Denuklearisierung in Nordkorea: Sprengungen auf Atomtestgelände
Nordkorea sagt, es habe sein Atomtestgelände unbrauchbar gemacht. Die geladenen Journalisten konnten bisher keine Bilder schicken.
Rund 30 ausländische Fernseh- und Agenturjournalisten nahmen das Spektakel mit ihren Kameras auf. Bislang gibt es jedoch noch keine Bilder, da die internationalen Medienvertreter in den abgelegenen Bergen Nordkoreas über keinen Internetzugang verfügen.
Nur wenige Stunden vor der Sprengung hat Nordkorea erneut mehrere verbale Provokationen gegen die USA abgefeuert. Vize-Außenministerin Choe Son Hui sagte laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA, dass es vom Verhalten der USA abhänge, ob man sich am Verhandlungstisch oder in einer „nuklearen Machtprobe“ begegnen würde.
Die US-Regierung hat in den letzten Tagen immer wieder angedroht, dass Nordkorea das selbe Schicksal wie Libyen ereilen würde, wenn es beim geplanten Gipfeltreffen zwischen Donald Trump und Kim Jong Un zu keiner Einigung kommen würde.
Das Beispiel Libyen
Das libysche Regime unter dem langjährigen Diktator Muammar al-Gaddafi wurde mithilfe westlicher Luftangriffe gestürzt, nachdem es zuvor seine nuklearen Ambitionen aufgegeben hat.
Einerseits wird die Schließung von Nordkoreas Testgelände als positives Signal gedeutet. Andererseits sollte das Zugeständnis des Regimes nicht überbewertet werden: Da Nordkoreas Atomprogramm bereits weit fortgeschritten ist, benötigt Machthaber Kim möglicherweise keine weiteren Tests mehr.
Ebenso ist fraglich, inwieweit das nach sechs Atomtests stark in Mitleidenschaft gezogene Gelände Punggye-ri überhaupt noch weiteren Atomwaffentests standhalten würde. Und nicht zuletzt warnten einige Nuklearexperten, dass Pjöngjang mit der Sprengung auch wertvolle Beweisspuren verwischen würde.
Es ist bemerkenswert, dass Nordkorea zwar TV-Journalisten ins Land gelassen hat, aber keine unabhängigen Atomexperten. „Nordkorea hofft, dass das dramatische Videomaterial der Zerstörung seines Atomtestgeländes seinen Willen zur Denuklearisierung beweist. Pjöngjang wird dies nutzen, um Donald Trump zu mahnen, was er dafür getan hat, um seine Verbindlichkeit zu beweisen“, schreibt die Nordkorea-Expertin Jean Lee auf Twitter. Lee hat 2012 für AP das erste westliche Nachrichtenbüro in Pjöngjang eröffnet.
Kim und Trump eint Interesse am Gipfel
Für Kim Jong Un wäre es ohne Zweifel ein lange gehegtes Ziel, mit der US-Regierung auf Augenhöhe zu verhandeln. Auch Trump ist stark daran interessiert, „einen Deal“ mit den Nordkoreanern herauszuschlagen.
Der momentane verbale Schlagabtausch von beiden Seiten wird vor allem als taktischer Poker gewertet, sich im Vorfeld des für den 12. Juni in Singapur geplanten Gipfeltreffens eine günstige Verhandlungsposition zu sichern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“