Demos gegen AfD: Aufruf zu Protest, Zögern bei Verbot
Stimmen aus Wirtschaft und Kultur warnen vor Rechtsextremismus und begrüßen die Demos. Politiker:innen bleiben gegenüber einem Verbot der AfD skeptisch.
So sieht Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wenig Chancen, Höcke einzelne Grundrechte zu entziehen. „Das Bundesverfassungsgericht hat in der Geschichte der Bundesrepublik noch in keinem Fall entschieden, dass eine Person ihre Grundrechte verwirkt hat“, sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. Bei Höcke und seinem als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Thüringer AfD-Landesverband müsse es „zuerst um die politische Auseinandersetzung gehen“, betonte die SPD-Politikerin.
Eine gegen den AfD-Politiker Höcke gerichtete Online-Petition hatte am Dienstag nach zwei Monaten die Zahl von einer Million Unterschriften überschritten. Die Petition fordert, dass die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 des Grundgesetzes stellt. Gemäß dieses Artikels können demjenigen einzelne Grundrechte genommen werden, der diese „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“. Es könnten also zum Beispiel das Wahlrecht oder die Befugnis, öffentliche Ämter auszuüben, entzogen werden.
Hinsichtlich eines Verbots der AfD zeigte sich Innenministerin Faeser ebenfalls skeptisch. Dies habe „sehr hohe Hürden“, sagte sie. „Unsere Verfassung sieht dieses schärfste Instrument der wehrhaften Demokratie zurecht als Ultima Ratio vor. Das kann niemand bei einer entsprechenden Sachlage ausschließen. Politisch ist aber klar: Wenn sich Menschen einer solchen Partei zuwenden, müssen wir dafür werben, dass diese Menschen zu den demokratischen Parteien zurückkommen“, betonte Faeser.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich gegen ein AfD-Verbotsverfahren ausgesprochen. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung nannte er aber andere Optionen zur Bekämpfung der Partei. Seien Mitglieder der AfD „erkennbare Verfassungsfeinde“, brauche es Konsequenzen. Dazu zählten etwa „die Unvereinbarkeit mit dem öffentlichen Dienst oder Beschränkungen bei der Parteienfinanzierung“.
Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) erklärte, es sei ungewiss, ob für einen Verbotsantrag genug Material über die in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei vorliege. Solange der Bund und die übrigen Länder dieser Einstufung noch nicht folgen, sei er skeptisch, „dass die hohen verfassungsrechtlichen Hürden für ein Verbotsverfahren derzeit genommen werden können“, sagte Schuster der Zeitung.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) forderte ein Lagebild. „Die Erkenntnisse der Behörden müssen systematisch zusammengeführt und ausgewertet werden, sodass ein vollständiges Bild von den tatsächlichen Aktivitäten der AfD und ihren Vernetzungen zur rechtsextremen Szene entsteht“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Nur so könne beurteilt werden, „ob über die politische Auseinandersetzung hinaus ein rechtliches Vorgehen zum Schutz unserer Verfassung möglich ist“.
Josef Schuster hofft auf Zivilcourage im Alltag
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht in den Demonstrationen gegen die AfD ein wichtiges Signal gegen eine Gleichgültigkeit der Gesellschaft angesichts von wachsendem Extremismus. „Ich bin wirklich erfreut, dass die Mitte der Gesellschaft aufsteht“, sagte Schuster der Augsburger Allgemeinen vom Samstag.
Donnerstag, 25. Januar
Friedrichshafen, Bahnhof, 14 Uhr
Hagen, Friedrich-Ebert-Platz, 18 Uhr
Kempten, Hildegardplatz (vorauss.), 18 Uhr
Mönchengladbach, Sonnenhausplatz, 18 Uhr
Mühlhausen, Obermarkt, 18 Uhr
Rostock, Neuer Markt, 17 Uhr
Siegen, Bismarckplatz, 17.30 Uhr
Weidenau, Bismarckplatz, 17.30 Uhr
Wiesbaden, Hauptbahnhof, 18 Uhr
Freitag, 26. Januar
Bad Säckingen, Münsterplatz, 17 Uhr
Delbrück, Alter Markt, 17 Uhr
Dorsten, Marktplatz, 17.30 Uhr
Eppingen, Marktplatz, 18 Uhr
Ettlingen-Oberweier, Ufgaustraße, 17.30 Uhr
Frankfurt am Main, Roßmarkt, 17 Uhr
Fürth, Grüner Markt, 17 Uhr
Helmstedt, Markt, 16 Uhr
Herford, Rathaus, 18 Uhr
Herne, Europaplatz, 17 Uhr
Hückeswagen, Bahnhofsplatz, 17 Uhr
Ingelheim, Fridtjof-Nansen-Platz, 17.30 Uhr
Königswinter, Rathausplatz Altstadt, 16 Uhr
Mosbach, Bahnhof, 18 Uhr
Neuruppin, Schulplatz, 17 Uhr
Neustadt am Rübenberge, Marktplatz, 16 Uhr
Neustadt in Holstein, Marktplatz, 17 Uhr
Nordhorn, Bahnhof, 17.30 Uhr
Oberursel, Marktplatz, 18 Uhr
Puderbach, Dorfgemeinschaftshaus, 17.30 Uhr
Reutlingen, Marktplatz, 17 Uhr
Rüsselsheim am Main, Bahnhofsplatz, 17 Uhr
Saalfeld, Markt, 16 Uhr
Saarbrücken, Landwehrplatz, 17.30 Uhr
Stadthagen, Marktplatz, 15 Uhr
Uelzen, Herzogenplatz
Unna, Rathausplatz, 16.30 Uhr
Wülfrath, Heumarkt, 16 Uhr
Samstag, 27. Januar
Aachen, Hauptbahnhof, 13 Uhr
Aichach, Stadtplatz, 16 Uhr
Aschaffenburg, Theaterplatz, 16 Uhr
Bad Breisig, Kurpar, 11 Uhr
Bad Honnef, Marktplatz, 18 Uhr
Bargteheide, Rathaus, 11.30 Uhr
Bautzen, Hauptmarkt, 14 Uhr
Berlin-Pankow, Ehemaliges jüdisches Waisenhaus, 18 Uhr
Biberach an der Riss, Marktplatz, 15.00 Uhr
Bingen, Bürgermeister-Neff-Platz, 12 Uhr
Bitburg, Bedaplatz, 14 Uhr
Böblingen, Elbenplatz, 15 Uhr
Borken, Marktplatz, 14 Uhr
Borkheide, Marktplatz, 16 Uhr
Brandenburg an der Havel, Nicolaiplatz, 13 Uhr
Buchholz (Nordheide), Peets Hoff, 13 Uhr
Bünde, Tönnies Wellensiek Platz, 12 Uhr
Cloppenburg, Platze an der Roten Schule, 14 Uhr
Cuxhaven, Ritzebüttler Marktplatz, 12 Uhr
Datteln, Neumarkt, 12 Uhr
Dillingen an der Donau, Schlossplatz, 13.30 Uhr
Dinslaken, Neutorplatz, 16 Uhr
Döbeln, Obermarkt, 14 Uhr
Dornstetten, Marktplatz, 14 Uhr
Düren, Kaiserplatz, 12 Uhr
Düsseldorf, DGB-Haus, 12 Uhr
Eichwalde, Marktplatz, 16 Uhr
Eisenach, Markt, 13 Uhr
Elmshorn, Alter Markt, 11.55 Uhr
Emden, Rathausplatz, 13 Uhr
Erftstadt, Marktplatz Lechenich, 14 Uhr
Eschwege, Marktplatz, 11 Uhr
