piwik no script img

Debatte um WDR-ModeratorinEl-Hassan wird nicht moderieren

Nemi El-Hassan wird die Wissensschafts-Sendung „Quarks“ nicht moderieren. WDR-Intendant Buhrow erwägt, sie als Autorin für die Sendung einzusetzen.

Nemi El Hassan, Journalistin und Moderatorin Foto: picture alliance/dpa/WDR Kommunikation/Redaktion Bild/Tilman Schenk

Köln dpa | Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Journalistin Nemi El-Hassan hat sich der Westdeutsche Rundfunk (WDR) zum jetzigen Zeitpunkt dafür entschieden, die 28-Jährige die Wissenschaftssendung „Quarks“ nicht moderieren zu lassen. Das sagte WDR-Intendant Tom Buhrow am Dienstag im WDR-Rundfunkrat.

Das Problem sei in seinen Augen nicht so sehr ihre Teilnahme an einer Al-Kuds-Demonstration vor sieben Jahren, da sie sich davon klar distanziert habe. Es hätten sich aber auch aus jüngster Zeit problematische Likes von ihr in sozialen Netzwerken gefunden. „Es ist eine schwierige, schwierige Abwägung“, sagte Buhrow. Eine Moderation würde aber in jedem Fall zu einer unangebrachten Politisierung der Sendung führen. Allerdings erwäge man, El-Hassan als Autorin für „Quarks“ arbeiten zu lassen, sagte Buhrow – also nicht vor, sondern hinter der Kamera.

Bei den alljährlichen Al-Kuds-Demonstrationen in Berlin waren in der Vergangenheit immer wieder antisemitische Parolen gerufen und Symbole der pro-iranischen libanesischen Hisbollah-Bewegung gezeigt worden. Das Bundesinnenministerium hatte 2020 Aktivitäten der Hisbollah verboten.

Der ganze Fall war durch Berichterstattung der Bild ins Rollen gekommen: Die Zeitung hatte bekanntgemacht, dass die Journalistin vor mehreren Jahren bei einer Al-Kuds-Demo in Berlin war. Daraufhin hatte sich El-Hassan von der Demo im Jahr 2014 distanziert. Der WDR teilte anschließend mit, dass er den geplanten Start der Moderation von El-Hassan bei der Wissenschaftssendung „Quarks“ vorerst aussetze. Eigentlich hätte die 28-Jährige im November anfangen sollen.

Zahlreiche Rundfunkratsmitglieder meldeten sich zu Wort und kritisierten ganz überwiegend, dass El-Hassan weiter für den WDR tätig sein solle. Sie könne weder vor noch hinter der Kamera einen Platz haben. „Wir dürfen doch nicht so tun, als ob es unterschiedlich wichtige Aufgabenbereiche im WDR gibt“, hieß es in einer Wortmeldung. Damit tue sich der WDR keinen Gefallen. Das Problem seien weniger die Jugendsünden als die Bekundungen aus neuester Zeit. Man könne israelkritisch sein, aber Freude über Gewalt gegen Israel sei auf keinen Fall zu tolerieren.

Der Rundfunkratsvorsitzende Andreas Meyer-Lauber sagte: „Antisemitische Positionen können und dürfen im WDR keinen Platz haben.“ Daran lasse man nicht rütteln. Wie man dann im Detail eine Personalentscheidung treffe, sei nicht Sache des Rundfunkrates. „Die Entscheidung können wir Ihnen hier und heute nicht abnehmen“, sagte er an Buhrow gewandt. Die Grundrichtung der Wortmeldungen sei aber deutlich gewesen. Er wünsche sich eine für alle Seiten akzeptable Lösung.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Da wirkt ihre Distanzierung einfach unglaubwürdig. Sich für das Engagement gegen Rechts feiern zu lassen auch.

  • Was sind das denn für likes?

    • @Banane:

      U.a. hat sie die Freudenfeier von Palästinensern über einen Ausbruch palästinensischer Gefangener aus einem israelischen Gefängnis positiv bewertet. Einer der Gefangenen sass wegen der Ermordung eines 18 jährigen Israelis ein, auf die er stolz war.



      Dann gab es noch andere Likes.



      Entweder Nemi El Hassan versteht nicht, was man von ihr möchte, oder sie hat ihre Distanzierung bewusst vorgetäuscht. Sie hat ja einiges gelöscht.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Banane:

      da gab es einige tweets auf twitter, die ihre unschuldsbeteuerungen in ein anderes licht rücken. sie hat aber mittlerweile viel gelöscht. also alles gut, in einem halben jahr darf sie dann moderieren.

    • @Banane:

      Z. B. der Like eines Beitrags, in dem der Ausbruch islamistischer Terroristen aus israelischer Haft bejubelt wurde. Der im Artikel verwendete Ausdruck "problematisch" ist ein Euphemismus.

      Unabhängig davon: Wenn Frau El-Hassan als Moderatorin einer Sendung nicht tragbar ist, kann sie als Autorin der Sendung ebenfalls nicht tragbar sein. Die Autoren gestalten schließlich die Inhalte. Buhrow eiert hier - nicht zum ersten Mal - rum. Mit "Abwägung" hat das nichts zu tun.

    • @Banane:

      Sie hat wohl Boykottaufrufe von BDS geliked sowie einen Bericht über einen Gefängnisausbruch von Mitgliedern der „Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden". Dazu kommen noch likes zu Parolen wie Antizionism is a duty oder From the River to the See, Palestine will be free. Das übliche halt.

  • Leider eine völlig inkonsequente Haltung des WDR