Deepfake des ZPS: Nur kein falscher Scholz
Das Zentrum für Politische Schönheit veröffentlicht zum zweiten Mal ein Video, in dem Olaf Scholz eindrücklich vor der AfD warnt. Aber: Es ist nicht echt.
D en größten Schmerz erzeugt Kunst, vielleicht das Leben generell, wenn sie uns zeigt, was alles hätte sein können. Was wir nicht haben, obwohl es möglich gewesen wäre, wenn nur irgendjemand (meistens wir selbst) den Mut gehabt hätte, das Richtige zu tun.
Diesen Schmerz will auch das Zentrum für Politische Schönheit erzeugen und postet deswegen noch mal ein Video, das bei Instagram schon vor zwei Monaten für Aufsehen gesorgt hat – und jetzt wieder diskutiert wird.
Darin stellt sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor die Kamera und sagt all das, was ein SPD-Bundeskanzler die letzten Wochen, Monate, wenn nicht Jahre, hätte sagen müssen. Spätestens jetzt, nach der Enthüllung der Deportationspläne von Rechtsextremist*innen: Wir kämpfen gegen die!
Die, das ist die AfD. Scholz ist nicht der Held, den Deutschland verdient, sondern der Held, den Deutschland braucht – damit es endlich wieder weniger Deutschland ist. Er spricht über den fünften Jahrestag der rassistischen Menschenjagd in Chemnitz, angeführt – so dieser Helden-Scholz – von Vertretern einer Partei, die im Bundestag sitzt. Schnitt auf Höcke. „Ihre Ziele sind Bürgerkrieg und Mord, Ausgrenzung und Unterdrückung, Gewalt und Terror“. Wir verstehen, Helden-Scholz!
Kein Held in Sicht
Nur leider ist das nicht der echte Kanzler, das Zentrum für Politische Schönheit nicht sein amtliches Sprachrohr. Die Stimme von Scholz ist KI-generiert. So wahr das ist, was Scholz hier sagt, so gelogen ist, dass er es sagt. Daher rührt der Schmerz, und deswegen ist die Aktion vom Zentrum für Politische Schönheit so wichtig. Wir müssen zittern und weinen vor verzweifelter Wut, weil unser Kanzler einfach nicht den Mut hat, das zu tun, was richtig wäre. Und doch ist die Aktion: eine Lüge.
Nun muss Kunst nicht allen zugänglich sein. Das Video allerdings ist – wenn der Algorithmus es entscheidet – allen zugänglich. Und viele verstehen es nicht. Das zeigte sich bereits vor zwei Monaten, und das zeigt sich auch jetzt wieder in den Kommentaren. Viele wollen es als Propaganda der Woken, der Guten, der Deutschlandhasser*innen erkennen.
Wenn wir – zu recht – die verlogenen, menschenfangenden Deepfakes von Rechtsextremen verurteilen, dann müssen wir die gleichen Ansprüche auch an uns selbst stellen und dafür sorgen, dass Fakes nicht für Fakten gehalten werden. Nichts spricht gegen ein Wasserzeichen auf der Stirn von Helden-Scholz, damit wir erkennen, was er ist: ein Traummann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus