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Demokratie in der KriseWider die Autokratien

Gastkommentar von Andreas Bummel

Die Demokratie gerät zunehmend unter Druck. Ein globales Bündnis aus Politik und Zivilgesellschaften sollte Autokratien die Stirn bieten.

Ein als Ex-Präsident Trump verkleideter Demonstrant in Gefängniskleidung in New York 2020 Foto: Carlo Allegri/reuters

W ährend die Welt mit dem Coronavirus ringt, gerät die Demokratie unter Druck. Laut dem Forschungsprojekt V-Dem hat sich 2020 eine globale Autokratisierungswelle beschleunigt und das globale Demokratieniveau ist auf das Level von 1990 gesunken. Dieses düstere Bild wird von anderen Studien bestätigt.

Eine wertebasierte Politik ist das Ziel und abgestimmte Sanktionen bei groben Menschenrechtsverletzungen

Die in den USA ansässige Stiftung Freedom House berichtet, dass die globale Freiheit 2020 zum fünfzehnten Mal in Folge abnahm, und der Economist verzeichnete in seinem Demokratie-Index den schlechtesten Zustand seit Beginn der Bewertungen in 2006. Autoritäre Regierungen machten sich die Pandemie zunutze, um nicht nur die Opposition im eigenen Land zu unterdrücken, sondern sich zunehmend auch jenseits ihrer Grenzen einzumischen.

Für eine wirksame Gegenstrategie der bestehenden Demokratien könnte ein gemeinsamer Club entscheidend sein. Als der frühere US-Außenminister Mike Pompeo im vergangenen Jahr eine Allianz der Demokratien ins Spiel brachte, war die Glaubwürdigkeit der Trump-Regierung schon lange an einem Tiefpunkt angelangt.

Trumps populistische „America First“-Ideologie, seine Missachtung der Demokratie, seine Bewunderung autokratischer Herrscher und zuletzt sein Versuch, das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen zu kippen, haben massiven Schaden angerichtet. Nun aber könnte sich das Blatt wenden. US-Präsident Joe Biden hat versprochen, in seinem ersten Amtsjahr einen globalen „Gipfel für Demokratie“ auszurichten, wo die Weichen gestellt werden könnten.

Biden plant Demokratie-Gipfel

In einer vorläufigen nationalen Sicherheitsstrategie heißt es, dass die Umkehrung des antidemokratischen Trends in der Welt für die nationale Sicherheit der USA wesentlich sei. Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, meint, dass die EU ihre Zusammenarbeit „mit anderen Demokratien vertiefen sollte, um dem Aufstieg des Autoritarismus entgegenzuwirken“. Ein neuer EU-Aktionsplan räumt der Demokratieförderung hohe Priorität ein.

Großbritannien will die Mitgliedschaft der Gruppe der Sieben (G7), bestehend aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA, um Australien, Indien und Südkorea erweitern, um einen sogenannten „D10“-Club der Demokratien zu bilden. Dabei ist nicht ersichtlich, warum es bei diesen zehn Ländern bleiben sollte.

In der Bewertung von V-Dem ist auch Indien in die Kategorie einer Wahlautokratie gerutscht, und bei Freedom House wird das Land nur noch als „teilweise frei“ angesehen. Sogar Frankreich, Italien und die USA werden im Economist-Index als „mangelhafte Demokratien“ eingestuft. Der Club sollte für alle Staaten offen sein, die ähnlich oder besser bewertet werden. Eine rote Linie darf nur in Bezug auf solche Länder gezogen werden, die eindeutig autoritär regiert werden.

Die G7 ist aber auch wegen eines Mangels an Legitimität und Transparenz heftig in die Kritik geraten und deshalb kein guter Ausgangspunkt. Zudem fehlen ein ständiges Sekretariat und eine formale Struktur. Stattdessen könnte die seit 2000 bestehende Gemeinschaft der Demokratien aufgewertet werden. Mit Ausnahme von Australien, Deutschland und Frankreich gehören alle „D10“-Länder bereits zu ihren 29 Mitgliedstaaten.

Mehr als ein Club ist nicht nötig

Es leuchtet nicht unmittelbar ein, warum parallel eine weitere Gruppierung gebildet werden sollte. Der Blick muss sich auch selbstkritisch nach innen richten. Wie Biden feststellte, ist die Erneuerung der Demokratie im eigenen Land eine Voraussetzung dafür, um in der internationalen Demokratieförderung wieder mehr Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Umfragen zeigen, dass große Mehrheiten weiterhin an die Demokratie glauben. Trotzdem besteht große Unzufriedenheit darüber, wie sie in der Praxis funktioniert.

Die Regierungen werden als unfähig wahrgenommen, Probleme wie Korruption oder Ungleichheit anzugehen und die Bedürfnisse der einfachen Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Die Stürmung des US-Kapitols durch einen rechtsgerichteten Mob am 6. Januar veranlasste Außenminister Heiko Maas, einen „gemeinsamen Marshallplan für die Demokratie“ zu fordern. Es sei notwendig, „den Wurzeln der sozialen Spaltung in unseren Ländern auf den Grund zu gehen“.

Die Frage, wie die Demokratie nach innen und außen verteidigt und gestärkt werden soll, kann nicht den Regierungen allein überlassen werden. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Biden will zu dem Demokratie-Gipfel auch Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft einladen. Ein Club der Demokratien sollte weitergehen und ein beratendes offenes Netzwerk zivilgesellschaftlicher Organisationen unterhalten. Darüber hinaus ist es wichtig, demokratisch gewählte Parlamentarier einzubeziehen.

Der Club sollte daher auch ein globales Netzwerk von Abgeordneten aus demokratischen Parteien organisieren, das zudem demokratischen Oppositionellen aus autoritär regierten Staaten offensteht. Schließlich könnte der Club auch eine transnationale Bürgerversammlung einberufen, um Empfehlungen zu erarbeiten. Auf nationaler Ebene gibt es gute Beispiele für dieses Format.

Nach außen sollte der Club nicht nur die Demokratieförderung koordinieren, sondern für eine gemeinsame wertebasierte Politik sorgen, einschließlich abgestimmter Sanktionen bei groben Menschenrechtsverletzungen. Ganz besonders müssen größere Anstrengungen unternommen werden, um den Einfluss autokratischer Staaten innerhalb der Vereinten Nationen zurückzudrängen.

Der Club der Demokratien kann zudem nur glaubwürdig sein, wenn er sich auch für mehr Demokratie in globalen Institutionen einsetzt. Die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den UN und das Instrument einer Weltbürgerinitiative bieten dafür Möglichkeiten.

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