Eschweiler, Dreieinigkeitskirche, 10 Uhr
Frankenthal, Rathausplatz, 12 Uhr
Frankfurt (Oder), Bahnhof, 13 Uhr
Füssen, Stadtbrunnen, 14.30 Uhr
Gelsenkirchen, Heinrich König Platz, 17 Uhr und Hans-Sachs-Haus, Ebertstraße 11, 17.30
Gera, Marktplatz, 15 Uhr
Göppingen, Schlossplatz, 12.30 Uhr
Goslar, Marktplatz, 12 Uhr
Gummersbach, Lindenplatz, 11 Uhr
Haltern am See, Marktplatz, 18 Uhr
Hamburg, Schatzmeisterstraße, 13 Uhr
Hankensbüttel, Mahnmal, Steimker Straße, 17 Uhr
Heide, Südermarkt, 10 Uhr
Heidenheim, Hauptstr. Elmar Doch Haus, 10 Uhr
Heilbad Heiligenstadt, Friedensplatz, 15.30 Uhr
Herten, Otto-Wels-Platz, 13 Uhr
Herzberg Elster, Markt 1, 15 Uhr
Hildesheim, Marktplatz, 15.30 Uhr
Hof, Kugelbrunnen, 16 Uhr
Hofheim, Kelereiplatz, 10 Uhr
Holzminden, Marktplatz, 11.55 Uhr
Husum/Nordfriesland, Kreishaus, 13 Uhr
Idar-Oberstein, Marktplatz Oberstein, 17 Uhr
Idstein, König Adolf Platz = Vor dem Rathaus, 13 Uhr
Ingolstadt, Xaver Mayer – Haus der Mode / Fußgängerzone 11 Uhr
Kaiserslautern, Stiftskirche, 11 Uhr
Kamen auf dem Alten Markt, 11 Uhr
Kirchheim unter Teck, Marktplatz, 12.30 Uhr
Kitzingen, Marktplatz, 16 Uhr
Köln, Roncalliplatz, 14 Uhr
Landsberg am Lech, Georg-Hellmair-Platz, 12.30 Uhr
Lindau, Bismarckplatz, 10.45 Uhr
Lörrach, Rathausplatz, 12 Uhr
Lübeck, Altstadt, 13 Uhr
Mannheim, Alter Messplatz, 16 Uhr
Marienthal, Schatzmeisterstr. 43, 13 Uhr
Marl, Rathausplatz, 15 Uhr
Memmingen, Marktplatz, 16 Uhr
Menden, Rathausplatz, 10.30 Uhr
Michelstadt, Rathausplatz, 11.30 Uhr
Moers, Synagogenbogen, 11 Uhr
Müllheim im Markgräflerland, Markgräfler Platz, 11 Uhr
Neukirchen-Vluyn, Vluyner Platz, 14 Uhr
Neumarkt i.d.Opf., Rathaus, 11 Uhr
Neuruppin, Rosengarten/OdF-Denkmal, 16 Uhr
Neustadt an der Weinstraße, Marktplatz, 15 Uhr
Oelde, Marktplatz, 16 Uhr
Öhringen, Marktplatz, 14.30 Uhr
Oranienburg, Bahnhof, 13 Uhr
Osnabrück, Marktplatz/Rathaus, 10.30 Uhr und Theater Osnabrück, 16 Uhr
Papenburg, St. Antonius Kirche, 14 Uhr
Passau, Klostergarten, 14 Uhr
Plauen, Altmarkt, 13 Uhr
Ravensburg, Bahnhof, 14.30
Rendsburg, Schloßplatz, 11.30 Uhr
Rösrath, Bahnhof, 11 Uhr
Sangerhausen, Marktplatz Sangerhausen, 14 Uhr
Schwäbisch Hall, Marktplatz, 12 Uhr
Schweinfurt, Marktplatz, 11.55 Uhr
Schwentinental, Haus der Kirche zum Rathaus, 10 Uhr
Schwerte, Postplatz, 11 bis 18 Uhr
Singen, Vesperkirche (Lutherkirche), 10 Uhr
Straubing, Ludwigsplatz, 14.30 Uhr
Stuttgart, Schlossplatz, 15 Uhr
