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Debatte um Vorverlegung wegen Ampel-AusLasst die Hamburg-Wahl, wann sie ist

André Zuschlag
Kommentar von André Zuschlag

Auf Hamburg kommen im Frühjahr zwei Wahlen in acht Tagen zu. Also die Bürgerschaftswahl vorziehen zur geplanten Bundestagswahl? Besser nicht.

Glaubt häufig, alles besser zu wissen – und manchmal stimmt das auch: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD)

R und 15.000 Freiwillige braucht es in Hamburg, um eine Wahl anständig durchzuführen. Die müssen am Wahltag für einen reibungslosen Ablauf an den Urnen sorgen, abends und am nächsten Tag die Stimmzettel auszählen. Und wer einen der mehr als 1.000 Wahlbezirke leitet, hat in den Tagen zuvor Dutzende Absprachen zu führen und zig gesetzliche Anforderungen zu lesen. In der Regel läuft das weitgehend reibungslos.

Für die Bürgerschaftswahl am 2. März gäbe es keine Zweifel, dass das klappt, hätten sich nicht SPD, Grüne und CDU im Bund darauf geeinigt, nur eine Woche zuvor die Bundestagswahl stattfinden zu lassen. In den vergangenen Tagen wurden die Stimmen lauter, die eine Vorverlegung der Bürgerschaftswahl forderten.

Die Gründe dafür, vor allem von CDU und FDP und in Teilen auch von Linken vorgetragen, liegen ja auch auf der Hand: So kurz nacheinander dürfte es schwierig werden, jeweils die nötigen Freiwilligen zu finden. Auch die behördlichen Wahl­or­ga­ni­sa­to­r:in­nen stecken in den Tagen nach der Bundestagswahl noch in der Nachbereitung, während sie die Bürgerschaftswahl gleichzeitig abschließend vorbereiten müssen. Und wäre eine hohe Wahlbeteiligung durch die Zusammenlegung nicht wünschenswerter? Und überhaupt, die ganzen doppelten Kosten!

Der rot-grüne Senat hatte die Forderung zuletzt mehrfach abgewiesen. Und so richtig die Argumente zur Vorverlegung sind – Hamburg sollte doch besser am 2. März festhalten. Man hänge nicht am Datum – wichtig sei allein, dass die Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit und Fairness bei der Bürgerschaftswahl gewahrt blieben, sagte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am Dienstag.

Färbt Bundestrend auf Hamburger Parteien ab?

Und da würde es Rot-Grün besonders um die kleineren, nicht im Parlament vertretenen Parteien gehen: Die müssen, um zur Wahl zugelassen zu werden, Unterschriften sammeln, müssen ihre Wahllisten aufstellen, brauchen mehr Zeit für die Vorbereitung, weil es eben keine etablierten Parteien mit großem Apparat sind.

Und dann kommt noch hinzu: Wenn sich die Politik in Berlin – und damit ist nicht nur die Ampel gemeint – durch eins in der vergangenen Zeit auszeichnete, dann war es Unzuverlässigkeit. Und noch ist ja nicht die Vertrauensfrage gestellt, der Bundestag aufgelöst und der Neuwahltermin amtlich bekanntgegeben, gab Fegebank zu Recht zu bedenken.

Vielleicht sind das vorgeschobene Argumente. Natürlich haben Hamburgs SPD und Grüne keinen Bock darauf, dass ihr schlechter Bundestrend auf die Hamburger Bürgerschaftswahl abfärbt. Nur ist das eine These, die vor Wahlen nicht zu belegen oder eben zu widerlegen ist. Manche vergangene Wahlen und Umfragen sprechen für die These, andere dagegen. Man weiß das schlicht nicht.

Aber ob vorgeschoben oder nicht: Das Risiko, dass sich benachteiligt gefühlte kleine Parteien gegen die Vorziehung klagen, ist plausibel. Nichts wäre ärgerlicher als eine vom Gericht angeordnete Neuwahl. Wenn am heutigen Mittag der Verfassungsausschuss der Bürgerschaft in der Frage zusammenkommt, sollte er nicht den schon lange bestehenden Wahltermin kippen.

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André Zuschlag
Redakteur taz nord
Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.
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8 Kommentare

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  • Die kleineren Parteien werden durch die 5 % Klausel und durch die überraschende Bundestagswahl bundesweit benachteiligt. Das Vorziehen der lange bekannten Hamburgwahl um nur eine Woche ist nicht das Problem.

  • Wenn das Vorziehen der Wahl eine verfassungswidrige Benachtteiligung von kleinen Parteien waere, waere es die Bundestagswahl zu dem vorgezogenen Termin doch auch, oder nicht?



    Folglich ist das Argument fuer mich vorgeschoben. Es geht um die Partei und nicht ums Land, wie bei der Verzoegerung der Vertrauensfrage.

  • Anders als der Termin der Bundestagswahl, stand der Hamburger doch Termin schon lange fest. Die Vorverlegung um nur eine Woche kann doch nun wirklich nicht so gravierende logistische Konsequenzen haben.

    Alles spricht für eine Zusammenlegung. Wahltaktische Erwägungen sind doch nur was für böse Antidemokraten, oder?

  • Freiwillige Helfer, doppelte Kosten.



    Wenn das keine Argumente sind weiß ich auch nicht🤷‍♂️



    Aber bei Geld 💰 das einem nicht selbst gehört sind unsere Parteien ja grundsätzlich großzügig...🙄



    Das Argumente der Fristeinhaltung für kleinere Parteien ist in Anbetracht, dass es nur um eine Woche geht, eher dünn - ginge es um Monate wie jetzt bei der geplanten Bundestagswahl, wäre es absolut verständlich.



    Der Beigeschmack das Rot-Grün hier ihre Felle schonen wollen drängt sich schon sehr auf...

    • @Farang:

      Da drängt gar nichts, außer bei Ihnen vielleicht.

      Nach Berlin, wo ein Profit-Marathon die Bundestagswahl störte, verstehe ich jeden, der vor allem beim heiklen Thema Wahlen das Vertrauen und die Rechtssicherheit sicherstellen will.



      Also kurz innehalten, prüfen, nachdenken, keine vorschnellen "drängt sich schon"s.



      Dann kann man nach entsprechender Überlegung zu einer Zusammenlagung kommen (es muss immer noch beides ausgezählt werden, das dauert je nach Wahlrecht ganz schön, kann ich Ihnen aus Erfahrung sagen, Hamburg hat Kumulieren & Panaschieren, der Bund Zweitstimmen, wie Sie sicher wissen, nicht jeder will da so lange) oder auch nicht.



      Keinen Schnellschuss, bitte, auch wenn sich die schwächelnde Hamburg-CDU weißwerwas davon verspricht.

      • @Janix:

        Was sich die CDU davon verspricht weiß ich auch nicht, genauso aber auch nicht wovor sich Grüne und SPD in Hamburg fürchten🤷‍♂️



        Der Mehraufwand für die freiwilligen Helfer - zwei kaputte Wochenenden statt einem - steht für mich im Vordergrund. Daneben höhere Kosten für die Durchführung und die Tatsache, dass bei 5 Jahren 1 Woche wohl nicht den Unterschied machen kann...



        Auf die letzte Minute fertig erwarte ich in der Küche, nicht bei so gewissenhaften Sachen wie Wahlen, Verträge, etc

    • @Farang:

      Was die freiwilligen Wahlhelfer betrifft, hat man doch sowieso nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

      Zwei Wahlen hintereinander am gleichen Tag vorzubereiten und/oder auszuzählen - eine davon mit zwei Stimmzetteln und Mehrfachstimmen - ist auch nicht unbedingt attraktiver als die Wahlen an zwei aufeinander folgenden Wochenenden...

      • @FriedrichHecker:

        Der Mehraufwand beläuft fast nur aufs zweite Auszählen - sagen wir 2h extra Arbeit. BTW-Wahlzettel zählen sich ja recht schnell.

        Bei einem zweiten Wahltermin ist wieder ein kompletter Sonntag weg.