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Der USA Patriot Act 2001Also, schließt die Grenzen!

Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 haben US-Behörden das Recht, zahlreiche Menschenrechte zu umgehen. Mit welchem Resultat?

Sicherheit kostet Freiheit. Der Flughafen Boston. Bild: dapd

SAN ANTONIO/TEXAS taz | Als islamistische Fundamentalisten vier Flugzeuge entführten und sie am 11. September 2001 in die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York City und in das Pentagon in Washington D. C. steuerten, töteten sie mehr als 3.000 Menschen. Sie zerstörten mit den beiden Türmen auch eines der Wahrzeichen Amerikas.

Eine Folge dieser Terrorattacke war ein krasser Zusammenprall von US-amerikanischen Idealen mit der nationalen Sicherheit. Mit welchem Resultat? Heute sind Amerikaner sicherer – aber sie haben weniger Freiheit als vorher. Das Tragische daran ist: Wir hätten es schaffen können, uns gegen solche Angriffe zu schützen, ohne dabei unsere Menschenrechte zu opfern.

Viele Amerikaner und möglicherweise die Hälfte von denen, die in wenigen Tagen wählen gehen, werden anderer Meinung sein als ich. Sie fühlen sich sicherer – und das ist alles, was für sie zählt. Milliarden für die Sicherheit an der amerikanisch-mexikanischen Grenze? Mehr Strafverfolgung? Sehr gut. Erzählt den Leuten bloß nicht, dass die Mexikaner nichts mit den Terroranschlägen zu tun hatten! Also: Schließt die Grenzen!

Robert Rivard

Der Journalist ist Gründer und Chef des Rivard Reports, einer unabhängigen Nachrichten-Website in San Antonio, Texas. Von 1997 bis 2011 arbeitete er für die San Antonio Express-News. Er schrieb in den 1980er Jahren auch als Chefkorrespondent und Auslandskorrespondent für das Magazin Newsweek.

Jeder, der in den vergangenen Jahren mit dem Flugzeug von einem US-amerikanischen Flughafen startete, kennt das Prozedere. Sicherheitsmänner überall, Laptops in die eine Plastikschale, das Handy in die andere, keine Wasserflaschen. All das sind Reaktion auf die Anschläge.

Der USA Patriot Act – und ja, dieses Ding heißt tatsächlich so – ist das Bundesgesetz mit dem lächerlichsten Namen, das in meinem Leben jemals durch das Parlament ging. Wie alle Gesetze, die in Zeiten großer Panik verabschiedet wurden (George W. Bush hat das Gesetz nur knapp anderthalb Monate nach den Anschlägen unterzeichnet), so ist auch dieses schlecht durchdacht, möglicherweise sogar verfassungswidrig und letzten Endes die Arbeit von Fanatikern. Von klar denkenden Politikern keine Spur. Übrigens: Nur ganz wenige Amerikaner wissen überhaupt, dass der Patriot Act eine gequälte Abkürzung für „Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001“ ist. Auf Deutsch also etwa: „Gesetz zur Stärkung und Einigung Amerikas durch Bereitstellung geeigneter Instrumente, um Terrorismus aufzuhalten und zu blockieren.“ Was soll ich sagen?!

Unbegrenzt festhalten

Das Gesetz ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, viele Dinge zu tun, die sie vor dem 11. September 2001 niemals hätten tun dürfen. Immigranten können anders behandelt werden als Bundesbürger – und solange man ihre Festnahme in irgendeiner Form mit dem Begriff „Terrorismus“ in Verbindung bringen kann, dürfen sie auch unbegrenzte Zeit festgehalten und dann ohne notwendigen Prozess abgeschoben werden.

Die Sicherheitsbehörden können die Häuser und Büros von Verdächtigen durchsuchen, Mails abfangen, Telefone abhören. Alles Dinge, vor denen die Verfassung die Bürger normalerweise schützt. Aber nicht nur verdächtige Personen sind Gegenstand dieser Überwachungsmethoden. Es trifft auch unbescholtene Bürger – und das alles unter dem Deckmantel nationaler Sicherheit.

Die Demokratie in den USA hat sich ohne Frage verändert: Wir haben uns die Doktrin des präventiven Kriegs zu Eigen gemacht. Wir rechtfertigen Kriege jetzt, anstatt sie zu bekämpfen. Außerdem sind wir zu einem Land geworden, das Zwangsverhöre, ja sogar Folter, stillschweigend hinnimmt. Gefangene an ihren Armen und Beinen aufzuhängen, Prügel, sexuelle Demütigung – all das sind neue Werkzeuge der Vernehmungsbeamten. Handlungen, die man eigentlich mit Diktaturen in Entwicklungsländern in Verbindung bringt.

Dies ist das Land, zu dem wir nach 2001 geworden sind. Unsere Politiker agieren auf der Basis von Angst, nicht auf der Basis unserer eigenen Stärke.

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16 Kommentare

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  • F
    FaktenStattFiktion

    @ Dr.Heine

    Sie können ruhig dem Hass auf die USA fröhnen, auch dürfen Sie das Wahlrecht und System der USA wie auch der Bundesrepublik gerne verachten.

     

    Nur bitte bleiben Sie bei dem Vorsatz:

    Betreten Sie niemals die USA. Ihnen möchte ich nicht einmal im Urlaub begegnen.

  • B
    Blacky

    So oder so, ich wünsche viel Spaß mit Romney, dem verdienten* nächsten US-Präsidenten.

     

    *die USA haben Mitt Romney verdient, nicht Romney die Präsidentschaft

  • W
    wessinger

    Immer noch muss man diese laengst in hoechstem Masse Zweifelhafte Form der Verschwoerungstheorie zum 9.11 als Wahrheit hinnehmen, obwohl jeder einigermassen klarsichtige Mensche weiss, dass 9.11 von der US Regierung inszeniert war, um all das durchsu setzen was ohnehin geplant war:

    Krieg nach aussen, Unterdrueckung Ausbeutung und Ueberwachung nach innen.

    Aber die TAZ glaubt weiterhin an den Weihnachtsmann....

    Froehliche Weihnacht!

  • K
    Kaninchen

    Zitat: "(...) Flugzeuge entführten und (...) in das Pentagon in Washington D. C. steuerten (...)". Zu diesem hier als Fakt dargestellten Sezenario gibt es von vielen Seiten her erhebliche Zweifel. Bis heute gibt es zu dieser offiziellen Behauptung keine plausiblen Erklärungen. Ganz im Gegenteil: Berechtigte Zweifel an dieser AUssage wurden ignoriert, Beweise vertuscht, etc... Aber dazu gibt es ja einschlägige Diskussionen in entsprechenden Medien.

  • W
    Weinberg

    Mit oder ohne Patriot Act - die Noch-Weltmacht USA befindet sich bereits auf dem absteigenden Ast.

     

    Es wird noch etwas dauern, aber der Abstieg kommt (egal wer die USA regiert) so sicher wie das Amen in der Kirche.

  • J
    Jemand

    Das traurige daran ist, daß es die Bürger nie kapieren, daß solche Gesetze auch irgendwann an ihnen angewandt werden, da der Staat zu übermächtig wurde, hat er sich erstmal daran gewöhnt, daß er Menschen foltern und aushorchen kann, wird er immer weiter gehen. Das gilt übrigens auch für viele EU-Staaten, vor allem Deutschland!

  • TF
    Thomas Fluhr

    "– all das sind neue Werkzeuge der Vernehmungsbeamten. Handlungen, die man eigentlich mit Diktaturen in Entwicklungsländern in Verbindung bringt." Genau das ist die USA eine Diktatur. Terror erzeugt Terroristen auf beiden Seiten, in beide Richtungen. Primitive Reaktionen, keine Zivilisation.

