Der Boxer Freddy Kiwitt: „Die Größeren verprügeln“

Freddy Kiwitt lebt in Flensburg, trainiert in Hamburg und verdient Geld als Lagerarbeiter in Dänemark. Mit dem Boxen geht es bei ihm gerade bergauf.

Der Boxer Freddy Kiwitt steht im Ring.

Lebt in Flensburg, trainiert in Hamburg und arbeitet in Dänemark: Freddy Kiwitt Foto: Lobeca/Imago

Die 50 Meter von seiner Ringecke zum abgeschirmten Umkleidetrakt sind ein Triumphzug. Hier ein Selfie mit weiblichen Fans, da ein Schulterklopfen harter Kerle, und am Ende der Strecke drückt Freddy Kiwitt seine Mutter und wirft seiner Frau samt Kind einen warmen Blick zu: Am Samstagabend um Viertel nach neun bekam Kiwitt viel zurück für die Entbehrungen der vergangenen Monate.

In seinem dritten Kampf seit August hatte der Flensburger Weltergewichts-Boxer etliches richtiggemacht; eine Rechte an den Kopf des Gegners beendete das Faustgefecht Mitte der dritten Runde. Wilber Blanco aus Kolumbien lag im Ringstaub. Kiwitt wurde mit „Freddy, Freddy!“-Rufen von den 350 Fans im Gym des Universum-Stalls an der Großen Elbstraße in Hamburg gefeiert. „Ich habe seine Schläge weggeduckt. Als ich merkte, dass er schwächer wird, habe ich ihn getroffen“, sagte Kiwitt danach, „genau das war der Plan.“

Freddy Kiwitt ist im April zurück nach Flensburg gezogen. Er wohnt mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern in Mürwik. London, das war ihm zu groß, zu teuer. So, wie es jetzt ist, kann es bleiben – obwohl sein Leben alles andere als leicht ist.

Kiwitt trainiert zwar wie ein Profi und fühlt sich auch als solcher. Aber die großen Börsen sollen erst noch kommen. Also übt er vor Kämpfen von Montag bis Freitag in Hamburg, fährt nach Flensburg, bricht in der Nacht auf Samstag um vier Uhr auf, um nach Vejle in Dänemark zu fahren. Dort arbeitet er bei „Jysk“ im Lager, „zwölf Stunden Sachen rumschleppen“.

Sonntag um Mitternacht ist er wieder in Flensburg. Montag früh geht’s zurück nach Hamburg. Ideal ist das nicht, aber: „Ein echter Champion ist für mich jemand, der viel arbeitet, immer unterwegs ist, und die Titel zwischendurch holt“, sagt er der taz.

Eine respektable Karriere

Er hat erst mit 18 angefangen zu boxen. Bei DGF Flensborg. Da wohnte er noch bei seinem deutschen Vater und der liberianischen Mutter in Glücksburg. Vater Kiwitt hatte an einer liberianischen Schule gearbeitet; er holte die Familie 1990 nach Deutschland, als in Liberia der Bürgerkrieg begann.

„Ich bin zum Boxen gegangen, weil ich die Größeren verprügeln wollte“, sagt Kiwitt. Daraus ist eine respektable Karriere geworden. Wie in London arbeitet er auch an der dänischen Grenze als Personal Trainer. Wenn er sich nicht auf den nächsten Kampf vorbereitet, möchte er diese Tätigkeit intensivieren, um von Hilfsjobs wie bei „Jysk“ wegzukommen.

Sein Vertrag bei Universum läuft bis nächsten Sommer. Kiwitt will vorankommen. Bei den vier relevanten Boxverbänden stehen addiert 40 Athleten vor ihm. Er ahnt jedoch, dass er viele von ihnen schlüge – bekäme er die Chance. Im Frühjahr 2022 soll ein Titelkampf in Wilhelmsburg folgen.

Für den Moment zählt anderes: „Ich habe jetzt eine Woche Urlaub mit meiner Familie“, erzählt Kiwitt, „das letzte halbe Jahr war hart. Ich habe ein paar kleinere Verletzungen und brauche eine Pause.“ Zurück nach Flensburg. Mit einem erfolgreichen Jahresabschluss als Boxer im Gepäck.

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