Debatte ums Bürgergeld und Schonvermögen: Keine Kompromisse

Die Union fordert, die Grenzen für das Schonvermögen beim Bürgergeld zu senken. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hält dagegen.

Portrait von Kevin Kühnert vor rotem Hintergrund

„Friedrich Merz geht es vielmehr darum, verschiedene gesellschaftliche Gruppen populistisch gegeneinander in Stellung zu bringen“, sagt Kevin Kühnert Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN taz | SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert ist gegen eine Absenkung der Grenze für das sogenannte Schonvermögen beim neuen Bürgergeld. „Eine Absenkung der Grenzen ist völlig unplausibel“, so Kühnert zur taz. Denn die fürs Bürgergeld geplanten Grenzen für Schonvermögen seien ja bereits geltende Rechtslage und das aus gutem Grund. „Wer mit den eigenen Händen einen gewissen Wohlstand aufgebaut hat, soll in Zeiten der Krise nicht fürchten müssen, dass dieser plötzlich zwischen den Fingern zerrinnt. Das hat etwas mit Respekt und Leistungsgerechtigkeit zu tun.“

Das Schonvermögen definiert, wie reich Menschen sein dürfen, um die staatliche Grundsicherung zu beziehen. Aktuell dürfen Emp­fän­ge­r:in­nen von Hartz IV in den ersten beiden Jahren des Bezugs 60.000 Euro an Vermögen behalten. Für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen 30.000 Euro Schonvermögen hinzu. Diese Grenzen hat die damalige Große Koalition in der Corona-Pandemie eingeführt. Für das Bürgergeld, das Hartz IV ab Januar ersetzen soll, möchte die Ampel sie beibehalten.

„Es geht jetzt lediglich um die Frage, ob diese Regelung ab dem 1. Januar weiterläuft oder nicht“, so Kühnert. „Und wenn die Union das nicht will, dann würde ich gerne mal eine Argumentation hören, warum es vor zwei Jahren, als wir diese Regelung zusammen in der Corona-Krise eingeführt haben, richtig war und in der jetzigen Krise falsch ist.“

Die Union sieht nun Verzerrungen. Eine „vierköpfige Familie soll mit einem Schonvermögen von 150.000 Euro trotzdem Anspruch auf das Bürgergeld haben, während eine andere junge Familie hart arbeitet und Steuern zahlt, um das Bürgergeld zu finanzieren“, kritisierte CDU-Generalsekretär Mario Czaja gegenüber dem Tagesspiegel. Czaja drohte damit, dass die unionsregierten Länder das Bürgergeld im Bundesrat durchfallen lassen könnten.

Ein Nein in der Länderkammer würde die Einführung zumindest verzögern, da sich beide Kammern, Bundesrat und Bundestag im Vermittlungsausschuss einigen müssten. SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat daraufhin Kompromissbereitschaft in Detailfragen signalisiert.

Grüne könnten den Unterschied machen

Doch so geschlossen, wie es Czaja suggeriert, steht die Union im Bundesrat nicht. In Niedersachsen wollen SPD und Grüne schon am 7. November einen Koalitionsvertrag unterzeichnen. Laut Eilmeldung haben sich Grüne und SPD am Montag auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, der am Dienstag präsentiert werden soll. Halten sie diesen Zeitplan, dann erreichen die Länder, in denen CDU oder CSU in der Regierung sind, nur noch eine Mehrheit von 39 der 69 Stimmen im Bundesrat. Die für die Zustimmung zum Gesetz erforderliche absolute Mehrheit liegt bei 35 Ja-Stimmen.

Es würde also genügen, wenn alle anderen Länder zustimmen und ein von der Union mitregiertes Land mit fünf Stimmen die Seite wechselt. Infrage kämen am ehesten Baden-Württemberg (6 Stimmen) oder Hessen (5 Stimmen). In beiden Ländern stellen die Grünen den Sozialminister, in Baden-Württemberg zudem den Ministerpräsidenten.

Die nächste reguläre Sitzung der Länderkammer findet am 25. November statt. Zuvor will der Bundestag am 10. November in zweiter und dritter Lesung über das Bürgergeld abstimmen.

Kühnert glaubt jedoch, dass es der Union gar nicht um Sachfragen geht. „Friedrich Merz geht es vielmehr darum, verschiedene gesellschaftliche Gruppen populistisch gegeneinander in Stellung zu bringen, hier konkret Nied­rig­löh­ne­r:in­nen einerseits und Trans­fer­leis­tung­emp­fän­ge­r:in­nen andererseits“, so Kühnert zur taz.

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