Traunstein, Bahnhofsplatz, 14 Uhr
Trier, Hauptmarkt, 15 Uhr
Troisdorf, Kölner Platz, 15 Uhr
Tübingen, Marktplatz, 14 Uhr
Uslar, Am Rathaus, 13 Uhr
Villingen-Schwenningen, Latschariplatz, 12 Uhr
Waltrop, Rathaus, 15 Uhr
Wehrheim, Wehrheimer Mitte, 13.30 Uhr
Weißwasser/Oberlausitz, Marktplatz, 10 Uhr
Wermelskirchen, Rathausplatz, 16 Uhr
Wismar, Bahnhof, 12 Uhr
Wittenberg (Lutherstadt), Marktplatz, 16 Uhr
Wittstock, Marktplatz, 15 Uhr
Wohld-Schandelah, Gedenkstätte, 12 Uhr
Worms, Otto-Wels-Platz, 11 Uhr
Xanten, Marktplatz, 12 Uhr
Zossen, Dreifaltichkeitskirche, 17 Uhr
Zweibrücken, Hallplatz, 12 Uhr
Zwiesel, Stadtplatz Regen, 14.30 Uhr
Sonntag, 28. Januar
Ahrweiler, Bahnhof, 14 Uhr
Bernkastel-Kues, Forumsplatz Kues, 11 Uhr
Bremerhaven, Theodor-Heuss-Platz, 15 Uhr
Boppard, Rheinallee, am Musikpavillon, 11 Uhr
Cochem, Endertplatz, 15 Uhr
Demmin, Markt, 14 Uhr
Dülmen, Marktplatz, 15 Uhr
Heppenheim, Landratsamt/Parkanlage, 15 Uhr
Konz, Marktplatz, 11.45 Uhr
Lindenberg, Stadtplatz, 14 Uhr
Müllheim, Platz vor dem Jüdischen Friedhof, 15 Uhr
Neuss, Münsterplatz, 14 Uhr
Neuwied, Aula des Werner-Heisenberg-Gymnasium, 17 Uhr
Nordhausen, Rathausplatz, 17 Uhr
Trier, Porta Nigra, 14 Uhr
Wittlich, 14 Uhr
Montag, 29. Januar
Viersen, 10.30
Wiesdorf, Vor dem Rathaus, Friedrich-Ebert-Platz, 19 Uhr
Dienstag, 30. Januar
Bad Kreuznach, Kornmarkt, 17 Uhr
Bielefeld, auf dem Jahnplatz, 18 Uhr
Donnerstag, 1. Februar
Hachenburg, Alter Markt, 18 Uhr
Freitag, 2. Februar
Brilon auf dem Marktplatz, 17 Uhr
Neheim, 16.30 Uhr
Simmern/Hunsrück, Hunsrückhalle, 17 Uhr
Viersen, Remigiusplatz, 16 Uhr
Samstag, 3. Februar
Augsburg, Rathausplatz, 14 Uhr
Berlin, Bundestag, 13 Uhr
Kempten, Forum Allgäu, 14 Uhr
Krefeld, Platz der Wiedervereinigung, 14 Uhr
Lörrach, Fabric Areal, 11 Uhr
Ludwigshafen, Berliner Platz, 14 Uhr
Neuwied, Luisenplatz, 11 Uhr
Nürnberg, Kornmarkt Nürnberg, 16 Uhr
6. Februar
Deggendorf, Oberer Stadtplatz, 18 Uhr
24. Februar
Stuttgart
Diese Liste wird nicht mehr aktualisiert. Neuer Ort: https://taz.de/Potsdamer-Radikalen-Treffen/!5986542
Termin-Hinweise bitte an: demohinweise ät taz.de
„Ich habe immer das Gefühl gehabt, man sieht die Prognosen und Wahlergebnisse der AfD, aber das lockt niemanden hinter dem Ofen hervor“, sagte Schuster. Dies habe ihm Sorgen gemacht. Umso mehr freue er sich, „wenn Leute jetzt auf die Straßen gehen und ihren Unmut zum Ausdruck bringen“.
