Demonstrationen gegen Presse: Das nächste Ziel der Bauern
Samstag blockierten Demonstrierende die Auslieferung von Zeitungen in Hamburg. Am Montag versammeln sich Bauern in Hannover vorm NDR.
Seit Wochen thematisieren deutschlandweit zahlreiche Medien die Proteste der Landwirte. Gefordert werden dennoch unter anderem mehr Medienberichte, eine Rücknahme des Bundeshaushaltes 2024, eine Abschaffung der CO2-Steuer, die Subventionierung von Agrardiesel.
Anmelder der Aktion in Hannover war laut der Nachrichtenagentur dpa Joachim Oelze, Landwirt aus Schwienau, etwa 130 Kilometer nördlich von Hannover. In der Vergangenheit kandidierte er für die lokale CDU. Es ist die neueste Entwicklung im Kontext der Landwirt-Proteste: Mit abnehmendem öffentlichen Interesse, Einordnungen und auch Gegenreden werden nun Medienhäuser zum Ziel der Demonstrationen.
Dabei sind viele Medien gar nicht so kritisch gegenüber den Protesten, wie manche Landwirte zu glauben scheinen. Am 28. Januar etwa berichtete die Nachrichtensendung „hallo niedersachsen“ über einen der Proteste, bei dem auf einem Feld mehrere tausend Demonstrierende ein riesiges „Herz für Deutschland“ formten. Bebildert wurde das Ganze vom NDR unter anderem mit den Videos der Organisator*innen. Kritische Nachfragen: Fehlanzeige.
Etwas kritischer die Berichterstattung am vergangenen Freitag, als bei einer Autobahnblockade mit Mist zwar vor allem verständige Autofahrer*innen zu Wort kommen. Die Polizei warnte allerdings vor der Gefahr durch die Aktion und ein Bauernvertreter verurteilte die Aktionsform. Man stelle sich den Aufschrei vor, hätte die Letzte Generation einen Anhänger Mist auf eine Autobahn gekippt.
Nicht nur der Norden
Bereits am vergangenen Freitag waren etwa 250 Menschen in Unterföhring bei München vor den Bayerischen Rundfunk gezogen, um dort gegen eine vermeintliche Vorverurteilung zu protestieren. Im Beitrag des Senders ist zu sehen, dass einer der Traktoren das Symbol der Landvolk Bewegung, die als Wegbereiter des Nationalsozialismus gilt, auf einem Schild trug.
Auch in Hamburg sind verschiedene Medien zum Ziel der Proteste geworden. Etwa 60 Personen blockierten in der Nacht zu Samstag drei Stunden lang das Presseverteilerzentrum der Firma „4Press“. Von dort werden u. a. Hamburger Abendblatt, Hamburger Morgenpost und Spiegel ausgeliefert. Laut Betreiber war die Blockade rein symbolisch. Alle Printerzeugnisse erreichten ihre Zielorte. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) kritisierte die Aktion als einen „Angriff auf die freie Presse“. Die Polizei löste die Versammlung auf.
In Hannover endete der Protest am Montag um 11 Uhr, nachdem eine Delegation, laut eigenen Angaben vom Chef des Landesfunkhauses, empfangen wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“