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Demonstrationen gegen Corona-MaßnahmenRechtsextreme geben den Ton an

Laut Verfassungsschutz wurden mehr als 90 Corona-Demos von Rechtsextremen dominiert. Linke sieht darin eine weiterhin unterschätzte Gefahr.

Keine Seltenheit am letzten Wochenende in Berlin: Eine Reichsflagge vor dem Reichstag Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin dpa | Nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat es in den vergangenen Monaten bundesweit mehr als 90 Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen gegeben, bei denen Rechtsextremisten Wortführer waren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Einer der regionalen Schwerpunkte der Kundgebungen, die oftmals nur von einigen Dutzend Teilnehmern besucht wurden, war laut Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt. In dem östlichen Bundesland fand demnach mehr als ein Drittel aller zwischen dem 25. April und dem 10. August von Rechtsextremisten durchgeführten oder dominierten Veranstaltungen statt.

Im Juli fielen dem Verfassungsschutz zwei Kundgebungen in Düsseldorf und Essen auf, an denen jeweils einige Hundert Demonstranten teilnahmen. Die meisten Veranstaltungen wurden den Angaben zufolge nicht von Parteien oder Vereinen angemeldet, sondern von Einzelpersonen. Einige Kundgebungen waren vorab nicht angemeldet worden.

Unter den Zehntausenden Demonstranten, die am letzten August-Wochenende in Berlin gegen die Corona-Einschränkungen protestiert hatten, waren auch größere Gruppen sogenannter Reichsbürger mit entsprechenden T-Shirts, Transparenten, Sprechchören und Flugblättern. Deutlich erkennbar waren auch einige kleinere Gruppen von Rechtsextremisten und Neonazis.

Auch „Flügel“-Mitglieder unter den Teilnehmenden

Zu den Teilnehmern aus den Reihen der AfD zählten auch Mandatsträger, die dem inzwischen offiziell aufgelösten „Flügel“ zugerechnet werden. Die Strömung um den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. Höcke selbst ließ sich während der Kundgebung filmen. In dem anschließend veröffentlichten Video zeigte er sich begeistert von der Demonstration und sagte, er habe den Eindruck, „dass hier und heute in Berlin Geschichte geschrieben wird“.

Die Mobilisierungsaufrufe von Rechtsextremisten im Vorfeld der Kundgebung seien „breiter und intensiver“ als etwa vor der Corona-Protestkundgebung in Berlin am 1. August gewesen, stellte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion fest. Bisher seien Rechtsextremisten mit ihren Versuchen, im Zusammenhang mit der Corona-Krise „an demokratische Proteste Anschluss zu finden“, dennoch nicht sehr erfolgreich gewesen.

Die Sicherheitsbehörden des Bundes sind sich aber nicht sicher, ob ihnen das in Zukunft nicht doch zumindest teilweise gelingen könnte, so wie in der Vergangenheit bei einzelnen Anti-Asyl-Kundgebungen. Die Bundesregierung erklärte, die Behörden verfolgten „einen möglichen Ausbau der rechtsextremistischen Vereinnahmung von Protesten gegen die staatlichen Corona-Eindämmungsmaßnahmen daher auch weiterhin sehr aufmerksam“.

„Wurden Faschisten auf den früheren Querdenker- und Corona-Protesten bereits geduldet, so ist es insbesondere der Reichsbürgerbewegung und kruden Verschwörungsideologen am 29. August in Berlin gelungen, mit ihren Fahnen, Symbolen und Losungen Teile des Aufzugs zu prägen“, kommentierte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Dies sei „eine gefährliche Entwicklung, die von der Bundesregierung weiterhin unterschätzt wird“.

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10 Kommentare

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  • Die Berichterstattung zu den Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Regierungen (Bund und Länder, deswegen Plural), nicht zuletzt in der taz, wo die Redakteure doch nur selbst einmal hingehen, hinsehen und hinhören könnten (Augenzeugenberichte können von mir geliefert werden), beschränkt sich auf die Randerscheinungen. Es ist traurig, dass Nazis die mediale Aufmerksamkeit kapern können und mit der Kopie von Sponti-Aktionen wie dem „Sturm“ auf die Reichstagstreppe, alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Anliegen einer außerparlamentarischen Opposition gegen das Regierungshandeln, müssen dann gar nicht weiter diskutiert werden. Vielleicht ist das für viele beruhigend, weil Sie dann ihre eigene Haltung und Einschätzungen vom Frühjahr auch nicht hinterfragen müssen. Aber für eine Demokratie ist diese Einstellung gegenüber einer offenen Debatte ziemlich traurig.



    Wie kann man sich mehr von Links- und Rechtsextremismus distanzieren als die Querdenken-Veranstalter an der Siegessäule? Man kann ja nicht, wenn man sich als gewaltlos definiert, Leute wegprügeln, die sich einfach dreist dazustellen, obwohl Dinge gesagt werden, die dem totalitären Denken dieser „Mitläufer“ völlig konträr sind.



