Der 1. Mai im Livestream: Erfurt sagt NoAfD, Hamburg MDMA
Rechte in Erfurt, ein Grillkommando im Berliner Villenviertel und Hamburgs Anarchos auf MDMA. Was am 1. Mai ansteht – und worüber die taz berichtet.
Berlin
Aktionsform: Zwischen Satire und Krawallpose. Die Hedonisten wollen den Schickimicki-Bezirk Grunewald aufsuchen und mit den gut betuchten Anwohnern über ihre „gesellschaftliche Verantwortung“ sprechen. Die Autonomen tragen die Revolutionäre 18-Uhr-Demo raus aus der Kreuzberger Partyzone hinein in den Friedrichshainer Szenekiez um die Rigaer Straße.
Politischer Hintergrund: Überall geht es um die bezahlbare Stadt. Alle fragen sich, wie der politische Umschwung hin zu wieder bezahlbaren Mieten zu organisieren ist. Enteignen ist da schon fast der kleinste Nenner.
Erwartete Teilnehmerzahl: Der erwartete Spaßfaktor im Grunewald hat schon zur Erstauflage im vergangenen Jahr 4.000 Menschen mobilisiert – und es gibt keinen Grund, warum die nicht wiederkommen sollten. Die Revolutionäre Demo entledigt sich mit dem Ortswechsel ihres Kreuzberger Touri-Anhangs: Wenn sie eine fünfstellige Teilnehmerzahl erreicht, wäre das ein großer Erfolg.
Krawallfaktor: Die eher dunkle Abenddemo zieht vorbei an dem sich als Widerstandsnest gerierenden Hausprojekt Rigaer Straße 94 und dem räumungsbedrohten queerfeministischen Projekt Liebigstraße 34 – eine gewisse Radikalität will man da schon zeigen. Größere Krawalle gehören dennoch der Vergangenheit an. Außer im Grunewald, da droht die Wiederholung der Ausschreitungen des letzten Jahres: Aufkleber an Porsches, Klingelstreiche und Martin Sonneborn, der Spraydosen verteilt.
Gegenprogramm: 5.500 Polizisten aus halb Deutschland werden den Tag über bei 15 Veranstaltungen im Einsatz sein. Die Abenddemo ist unangemeldet, Polizei und Innensenator geben sich aber gelassen: Eine Eskalation will man vermeiden.
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Wer berichtet: Für die taz wird Berlin-Redakteurin Jasmin Kalarickal ab etwa 12 Uhr über den Periscope-Account der Berliner Regionalredaktion: @taz_berlin im Livestream aus der Hauptstadt berichten. Sie ist mit AktivistInnen verabredet und dem Pressesprecher der Berliner Polizei.
Was ist Periscope und wie funktioniert es?
Periscope ist eine App, die es ermöglicht, live und direkt vom Handy auf fremde Computer und Smartphones zu streamen. Die taz nutzt die App für ihre Live-Berichterstattung von Demonstrationsgeschehen. Nutzer*innen können Fragen und Anregungen hinterlassen und so direkt mit unseren Reporter*innen vor Ort kommunizieren und unterwegs sein.
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Der Hauptaccount der taz heißt @tazgezwitscher. Die regionale Berlin-Redaktion der taz nutzt den Account @taz_berlin. Die Nord-Redaktion mit Sitz in Hamburg nutzt den Account @taznord. Unserer Live-Reporterin in Nordrhein-Westfalen folgen Sie unter @anettselle.
Erfurt
Aktionsform: Mit Parteiprominenz mobilisiert die AfD nach Erfurt. Bundesvorsitzender Alexander Gauland und Scharfmacher Björn Höcke werden auf einer Demonstration durch die thüringische Hauptstadt reden. Der AfD-Auflauf hat Symbolcharakter: Mit der „Erfurter Resolution“ sollte 2015 der Rechtsaußenflügel der Partei gestärkt werden als „Bewegung unseres Volkes gegen Gesellschaftsexperimente“. Auch aus Thüringen stammt: Der Thügida-Gründer und Volksverhetzer David Köckert, der 2018 in Köthen dazu aufrief, „von Tür zu Tür“ zu ziehen. Ein linkes Gegenbündnis und der DGB halten mit eigenen Demos dagegen.
Politischer Hintergrund: Kommunalwahlen und drei Landtagswahlen stehen 2019 im Osten an – darauf zielt die AfD ab.
Erwartete Teilnehmerzahl: Die AfD hat 2.000 TeilnehmerInnen angemeldet, die andere Seite ein Vielfaches davon.
Krawallfaktor: Die verschiedenen Demos verlaufen zum Teil in Sichtweise zueinander. AfD-GegnerInnen rufen zu Blockaden auf. Es könnte also knallen.
Gegenprogramm: Die Polizei wird nach eigenen Angaben alles einsetzen, was sie auftreiben kann.
Wer berichtet: Für die taz wird Martin Kaul über den Periscope-Account der taz: @tazgezwitscher ab etwa 9 Uhr im Livestream aus Erfurt berichten. Er ist zum Gespräch mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow verabredet und begleitet Demonstrationen und Gegendemonstrationen.
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Hamburg
Aktionsform: Eine erstmalige Demo im Stadtteil Harburg hat zwar einen spaßigen Namen („MDMA“ steht in diesem Fall für „Mach das mal anders“), fügt sich ansonsten aber in den ernsten, antiautoritären 1. Mai-Duktus. Die Antifa Altona Ost demonstriert durch Altona und vereinigt sich um 18 Uhr mit dem antiimperialistischen „Roten Aufbau“, der sich an der Sternschanze trifft.
