für den Frieden in Europa.

Führungsrolle für Deutschland

Tusk forderte von Deutschland gar eine Führungsrolle bei der Sicherheit Europas, etwa bei der Verteidigung der Ostflanke. „Was wir nicht brauchen, sind wieder deutsche Panzer in Polen“, witzelte der polnische Ministerpräsident.

Scholz sprach von einem guten Treffen. Deutschland und Polen seien gute Nachbarn, gute Partner und verlässliche Freunde, und: „Deutschland wünscht sich eine sehr starke polnische Stimme in Europa“, umwarb Scholz seinerseits den Gastgeber

Die Themen Sicherheit und Verteidigung standen im Zentrum der bilateralen Beratungen. Hier wollen beide Länder in Zukunft enger kooperieren. So strebe man eine gemeinsame Führungsrolle im Ostseeraum und beim Schutz der Nato-Ostflanke an. Beide Länder sind sich einig über die Bedeutung der Nato, wollen aber, wohl auch angesichts der unklaren Machtverhältnisse in den USA, die europäische Säule des Militärbündnisses stärken.

In einem gemeinsamen Aktionsplan heißt es zudem, da Russland und seine Verbündeten die größte Bedrohung für Frieden und Freiheit in Europa darstellten, „muss die EU ihre Fähigkeit verbessern, wenn nötig […] autonom zu handeln“. Erklärtes Ziel ist es außerdem, eine europäische Luftverteidigung aufzubauen.

Einig ist man sich auch, dass die Ukraine weiter vollumfänglich unterstützt werden müsse. Wobei man auch auf mehr europäische Solidarität hofft, vor allem in finanzieller Hinsicht, eingedenk der Tatsache, dass Polen und Deutschland einen Großteil der ukrainischen Geflüchteten aufgenommen haben.

In dem 40-seitigen Aktionsplan, eine Art Arbeitspapier für die Zukunft, hielten die deutsche und die polnische Regierung zudem fest, wie man die beiderseitige Zusammenarbeit vertiefen wolle – in den Grenzregionen, in der Zivilgesellschaft, bei der Bekämpfung illegaler Migration, bei Klimaschutz, Wirtschaft und Verteidigung. Neben viel gutem Willen enthält der Plan aber wenig konkrete Zahlen. Was wohl auch der unklaren deutschen Haushaltslage geschuldet ist. Der Ausflug nach Warschau fand inmitten der Haushaltsberatungen von SPD, Grünen und FDP statt.

Eine heikle Frage blieb denn auch gänzlich unbeantwortet: die nach Entschädigungen für die noch lebenden polnischen Opfer des NS-Regimes und ihre Angehörigen. Hier konnten sich beide Seiten vorerst offensichtlich nicht einigen. Im Aktionsplan heißt es nur schwammig „Die beiden Regierungen führen einen intensiven Dialog über Maßnahmen zur Unterstützung für die noch lebenden Opfer des deutschen Angriffs und der Besatzung.“

Die Forderung nach 1,3 Billionen Euro deutschen Reparationen, welche die PiS-Regierung jahrelang wie eine Monstranz vor sich her getragen hatte, hält die Tusk-Koalition zwar nicht aufrecht. Doch mit Floskeln wird man sich auch nicht abspeisen lassen. Juristisch sei die Sache zwar klar, sagte Tusk, aber natürlich seien die Verluste, die Polen während des Zweiten Weltkriegs erlitten habe, nicht auszugleichen.

Auf Nachfrage meinte der polnische Ministerpräsident, er sei nicht enttäuscht über das (magere) Ergebnis der Gespräche, sondern erkenne die deutsche Bereitschaft an, über diese Themen zu sprechen. „Wir hören dass Deutschland bereit ist. Entscheidungen zu treffen, um die Opfer zu entschädigen“, so Tusk. Man sehe hier Schritte in die richtige Richtung und baue auf Vertrauen, nicht auf politische Konfrontation.

Scholz betonte, Deutschland wisse um die Schwere der deutschen Schuld und die deutsche Verantwortung. „Deutschland wird sich um Maßnahmen zur Unterstützung für noch lebende Opfer bemühen.“ Welche das sind und in welchem Umfang bleibt aber weiter unklar.

Stattdessen wurde die Gründung eines Deutsch-Polnischen Hauses im Zentrum Berlins zur Erinnerung an die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs vereinbart und ein Denkmal für die polnischen Opfer der deutschen Besatzung Polens von 1939 bis 1945.

Die Regierungskonsultatio­nen sollen in regelmäßigen Abständen fortgesetzt werden. Mittags flogen die Deutschen zurück nach Berlin. Weitere Haushaltsverhandlungen warteten. Bis Freitag will man wohl fertig sein.