    @Jim Hawkins: Das sind wertvolle Hinweise und natürlich müssen alle demokratisch Denkenden aufpassen, dass keine Unterwanderung stattfindet. Aber bei einer offenen Bewegung, deren Ziele (noch) nicht klar formuliert sind, weil sie auch (nicht nur?) von Politprofis getragen wird, ist das doch nicht weiter verwunderlich. Ein Blick in die Geschichte einer Partei wie „Die Grünen“ reicht doch, um dieses Phänomen, als ein ganz normales im demokratischen Alltag zu verstehen.



    Diskutieren wir doch lieber genauso intensiv die Kritikpunkte an der aktuellen Politik, als uns in den Ritualen des „Wehret allen Anfängen des Rechtsextremismus“ zu erschöpfen, wo es sich doch nur um kleine, geschickte Gruppe handelt, die versuchen, Massenproteste zu kapern.

    • @Andreas Strobl:

      "Wie kann man sich mehr von Links- und Rechtsextremismus distanzieren als die Querdenken-Veranstalter an der Siegessäule?"

      Ganz einfach. Gar nicht.

      Schauen Sie hier. Der Pressesprecher von Querdenken gibt einem Mitglied der IB ein Interview für das Nazi-Blatt Compact:

      www.facebook.com/f...2/3398812690172963

      Was gibt es da zu deuteln?

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Andreas Strobl:

      also erstens kann man sich problemlos klar von nazis abgrenzen, dass die erst gar nicht kommen wollen, zb indem man einfach klipp&klar nazis ausgrenzt und zweitens steht der versammlungsleitung auch die staatsgewalt in solchen fällen zur verfügung, für den "ausschluss von versammlungsteilnehmer!nnen" und drittens gehört daszu, dass man das problem auch als problem anerkennt und sich nicht andauernd mit dubiosen "demokratie-verweisen" selbst betont, dass man "niemanden ausgrenzen" wolle.



      ps und natürlich hilft es ungemein, neonazis, holocaust-leugner oder verschwörungsgläubige, wie den jebsen, nicht buchstäblich zu umarmen



      www.european-news-...17d54de2e127ba.jpg

  • Wie verträgt sich eigentlich "mit ihren Versuchen, im Zusammenhang mit der Corona-Krise „an demokratische Proteste Anschluss zu finden“, dennoch nicht sehr erfolgreich gewesen" mit "Rechtsextreme geben den Ton an"? Da ist ein offensichtlicher Widerspruch.

    Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage (Drucksache 19/21780) ist bis jetzt beim Bundestag nicht veröffentlicht, ich bin gespannt.

    Wer stellt jetzt eigentlich eine Anfrage, wie es dazu kam, dass am 29.8. die Gruppe "staatenlos.info" mit Zustimmung der Berliner Versammlungsbehörde und des BMI eine Bühne hatte, von der dann der "Sturm" auf die Treppe des Reichstags ausging? Das hatte nämlich mit der Veranstaltung von "Querdenken 711" nichts zu tun.

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Gerd Kauschat:

      benötigt es eigentlich viel ernergie, die diversen belege, wie zb in dem artikel oder von jim hawkins um 11:56 gepostet, zu ignorieren? schmerzt das rechte augen nicht irgendwann beim feste zudrücken?

      • @90564 (Profil gelöscht):

        Das schmerzt, wenn da mit Zustimmung des BMI quasi per Dauergenehmigung (vier Wochen) eine Bühne von "staatenlos.info" vor dem Reichstag steht. Weil sich das Hirn dahinter fragt, was da wohl gerade passiert.

        • 9G
          90564 (Profil gelöscht)
          @Gerd Kauschat:

          versammlungsrecht "passiert" dort gerade und dieses versammlungsrecht sollte auch garantieren, dass man gegen diese coronaleugner!nnen, verschwörungsgläubigen und rechtsradikale protestieren darf, sollte man dann aber auch tun, so wie "die antifa" das auch seit monaten, mit viel zu wenig unterstützung, auch tut.



          wollen sie die frage einfach nicht beantworten oder geht die energie dafür beim ignorieren der belegbaren fakten drauf?

          • @90564 (Profil gelöscht):

            Haben Sie schon mal versucht, innerhalb der Bannmeile eine Mahnwache/Camp oder Ähnliches anzumelden? Vermutlich nicht.

            Was soll ich sonst schreiben? Für Sie sind es immer "die" (Coronaleugner/Verschwörungsgläubigen etc.), für mich halt nicht. Stigmata vs. differenzierte Sichtweise.

            • 9G
              90564 (Profil gelöscht)
              @Gerd Kauschat:

              sie wollen die rechtsradikalen einfach nicht sehen, so, wie sie die frage nicht beantworten wollen

  • Querdenken hat nicht nur keine Probleme mit Nazis, der Spaß geht ein bisschen weiter.



    Der Pressesprecher von Querdenken, der am Rande der ersten großen Demo in Berlin den Nazi "Volkslehrer" zur Begrüßung herzlich umarmte, ist hier im Interview mit einem jungen Kameraden der IB für Elsässers Nazi-Blatt Compact zu sehen.

    www.facebook.com/f...2/3398812690172963