Politischer Hintergrund: Die Antiimperialisten haben sich das Motto „Gemeinsamen gegen Ausbeutung“ auf die Banner geschrieben und fordern den Vier-Stunden-Tag für Arbeiter*innen. Jahrelang haben sie die einzige große 1. Mai-Demo in Hamburg organisiert, dabei haben sie unter Linken nicht nur Freund*innen. Die Veranstalter*innen der MDMA-Demo verstehen sich als anarchistische Alternative, die im Streit zwischen Antiimps und Antideutschen bewusst keine Position bezieht.
Erwartete Teilnehmerzahl: Harburg ist aus den Szenevierteln betrachtet weit weg. Die Antifa Altona Ost hingegen ist in den vergangenen Monaten zur Antifa-Gruppe der Herzen geworden, weil sie von der Schulbehörde drangsaliert wurde – dürfte also mehr Zulauf erwarten. Der „Rote Aufbau“ kann mit 2.000 Teilnehmer*innen rechnen.
Krawallfaktor: Nur beim Roten Aufbau gegeben. Im vergangenen Jahr blieb es ruhig, da war die Demo allerdings durchs ruhige Wandsbek gelaufen. Das Schanzenviertel erhöht den Faktor wieder. Traditionell endet die Nacht dort mit Wasserwerfern, qualmenden Mülleimern und vielen Scherben.
Gegenprogramm: Die Polizei ist gegenüber den Antiimps nicht zimperlich, sondern setzt auf „viel hilft viel“.
Kurios: Der Münchener Pegida-Chef Heinz Meyer hatte eine 1.-Mai-Demo vor der Roten Flora angemeldet. Die Versammlungsbehörde war nicht einverstanden, daraufhin zog er vor Gericht. Am Freitag bestätigte der Richter nach einem Eilantrag das Demoverbot.
Wer berichtet: Für die taz wird taz-Nord-Reporterin Katharina Schipkowski ab etwa 12 Uhr über den Periscope-Account der taz-Nord-Redaktion: @taznord aus Hamburg berichten. Sie wird schauen, was in Sachen „MDMA“ los ist und was abends noch übrig bleibt.
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Duisburg
Die Aktionsform: Die Anhänger der neonazistischen Partei „Die Rechte“ wollen sich um 14:00 Uhr am Wanheimerorter S-Bahnhof Im Schlenk treffen und von dort zum Hochfelder S-Bahnhof Hochfeld-Süd marschieren. Die Partei mit Hauptsitz in Dortmund, wo die rechtsextreme Kameradschaftsszene stark vernetzt ist, wird vom Verfassungsschutz beobachtet und propagiert offen völkisches und rassistisches Gedankengut. Ein breites Bündnis aus zahlreichen Organisationen will dagegen auf vielfältige Weise Stellung beziehen.
Der Hintergrund: Duisburg gilt als ein Armenhaus des Ruhrgebiets – und damit als symbolischer Ort. Sowohl für Rechtsextreme ist die Stadt damit ein interessantes Pflaster, aber auch die Linkspartei in Duisburg spielt traditionell eine besondere, teils dogmatische Rolle. Im antifaschistischen Kampf ist sie allerdings gut vernetzt.
Erwartete Teilnehmerzahl: Unübersichtlich. Bei den Rechtsextremen mobilisiert eine Kleinpartei, allzu großer Andrang könnte ausbleiben. Oft standen ihre Anhänger schon frustriert in der Gegend herum. Das könnte Mittwoch auch so sein. Offen ist, wieviele Kameradschaftsmitglieder aus dem Ruhrgebiet und Umgebung sich mobilisieren lassen – und wie viele stattdessen nach Erfurt reisen. Die Gegenveranstaltungen dürften um ein vielfaches besser besucht sein.
Der Krawallfaktor: Schaunmermal.
Das Gegenprogramm: Ab dem frühen Morgen wollen unterschiedlichen Gruppen in Duisburg sowohl Kundgebungen abhalten und damit Stellen in der Stadt blockieren – als auch den Aufmarsch der Rechtsextremisten selbst stoppen. Die Polizei rief bereits öffentlich dazu auf, sich von möglichen Straftätern zu distanzieren.
Wer berichtet: Für die taz wird Anett Selle ab dem Mittag über ihren Periscope-Account @anettselle im Livestream aus Duisburg berichten. Sie will schauen, wie viele Sympathisanten die „Rechte“ mobilisieren kann – und wer alles dagegen aufsteht. Folgen können Sie ihren Berichten
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Leipzig
Aktionsform: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) veranstaltet seine zentrale Maikundgebung in Leipzig. Reden wird dort unter anderem DGB-Chef Reiner Hoffmann.
Politischer Hintergrund: Titel des diesjährigen DGB-Maiaufrufs: „Europa. Jetzt aber richtig!“ Der Gewerkschaftsbund bekennt sich darin zur EU und gegen Rechtspopulismus, fordert aber mehr Rechte für ArbeitnehmerInnen in der Europäischen Union.
Erwartete Teilnehmerzahl: 2018 kamen zwischen 3.500 und 6.500 Menschen zur zentralen DGB-Kundgebung, die damals in Nürnberg stattfand.
Krawallfaktor: Na ja. Es ist eine DGB-Kundgebung.
Katharina Schipkowski, Erik Peter, Tobias Schulze, Martin Kaul
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