Der Zentralrats-Präsident äußerte die Hoffnung, dass Menschen nun auch im Alltag Zivilcourage zeigen. „Wenn im persönlichen Gespräch, am Arbeitsplatz, in der Familie, im Bekanntenkreis, im Sportverein oder in der Jugendgruppe jemand aufsteht und Ideologien äußert, die rassistisch, menschenverachtend oder antisemitisch sind“, wäre es gut, aufzustehen und zu sagen: „Weißt du, was du da gerade gesagt hast?“, sagte Schuster. Man müsse entsprechenden Menschen den Spiegel vorhalten. „So lässt sich eine Menge erreichen.“
Ähnliches gelte auch für den Umgang mit der AfD auf politischer Ebene. „Ich glaube, es ist in der Politik generell verstanden, dass die AfD kein politischer Gesprächspartner sein kann“, sagte Schuster. „Und ich hoffe, die, die noch anderer Meinung waren, haben jetzt endgültig verstanden, mit wessen Geistes Kind man es da zu tun hätte.“
Mit Blick auf hohe Umfragewerte der AfD zeigt sich der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, besorgt über eine Erosion demokratischer Werte. „Auf genau diesem Nährboden gedeiht Judenhass“, sagte Klein der Neuen Osnabrücker Zeitung. Selbst die Beobachtung durch den Verfassungsschutz halte viele Menschen offenbar nicht davon ab, die AfD zu wählen.
Hubertus Heil: „AfD schadet Deutschland wirtschaftlich“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die Wirtschaft dazu aufgerufen, sich gegen rechts zu stellen. Er sei über jeden Wirtschaftsvertreter froh, der sich klar gegen die AfD und Nazis positioniere, sagte Heil der Rheinischen Post. „Wir sind eine offene Gesellschaft, darauf gründet auch unser wirtschaftlicher Erfolg.“ Deutschland sei keine Insel. „Unsere Volkswirtschaft ist international vernetzt. Rassismus und Nationalismus können wir uns auch deshalb nicht leisten“, mahnte der SPD-Politiker.
Jedem müsse klar sein, dass die AfD ein Standortrisiko sei, „eine Partei, die nicht nur unsere Demokratie angreift, sondern unserem Land auch wirtschaftlich und sozial schadet“, sagte Heil. „Qualifizierte Fachkräfte, die wir für Deutschland dringend gewinnen müssen, werden nur dann kommen, wenn sie sicher sein können, dass sie hier nicht ausgegrenzt oder gar bedroht werden.“
Dem Aufruf Heils ist zumindest schon der Aufsichtsratschef von Siemens Energy, Joe Kaeser gefolgt. Er warnt vor Rechtsextremismus in Deutschland und zieht angesichts des Aufstiegs der AfD Parallelen zur NS-Zeit. „Wenn alles so stimmt, wie es berichtet wird, dann ist das ganz abscheulich“, sagte Kaeser, der auch Aufsichtsratschef des Lkw-Bauers Daimler Truck ist, der Nachrichtenagentur Reuters in einem am Samstag veröffentlichten Interview.
Man zahle einen Preis, wenn man vor den Gefahren warne, fügte Kaeser in Anspielung auf Drohungen gegen seine Familie nach früherer Kritik an Rechtsextremen hinzu. „Aber ich will mir nicht nachsagen lassen, dass ich geschwiegen hätte, als noch Zeit war, Dinge zu korrigieren“, fügte er hinzu. Das sei die Lehre aus der deutschen Geschichte. Er werde sich an den derzeit in vielen Städten stattfindenden Demos gegen Rechtsextremismus beteiligen. „Nach 1933 gab es eine Zeit, in der die wirtschaftliche und gesellschaftliche Elite noch Position gegen den Kurs des Naziregimes hätte beziehen können“, betonte der Top-Manager. Damals hätten aber die meisten geschwiegen. „Diesen Fehler dürfen wir nicht wiederholen. Ich mache mir wirklich Sorgen um unsere Demokratie“, sagte Kaeser.