Beide Regierungen ticken zudem (wieder) klar proeuropäisch, sie wollen die EU stärken und den Erweiterungsprozess vorantreiben. „Die deutsch-polnische Zusammenarbeit kann Europa stabilisieren“, hofft der polnische Ministerpräsident Donald Tusk in der Pressekonferenz nach den Konsultationen. Polen und Deutschland, das eine Land eines der größten Opfer des zweiten Weltkrieges, das andere Täter, sollten heute gemeinsam Verantwortung tragen für den Frieden in Europa.

Führungsrolle für Deutschland

Tusk forderte von Deutschland gar eine Führungsrolle bei der Sicherheit Europas, etwa bei der Verteidigung der Ostflanke. „Was wir nicht brauchen, sind wieder deutsche Panzer in Polen“, witzelte der polnische Ministerpräsident.

Scholz sprach von einem guten Treffen. Deutschland und Polen seien gute Nachbarn, gute Partner und: „Deutschland wünscht sich eine sehr starke polnische Stimme in Europa“, umwarb Scholz seinerseits den Gastgeber

Die Themen Sicherheit und Verteidigung standen im Zentrum der Beratungen. Hier wollen beide Länder enger kooperieren. So strebe man eine gemeinsame Führungsrolle im Ostseeraum und beim Schutz der Nato-Ostflanke an. Beide Länder sind sich einig über die Bedeutung Nato, wollen aber, wohl auch angesichts der unklaren Machtverhältnisse in den USA, die europäische Säule des Militärbündnisses stärken.

In einem gemeinsamen Aktionsplan heißt es zudem, da Russland und seine Verbündeten die größte Bedrohung für Frieden und Freiheit in Europa darstellten, „muss die EU ihre Fähigkeit verbessern, wenn nötig […] autonom zu handeln.“ Erklärtes Ziel ist es außerdem, eine europäische Luftverteidigung aufzubauen.

Einig ist man sich auch, dass die Ukraine weiter vollumfänglich unterstützt werden müsse. Wobei man auch auf mehr europäische Solidarität hofft, vor allem in finanzieller Hinsicht, eingedenk der Tatsache, dass Polen und Deutschland einen Großteil der ukrainischen Geflüchteten aufgenommen haben.

In dem 40-seitigen Aktionsplan, eine Art Arbeitspapier für die Zukunft, hielten die deutsche und die polnische Regierung zudem fest, wie man die beiderseitige Zusammenarbeit vertiefen wolle – in den Grenzregionen, in der Zivilgesellschaft, bei der Bekämpfung illegaler Migration, bei Klimaschutz, Wirtschaft und Verteidigung. Neben viel gutem Willen enthält der Plan aber wenig konkrete Zahlen. Was wohl auch der unklaren deutschen Haushaltslage geschuldet ist. Der Ausflug nach Warschau fand inmitten der Haushaltsberatungen von SPD, Grünen und FDP statt.

Eine heikle Frage blieb denn auch gänzlich unbeantwortet: die nach Entschädigungen für die noch lebenden polnischen NS-Opfer und ihre Angehörigen. Hier konnten sich beide Seiten offensichtlich nicht einigen. Im Aktionsplan heißt es schwammig „Die beiden Regierungen führen einen intensiven Dialog über Maßnahmen zur Unterstützung für die noch lebenden Opfer des deutschen Angriffs und der Besatzung.“

Die Forderung nach 1,3 Billionen Euro deutschen Reparationen, welche die PiS-Regierung jahrelang wie eine Monstranz vor sich her getragen hatte, hält die Tusk-Koalition zwar nicht aufrecht. Doch mit Floskeln wird man sich auch nicht abspeisen lassen. Juristisch sei die Sache zwar klar, sagte Tusk, aber natürlich seien die Verluste, die Polen während des zweiten Weltkriegs erlitten habe, nicht auszugleichen.

Auf Nachfrage meinte der polnische Ministerpräsident, er sei nicht enttäuscht über das (magere) Ergebnis der Gespräche, sondern erkenne die deutsche Bereitschaft an, über diese Themen zu sprechen. „Wir hören dass Deutschland bereit ist. Entscheidungen zu treffen, um die Opfer zu entschädigen“, so Tusk. Man sehe hier Schritte in die richtige Richtung und baue auf Vertrauen, nicht auf politische Konfrontation.

Scholz betonte, Deutschland wisse um die Schwere der deutschen Schuld und die deutsche Verantwortung. „Deutschland wird sich um Maßnahmen zur Unterstützung für noch lebende Opfer bemühen.“ Welche das sind und in welchem Umfang bleibt aber weiter unklar.

Stattdessen wurde die Gründung eines Deutsch-Polnischen Hauses im Zentrum Berlins zur Erinnerung an die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs vereinbart und ein Denkmal für die polnischen Opfer der deutschen Besatzung Polens von 1939 und 1945.

Die Regierungskonsultationen sollen in regelmäßigen Abständen fortgesetzt werden. Mittags flogen die Deutschen zurück nach Berlin. Weitere Haushaltsverhandlungen warteten. Bis Freitag will man wohl fertig sein.

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