  • H
    Hermeneut

    Traurig, Robert Rivard fröhnt der alten längst widerlegten Verschwörungstheorie und übernimmt sie ungeprüft, obwohl es mittlerweile endlos mehr Beweise und Indizien dafür gibt, dass es sich beim 11. September um eine False Flag Aktion handelte. Lieber Herr Rivard, die USA werden von menschenverachtenden Terroristen regiert. Was erwarten sie denn von denen?

    Ich gebe nur den Terror Dienstag im Global Office zu bedenken, an dem sich jede Woche Präsident die zu tötenden Gegner aus den Listen des CIA und des FBI persönlich raussucht.

  • FT
    Fighting Terrorism Since 1492

    Das Bild passt besser, Geronimo's HOMELAND SECURITY:

    http://www.flickr.com/photos/jasonparlett/484012121/

  • D
    Dr.K.Heine

    Viele Wahlsysteme, auch das der BRD, sind fragwürdig.

    Das "Wahlmänner-System" der USA ist eine Farce!

  • F
    Fight_Antiamericanism

    Liebe Redanktion,

     

    typisch taz, die angesprochenen Probleme nur auf die USA zu beziehen. Gibt es keine anderen Staaten, bei denen die gleichen Sachen schief laufen? Natürlich stimmt das geschriebene, ich finde es aber sehr fragwürdig, nur die USA "anzuprangern".

    In Bezug auf die Flüge ist es auch Schwachsinn, was in diesem Artikel steht. Bei jedem Flug (ob In- oder Ausland) wird mensch durchsucht, darf keine Flüssigkeiten bei sich führen.

  • T
    T.V.

    Alles doch längst bekannt, außer anscheinend in den USA selbst. Sonst würden wohl mehr als ein paar Prozent Wähler und möglicherweise die Nichtwähler dagegen stimmen.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Die Autorin unterstellt, der Kampf gegen Al-Kaida werde auch an der Grenze zu Mexiko geführt bzw dieses werde dem Bürger suggeriert.

     

    Beides ist falsch.

     

    1. In Mexiko tobt ein Drogenkrieg von den Abmessungen eines ausgewachsenen Bürgerkriegs. Dieser Bürgerkrieg droht sich auch auf das Gebiet der USA auszuweiten. Drogenexport, Waffenimport.

     

    2. Die USA werden überschwemmt von illegalen Einwanderern. In einigen Bundesstaaten (etwa Arizona) drohen die Mexikaner binnen Jahren zur grössten Bevölkerungsgruppe zu werden. Das mag für einen Multikulti-Abhänger nach dem Paradies klingen - die Bürger der USA aber sehen es realistischer.

     

    Auch mit dem Patriot Act haben die Bürger in den USA weit mehr Bürgerrechte als wir hier im EU-Protektorat Deutschland. Aber Fakten stören hier vermutlich nur...

  • B
    bernhard

    Wow.du schreibst ja sachen, von denen haben wir noch nie gehört.

  • D
    Dr.K.Heine

    Als Rest-68iger kann ich nur sagen: USA=

    U-nberechenbar- S-treitlustig- A-rrogant

    Kein Mensch dieser Welt kann mich überreden, jemals dieses Land arroganter Exzentriker zu betreten.

    Und ich bin, mit jüdischem und französischem Erbgut versorgt, ganz sicher kein Deutsch-Nationalist, aber bedauere sehr die Anglo-Americo-Lastigkeit unserer aktuellen Sprache.

  • R
    Rudi

    Nanu, wacht die TAZ jetzt doch langsam auf? Nach dem unsäglich dummen "bombt endlich Syrien zu"-Artikel hatte ich die Hoffnung auf Vernunft hier schon aufgebeen. Endlich mal ein halbwegs akzeptabler Artikel über den nahezu diktatorischen Zustand unseres 'großen Bruders' über dem Atlantik.