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Sci-Fi-Film „Zone 3“Jetzt ist die Demokratie in Gefahr

Der Regisseur Cédric Jimenez stellt in seinem Actionthriller „Zone 3“ handfeste Fragen zur Rolle von KI für die Politik. Optimistisch wirkt er nicht.

Ungleiche Ermittler: Zem (Gilles Lellouche) und Salia (Adèle Exarchopoulos) in „Zone 3“ Foto: Studiocanal

Cédric Jimenez’ futuristischer Actionthriller „Zone 3“ macht seinem Genre alle Ehre. Es knallt und kracht gleich in den ersten Minuten, wenn der Schöpfer der im Film allgegenwärtigen Künstlichen Intelligenz ALMA erschossen wird und sich kurz darauf die Polizei eine Verfolgungsjagd mit einem Verdächtigen liefert.

In dem ganzen Spektakel allerdings, das Jimenez ab Minute eins abfackelt, geht vor allem ein Geräusch durch Mark und Bein: das Surren der von ALMA gesteuerten Drohnen. Diese Dinger, teils mit schweren Maschinenpolen ausgerüstet, sind der verlängerte Arm des Polizeiapparats und piksen unangenehm in unsere Gegenwart, in der gerade über neue Rechte diskutiert wird, damit die Bundeswehr ausländische Drohnen vom Himmel holen darf.

Mit „Zone 3“, seiner bei den Filmfestspielen von Venedig uraufgeführten Adaption von Laurent Gaudés Roman „Hund 51“, beschließt der französische Regisseur seine aus drei unabhängigen Filmen bestehende Trilogie zum Thema Strafverfolgung. In „Bac Nord – Bollwerk gegen das Verbrechen“ erzählte er von einer Polizeibrigade im Norden Marseilles, die versucht, die explodierende Kriminalitätsrate zu senken, in „November“ aus Sicht der Polizei und der Sicherheitskräfte von den turbulenten Tagen nach den Anschlägen vom 13. November 2015 in Paris.

Nun verbindet der genreaffine Jimenez nach einem gemeinsam mit Olivier Demangel verfassten Drehbuch Copthriller und Science-Fiction mit dystopischen Vibes. In der gefühlt und inszenatorisch gar nicht allzu fernen Zukunft von „Zone 3“ herrschen in Paris Zwangshierarchisierung und eine harte staatliche Hand. Die Elite lebt in Zone 1, die Privilegierten in Zone 2 und der große Rest, zusammengepfercht in teils ghettoähnlichen Zuständen, in Zone 3.

Der Film

„Zone 3“. Regie: Cédric Jimenez. Mit Gilles Lellouche, Adèle Exarchopoulos u.a. Frankreich 2025, 100 Min.

Grenzübertritte werden streng anhand von Armbändern und Augenscans und von ALMA überwacht. Das KI-System begleitet auch alle Ermittlungen und simuliert für die Polizei nach Scans von Tatorten statistisch wahrscheinliche Tatszenarien.

Glaube an eine gerechte Welt

Nach dem Mord zu Beginn werden Salia, eine Elitepolizistin aus Zone 2 (Adèle Exarchopoulos) und der desillusionierte alte Hase Zem (Gilles Lellouche) aus Zone 3, ein genretypisch ungleiches Paar, durch die Ermittlungen beruflich verheiratet. Wer hat den ALMA-Erfinder erschossen? Vielleicht, wie der Innenminister insistiert, die Widerstandsorganisation „Breakwall“, die für die Abschaffung der Zonen kämpft? Deren Anführer Jon Mafram (Louis Garrel) hat etwas Messianisches und sagt einmal nicht ohne Pathos, dass der Glaube an eine gerechte Welt das unsterbliche Ziel sei.

Jimenez inszeniert ambitioniert und dynamisch. Doch wirkliche Überraschungen gibt es in diesem Mashup aus John Carpenters dystopischem Klassiker „Die Klapperschlange“, Steven Spielbergs „Minority Report“ und weiteren genreverwandten Filmen nicht. Es dauert auch, bis der Film erzählerisch seinen Sound findet, gerade in der ersten Hälfte hetzt er so heftig durch die urbane Dunkelheit, dass die Charaktere wenig Zeit haben, sich zu entwickeln.

Dass „Zone 3“ dennoch funktioniert, ist vor allem den französischen Schauspielstars Exarchopoulos und Lellouche zu verdanken. Auch wenn die beiden hier unterfordert sind, gelingt es ihnen doch, ihren Figuren einen rauen Charme und eine gewisse Tiefe zu verleihen. Eine strategisch smarte Besetzung von Jimenez, denn das Duo wird einen wesentlichen Teil dazu beigetragen haben, dass „Zone 3“ in Frankreich gleich auf Platz 1 der Kinocharts gestartet ist.

Karnevaleske Zukunfts-Techno-Party

Darüber hinaus bietet der Film viele Anknüpfungspunkte an unsere ökonomisch und kulturell immer weiter auseinanderdriftende Gegenwart. Ganz zu schweigen vom eigentlichen Kern des Films, den Ängsten und Potenzialen im Umgang mit der Künstlichen Intelligenz. Bei dem Thema ist gegenwärtig ja von himmelhochjauchzendem Technikorgasmus à la „größte Erfindung seit dem Buchdruck“ bis zur Dystopie, dass KI den Menschen unterjochen wird, alles vertreten.

Während Simon Jaquemet diese beiden Pole zuletzt in „Electric Child“, einem Science-Fiction-affizierten Familiendrama über die Frage nach dem Verhältnis von Mensch und KI, auslotete, ist „Zone 3“ weniger an Ambivalenzen interessiert.

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Trailer „Zone 3“

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Obwohl früh klar ist, in welche Richtung sich der Film bewegt, entwickelt er doch im letzten Drittel, nach einem actiongeladenen Spießrutenlauf durch die Zonen, einem völlig schrägen Karaoke-Duett und einer karnevalesken Zukunfts-Techno-Party, eine größere Dringlichkeit.

Das hat nicht unwesentlich mit dem eingangs erwähnten Surren zu tun, ganz heftig vor allem in der besten und konzentriertesten Szene des Films, in der die fliegenden Tötungskommandos eine zentrale Figur jagen.

Ganz am Ende singen Pink Floyd „Wish You Were Here“, und auch das hat wieder etwas Schräglage. Aber mitgemeint ist damit der Mensch als solcher, und das passt dann schon.

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