Vor einigen Tagen hatte auch der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, vor der AfD gewarnt. Deutschland als Exportland profitiere wie wohl kaum ein anderes von Weltoffenheit, internationaler Zusammenarbeit und Handel und der europäischen Einigung. „Dass in diesem Land eine starke politische Partei Raum gewinnt, die all dieses infrage stellt, das ist wirtschaftlich gefährlich“, sagte er.
BAP-Frontmann: „Wurde jetzt aber auch allerhöchste Zeit“
Der Frontmann der Kölschrock-Band BAP, Wolfgang Niedecken, hat die Proteste gegen die AfD begrüßt. „Das wurde jetzt aber auch allerhöchste Zeit“, sagte Niedecken mit Blick auf die Demonstrationen dem Fernsehsender Phoenix in einem am Freitagabend verbreiteten Interview. „Ich finde es großartig, dass sich das von selbst entwickelt hat“, erklärte er. Die Menschen dürften die aktuellen Entwicklungen nicht länger hinnehmen. „Das, was jetzt wichtig ist, ist, sich gegen rechts zu positionieren“, unterstrich er.
Der Musiker sieht die AfD als Bedrohung der Demokratie. „Da sind viele Nazis drunter“, sagte Niedecken. Das heiße nicht, dass die Leute, die diese dann wählten, auch Nazis seien. Sie fielen jedoch auf Lügen herein. Der Kölner Musiker erinnerte an den Nazi-Propagandisten Joseph Goebbels, der davon gesprochen habe, dass die NSDAP in den Parlamenten wie ein Wolf in eine Schafherde einbreche. „Die AfD versucht das Gleiche zu tun“, mahnte Niedecken.
Auch Bayern-Coach Thomas Tuchel hat sich wie zuvor einige seiner Bundesliga-Kollegen klar gegen Rechtsextremismus und für Demokratie positioniert. „Zum Thema Rechtsextremismus muss man ganz klar sagen, können nicht genug aufstehen. Da stehen wir 1000 Prozent dagegen auf, da gibt es keinen Zweifel, gegen jede Art von Extremismus. Und da kann es dann auch keine Stimme zu viel geben“, sagte der 50 Jahre alte Fußballtrainer am Samstag bei der Pressekonferenz zum Ligaspiel gegen Werder Bremen.
Zuvor hatten unter anderem Freiburgs Trainer Christian Streich, Bayer-Coach Xabi Alonso und Marco Rose von RB Leipzig in der aktuellen Diskussion Stellung bezogen. Streich hatte auch dazu aufgerufen, sich an den bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus zu beteiligen. Der Kölner Abwehrspieler Timo Hübers hatte die Demonstration gegen rechts in der Stadt des Bundesligisten gelobt und sich ebenfalls klar gegen rechtes Gedankengut positioniert.
Deutschlandweit werden an diesem Wochenende Zehntausende Menschen bei Demonstrationen gegen rechts und für die Demokratie erwartet. Allein bei einer Kundgebung in Hannover am Samstag gehen die Veranstalter von deutlich mehr als 10.000 Teilnehmern aus. Eine Demonstration gegen rechts und die AfD in Hamburg musste am Freitagabend wegen des großen Menschenandrangs abgebrochen werden. Einer der Organisatoren verwies auf Sicherheitsbedenken. Die Polizei sprach von 50 000 Teilnehmern, die Veranstalter von 80 000.
Auslöser der Proteste ist ein Bericht des Medienhauses Correctiv aus der vergangenen Woche über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen von Rechtsradikalen in einer Potsdamer Villa vom 25. November. An dem Treffen hatten auch mehrere AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen.
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