Debatte um Vorverlegung wegen Ampel-Aus: Lasst die Hamburg-Wahl, wann sie ist
Auf Hamburg kommen im Frühjahr zwei Wahlen in acht Tagen zu. Also die Bürgerschaftswahl vorziehen zur geplanten Bundestagswahl? Besser nicht.
![Peter Tschentscher lächelt Peter Tschentscher lächelt](https://taz.de/picture/7366829/14/449910745-1.jpeg)
R und 15.000 Freiwillige braucht es in Hamburg, um eine Wahl anständig durchzuführen. Die müssen am Wahltag für einen reibungslosen Ablauf an den Urnen sorgen, abends und am nächsten Tag die Stimmzettel auszählen. Und wer einen der mehr als 1.000 Wahlbezirke leitet, hat in den Tagen zuvor Dutzende Absprachen zu führen und zig gesetzliche Anforderungen zu lesen. In der Regel läuft das weitgehend reibungslos.
Für die Bürgerschaftswahl am 2. März gäbe es keine Zweifel, dass das klappt, hätten sich nicht SPD, Grüne und CDU im Bund darauf geeinigt, nur eine Woche zuvor die Bundestagswahl stattfinden zu lassen. In den vergangenen Tagen wurden die Stimmen lauter, die eine Vorverlegung der Bürgerschaftswahl forderten.
Die Gründe dafür, vor allem von CDU und FDP und in Teilen auch von Linken vorgetragen, liegen ja auch auf der Hand: So kurz nacheinander dürfte es schwierig werden, jeweils die nötigen Freiwilligen zu finden. Auch die behördlichen Wahlorganisator:innen stecken in den Tagen nach der Bundestagswahl noch in der Nachbereitung, während sie die Bürgerschaftswahl gleichzeitig abschließend vorbereiten müssen. Und wäre eine hohe Wahlbeteiligung durch die Zusammenlegung nicht wünschenswerter? Und überhaupt, die ganzen doppelten Kosten!
Der rot-grüne Senat hatte die Forderung zuletzt mehrfach abgewiesen. Und so richtig die Argumente zur Vorverlegung sind – Hamburg sollte doch besser am 2. März festhalten. Man hänge nicht am Datum – wichtig sei allein, dass die Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit und Fairness bei der Bürgerschaftswahl gewahrt blieben, sagte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am Dienstag.
Färbt Bundestrend auf Hamburger Parteien ab?
Und da würde es Rot-Grün besonders um die kleineren, nicht im Parlament vertretenen Parteien gehen: Die müssen, um zur Wahl zugelassen zu werden, Unterschriften sammeln, müssen ihre Wahllisten aufstellen, brauchen mehr Zeit für die Vorbereitung, weil es eben keine etablierten Parteien mit großem Apparat sind.
Und dann kommt noch hinzu: Wenn sich die Politik in Berlin – und damit ist nicht nur die Ampel gemeint – durch eins in der vergangenen Zeit auszeichnete, dann war es Unzuverlässigkeit. Und noch ist ja nicht die Vertrauensfrage gestellt, der Bundestag aufgelöst und der Neuwahltermin amtlich bekanntgegeben, gab Fegebank zu Recht zu bedenken.
Vielleicht sind das vorgeschobene Argumente. Natürlich haben Hamburgs SPD und Grüne keinen Bock darauf, dass ihr schlechter Bundestrend auf die Hamburger Bürgerschaftswahl abfärbt. Nur ist das eine These, die vor Wahlen nicht zu belegen oder eben zu widerlegen ist. Manche vergangene Wahlen und Umfragen sprechen für die These, andere dagegen. Man weiß das schlicht nicht.
Aber ob vorgeschoben oder nicht: Das Risiko, dass sich benachteiligt gefühlte kleine Parteien gegen die Vorziehung klagen, ist plausibel. Nichts wäre ärgerlicher als eine vom Gericht angeordnete Neuwahl. Wenn am heutigen Mittag der Verfassungsausschuss der Bürgerschaft in der Frage zusammenkommt, sollte er nicht den schon lange bestehenden Wahltermin kippen.
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