Demo für Open-Air-Raves in Berlin: Umweltfreundlich tanzen
Nicht sehr viele, dafür aber ausgelassene Demonstranten setzten sich für weniger Müll auf Open-Air-Raves ein.
Immer öfter würden kleine Spontan-Raves in Parks frühzeitig aufgelöst und „aufgrund von Müll und Lärm in eine kriminelle Ecke gestellt. Dabei leisten Free Open Airs einen wichtigen, innovativen und niederschwelligen kulturellen Beitrag zur Kreativhauptstadt Berlin“, heißt es in der Erklärung des Vereins Clubcommission. Unter dem Motto „Rave clean – save Green“ demonstrierten Raver am Samstagnachmittag für umweltfreundliche Free Open Airs.
Mehr als 10.000 Einladungen hatten die Veranstalter der Clubcommission über Facebook verschickt. 500 Menschen hatten zugesagt, zu kommen; etwa hundert fanden sich dann am Samstag um 14 Uhr tatsächlich am Kottbusser Tor ein und versammelten sich um die drei Wagen der Clean-Rave-Demo.
Einige sehen ein bisschen BSR-mäßig aus, sind also fast wie in den Neunzigern auf Love Parades gekleidet. Manche haben kleine Besen in den Händen. Die meisten sind jung. Die Leute tragen Schilder, auf denen steht: „Tanzt und gebt Müll einen Korb“, „Mach sauber“, „Pack aus – Pack ein“, „im Müll raven – Nein danke!“, „Musik macht keinen Müll“, „eine grüne Welt ist tanzbar“ sowie: „Feier dreckig, aber sauber“.
Christian Goiny (CDU), der medienpolitische Sprecher der CDU, ist auch gekommen. Er zitiert in seiner kleinen Rede Franz-Josef Strauss. Strauss hätte einmal gesagt, „Kirmesgeräusche sind kein Lärm, sondern Lebensfreude.“ Das sollten sich die Menschen hier auch merken, wenn sie über die schöne Musik bei Open-Airs schimpfen.
Ich denke daran, wie man in den 70er Jahren vor allem in Norddeutschland unartigen Kindern mit dem berühmten ehemaligen CSU-Vorsitzenden Angst gemacht hatte. Dann hieß es: „Sei artig, sonst holt dich Franz-Josef Strauss.“ Auf der Homepage von Christian Goiny findet sich übrigens kein Hinweis auf die Demo und kein Wort darüber, dass sich der CDU-Politiker für die Clubkultur einsetzt.
Katrin Schmidberger von den Grünen hat früher selbst auch mal Open Airs veranstaltet und findet sie gut, auch weil bei Open-Airs niemand ausgeschlossen wird und der Eintritt frei ist. Für den Bezirk sei das alles aber auch nicht so einfach: 500.000 Euro stünden für die Pflege von Kreuzberger Grünflächen zur Verfügung; die Hälfte davon gehe für den Görlitzer Park drauf. Die Politikerin spricht sich dafür aus, die Bestandssicherung von Clubs gesetzlich zu verankern.
Die Demoroute wird noch einmal erläutert, und wer am Schlesischen Busch, dem Ziel der Demo, Drogen findet, solle sie bitte bei der Polizei abgeben, wird durchgesagt. Die kleine Parade zieht am Ufer entlang bis zur Forster Straße, durch Treptow hindurch, und endet am Schlesischen Busch. Die Hälfte der Demoteilnehmer macht auf dem Weg mit ihren kleinen Besen und Müllbeuteln sauber. Einige pusten Seifenblasen in die Luft. Die Musik ist schön, die Stimmung ausgelassen, fast wie früher beim „Karneval der Verpeilten“. Viele Passanten lächeln. An einem Wagen kleben Schallplatten, zum Beispiel von Juliane Werding und Ricky King.
Über 150 Open-Airs gebe es in diesem Jahr in Berlin, erklärt ein Kollege der Clubcommission, der ein bisschen an Westbam erinnert. Wie immer unterhalte ich mich mit Marc Wohlrabe über die Legalisierung von Marihuana. Der ehemalige Herausgeber der Veranstaltungszeitung Flyer ist auch dafür. Letztes Jahr ist er in die CDU eingetreten. Ich sage, die Legalisierung werde bestimmt irgendwann einmal mit Merkel kommen. Er ist verhaltener optimistisch. Komisch, dass auf der Demo niemand kifft.
An der Forster Straße gibt es eine Zwischenkundgebung. Ein Redner sagt, er sei für „wahre Entfaltung“, für Open-Airs, die sich der „Verwertungslogik“ entgegenstellen und für „Unser Tanz ist Widerstand“.
Viele Teilnehmer trinken die neue Hip-Brause „Teammate“. Eine Weile spreche ich noch mit einer Altraverin über gemeinsame Bekannte. Um sieben Uhr sind alle am Schlesischen Busch angekommen. Es gibt ein Gewitter wie letzte Woche bei der Hanfparade, eine Abschlusskundgebung, und dann tanzen die Leute noch eine Weile.
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