Demonstrationen am Wochenende: Zehntausende Lichter gegen rechts
Am Wochenende waren mindestens 160.000 Menschen demonstrieren. In München bildeten Zehntausende ein „Lichtermeer“.
Berlin taz | In der Dunkelheit verwandelte sich die Theresienwiese in München tatsächlich in ein „Lichtermeer“. Zehntausende – vielleicht sogar Hunderttausende – Menschen hielten Lichter hoch. Die Polizei schätzte die Teilnehmenden-Zahl auf etwa 75.000 Menschen, die Veranstaltenden auf etwa 300.000 Menschen. Neben der Demo in München gingen deutschlandweit am Wochenende noch etwa weitere 80.000 Menschen auf die Straße. Das zeigt eine taz-Auswertung von der Berichterstattung über mehr als 80 Veranstaltungen.
Insgesamt waren so mindestens 159.000 Menschen seit Freitag auf der Straße. Geht man von der höheren Schätzung der Veranstaltenden in München aus, waren es zwischen 300.000 und 400.000 Menschen. Dass die Polizei Demo-Zahlen auch deutlich unterschätzen kann, zeigte sich vergangene Woche in Hamburg, wo die Polizei ihre Schätzung von 50.000 Menschen nach einer neuen Auswertung auf 180.000 korrigierte – ein Wert, der sogar höher war als die Schätzung des Veranstalters.
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Erneut waren es wieder viele kleinere Demonstrationen, die den Großteil des Geschehens ausmachten. In Dresden stellten sich am Sonntag 5.000 Menschen einer deutlich kleineren Nazi-Demo entgegen. In Rostock gingen am Samstag ebenfalls 5.000 Menschen für Vielfalt und gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Zur kleinsten uns bekannten Demo folgten am Samstag 100 Menschen dem Aufruf von Jugendlichen in Pirmasens.
Das Demo-Geschehen am Wochenende war damit deutlich kleiner als an den vergangenen Wochenenden. Am Wochenende vom 19. Januar waren den taz-Daten zufolge mehr als 1,1 Million Menschen von Freitag bis Sonntag auf der Straße. Eine Woche später waren es noch immer mehr als 800.000. Vergangenes Wochenende demonstrierten mehr als 600.000 Menschen.
Auslöser für die Protestwelle waren Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen von Neonazis Ende November, an dem einige Politiker der in bedeutenden Teilen rechtsextremen AfD sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion in Potsdam teilgenommen hatten. Dabei ging es auch um Pläne, nichtweiße Menschen und Menschen mit ausländischen Wurzeln auszubürgern und zu vertreiben.
80 weitere Demos geplant
Bei mehr als 950 Veranstaltungen waren seit Mitte Januar zwischen 3,2 und 4,4 Millionen Menschen auf der Straße. Für die kommenden Wochen sind noch immer mehr als 80 Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus geplant.
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Seit mehr als zwei Wochen sammeln wir die Termine für die aktuellen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus – unter anderem über die Mail-Adresse demohinweise@taz.de. Inzwischen haben uns mehr als 550 Hinweise erreicht. Diese Liste bildet die Basis für unsere Analyse, die verarbeiteten Daten können aus unseren Grafiken heruntergeladen und frei verwendet werden. Wir freuen uns über Hinweise auf Fehler und veraltete Informationen und korrigieren diese gerne.
Leser*innenkommentare
fly
Laut ZEIT lehnt ein Drittel der jungen Menschen Demonstrationen gegen die afD ab. Wie soll das erst werden, wenn die älter werden?
Winnetaz
Anders als bei der Großdemo in München im Januar gab es diesmal auch keine Pfiffe gegen Redebeiträge, die konservative Kräfte pauschal gleich mit in die rechte Ecke stellen wollten. Das lag daran, dass die Veranstalter großen Wert darauf gelegt hatten, dass sich mit dem Lichtermeer wirklich die ganze Breite des demokratischen Spektrums gegen die AfDoof und ähnliche Extremisten stellt. Die Hauptrednerin Frau Tekkal hat das auch super umgesetzt, was ich als Teilnehmer sehr positiv aufgenommen habe. Es wurde klar proklamiert, wer die eigentliche Brandmauer gegen Rechts ist: WIR, die wählende Bevölkerung, d.h. der Souverän der Demokratie, die sich immer wieder neu erfindet und die sich auch aktiv gegen ihre Gegner verteidigt.
BFC, oder umgekehrt
@Winnetaz #Es wurde klar proklamiert, wer die eigentliche Brandmauer gegen Rechts ist: WIR
Alle im Sinne des Wortes Protestanten sind wunderbar! Wichtig ist von allen das Durchhaltevermögen.
Wozu braucht es ein gerichtliches Verbot der AfD, das ist m.E. reine Zeit und Geldverschwendung und zusätzliche “Propaganda” für die AfD in Presse, Funk und Fernsehen. Wichtig ist, dass alle, die zurzeit und später auf die Straße gehen, an allen Wahlurnen auch zu erleben sind und durch ihre entsprechende Stimmabgabe den Rechtsextremismus verbieten!!!
Barthelmes Peter
@Winnetaz Das sehe ich genauso : ALLE Demokraten für unsere Demokratie ,keine Ausgrenzung , kein Judenhass !
realnessuno
So lange unsere Politik nichts spürbar für die Bürger unternimmt, helfen auch die süßen Lichtlein und die vielen Tausend Demonstranten nix.
Was wir benötigen ist echte, spürbare Unabhängigkeit (Selbstwirksamkeit), eine passende Bildung, gutes Essen in unseren Kitas und Schulen, weniger Überwachungskapitalismus sondern Schutz vor den Werbekonzernen für unsere Kinder und Jugendlichen und nicht Zuletzt eine funktionierende Infrastruktur (Bahn, Straßen, IT ...).
DANN wird sich etwas ändern und die Leute werden aufatmen, statt sich abhängig und vernachlässigt zu fühlen!