Demo gegen Erdoğans Angriff in Berlin: Gemeinsam für Rojava
Am Donnerstag demonstrierten Tausende in Berlin-Kreuzberg gegen den türkischen Angriff auf die kurdischen Gebiete in Nordsyrien.
Schon zu Beginn um 18 Uhr sammeln sich Hunderte Menschen am Startpunkt am Kreuzberger Oranienplatz. Nicht wenige der Teilnehmer*innen sind selbst betroffen von Erdoğans Angriff.
„Erdoğan greift unsere Familien an“, berichtet Rezo Yusuf. Er kommt selbst aus der Region, der Stadt Hasaka in Nordsyrien, seine Verwandtschaft lebt dort. „Während wir gerade reden, werden meine Brüder und Schwerstern bombardiert.“
Neben den zahlreichen kurdischen Teilnehmer*innen, die Erdoğans Angriff als ein weiteres Kapitel der türkischen Unterdrückung der Kurden sehen, sind auch viele Aktivist*innen aus der linken Szene anwesend. Für das politischen Projekt Rojava, so der kurdische Name der Gebiete, gibt es besonders in der linken Szene starke Sympathien. Erst im vergangenen Juni ging der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine Partnerschaft mit der nordsyrischen Stadt Dêrik ein.
Insel der Utopie
„Für mich ist Rojava eine kleine Insel der Utopie“, erklärt Peter Arndt. Dort werde versucht, emanzipatorische Prinzipien wie Basisdemokratie, Feminismus und Ökologie in die Tat umzusetzen, so der Aktivist. Arndt erinnert an die Rolle der Kurden im Kampf gegen die IS. „Die YPG war die gefeierte Armee, die den IS besiegt hat.“
Die Interventionistische Linke Berlin hatte im Rahmen der Kampagne „Rise up for Rojava“ zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. Sie fordert die Bundesregierung dazu auf, sofort alle Rüstungsexporte in die Türkei zu stoppen, den Flüchtlingsdeal aufzukündigen und Wirtschaftssanktionen zu verhängen.
Gegen 19 Uhr setzt sich die Demo in Bewegung. Die Stimmung ist kämpferisch, aber friedlich. Auf verbotene Flaggen der in Deutschland als Terrororganisation eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK wurde verzichtet. Die Demonstrant*innen rufen Parolen wie „Erdoğan, Terrorist!“ oder „Lang lebe der Widerstand in Rojava!“
Als die Demonstration den Kottbusser Damm erreicht, gibt es vereinzelt Handgreiflichkeiten mit Erdoğan-Anhängern. Ein Passant zeigt das Zeichen der Grauen Wölfe, der rechtsextremen türkischen Bewegung. Demonstrant*innen bedrängen ihn, schließlich greift die Polizei ein.
Extinction Rebellion zeigt sich solidarisch
Freundlichere Szenen gibt es auf der Kottbusser Brücke. Klimaaktivist*innen von Extinction Rebellion hatte diese zuvor blockiert, sie aber für die Demo wieder frei gemacht. Während einer Kundgebung auf der Brücke skandieren beide Gruppen gemeinsam „Alle zusammen gegen den Faschismus“.
Schließlich erreicht die Demo gegen 21 Uhr ihren Endpunkt am Kottbusser Tor. Solange Erdoğan den Angriff fortsetzt, dürften weitere Aktionen folgen. In der Nacht zu Freitag wurde das Fahrzeug eines türkischen Diplomaten angezündet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken