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Debatte um SchulbeginnDer frühe Vogel hat müde Kinder

Grundschulstart heißt auch: Die ganze Familie muss eine Stunde früher aufstehen. Welch eine Qual. Dabei geht es doch auch anders.

Los, aufstehen, jetzt aber schnell! Foto: Natalia Danko/imago

D ie Tage zuvor war so viel los, dass ich mir kaum Gedanken über diesen Termin gemacht habe. Bis ich im Festsaal des Wiener Bezirksamts stehe, noch außer Atem, und merke, dass ich keine kluge Frage parat habe. Mit Volksschulen, so heißen Grundschulen hier, habe ich mich zuletzt befasst, als ich selbst noch Schülerin war. Lange her. Nun kommt der Fünfjährige in die Schule.

In Wien wählt man eine aus und schreibt sich im Januar ein. Von den Tischen fische ich die Prospekte und nicke freundlich den Leh­re­r*in­nen zu, als wüsste ich, was ich hier tue. Einige von ihnen sind in Gesprächen mit Eltern. Der Saal ist gut gefüllt, bald fängt der Vortrag an. Drei öffentliche Ganztagsschulen werden von deren Direktorinnen vorgestellt.

Als ich noch versuche, die Begriffe in den Prospekten zu verstehen – selektionsfreie Eingangsphase, wöchentlicher Freizeitblock, Mehrstufenklassen – fragt ein Lehrer, ob er mir helfen kann. Er unterrichtet eine Mehrstufenklasse, in der Kinder von sechs bis zehn Jahren gemeinsam lernen.

Ich freue mich zu hören, dass Schulklassen nicht mehr nach Deutschkenntnissen getrennt, sondern gemischt werden. Die Kinder hätten heute in der Ganztagsschule mehr Freizeit zwischendurch, sagt er, mehr Bewegung und es gebe keine Hausaufgaben. Wunderbar.

Ich frage, ob die Schule inzwischen später anfängt? Acht Uhr war für mich eine Qual. Er sieht mich entgeistert an. „Nein, es gibt aber einen Frühdienst ab sieben Uhr.“ Ich sehe ihn entgeistert an. Er sagt: „Aus Rücksicht auf die Eltern, die früher arbeiten müssen.“ „Sehr fein“, antworte ich. Ob es auch Rücksicht auf Eltern gibt, die erst nach neun Uhr arbeiten müssen? Er schüttelt den Kopf.

Der Wirtschaft zuliebe

Nach dem Vortrag führe ich ein ähnliches Gespräch mit einem anderen Lehrer. „Nein, die Schule startet um acht Uhr“, sagt er in einem Ton, als hätte ich ihn gefragt, ob Schweine fliegen können. Alles andere würde die Wirtschaft nicht mitmachen.

Mein Verständnis, dass wir für „die Wirtschaft“ ab September eine Stunde früher aufstehen müssen, hält sich in Grenzen, sage ich. Die Kindergärten starten doch auch um neun Uhr, mit Frühdienst davor. Ein leerer Blick. Ich murmele was von „Henne-Ei-Problem“ und verabschiede mich – von dem Lehrer einerseits und von meinem Schlaf andererseits.

Denn in diesem Haushalt gibt es keine Morgenmenschen. Die Kinder wachen selten von selbst auf und brauchen morgens viel Zeit, sonst kippt die Stimmung. Der individuelle Biorhythmus lässt sich nicht ändern, auch nicht für die Wirtschaft.

In Wien gibt es erste Privatschulen, die Kinder ab sieben Uhr besuchen können, der Unterricht beginnt um neun, wie in Großbritannien oder Finnland. Die im Festsaal vorgestellten Schulen haben Unterricht bis 15.30 Uhr, wobei die letzten Stunden oft Freizeit sind.

Es sollte auch den öffentlichen Schulen möglich sein, zumindest klassenweise einen späteren Schulanfang zu bieten, um alle Schü­le­r*in­nen bestmöglich zu unterstützen.

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Saskia Hödl
Autorin
Jahrgang 1985, ist freie Autorin in Wien und schreibt über Politik, Medien und Gesellschaft. Ehemalige taz panter Volontärin, taz eins Redakteurin und taz2&Medien Ressortleiterin.
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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • ...was wäre so verkehrt an einem Gleitzeitunterricht ? Würde doch gerade in den Grundschulen für etwas Entspannung sorgen. Mit ein paar Sozialassisten pro Schulklasse und Klassenhund am besten Labrador...

  • Au Backe! Und ewig grüßt das Murmeltier! Gellewelle - Frau Hödel.

    Lange vor ehra Zeit - als die Volksschulen noch Volksschulen hießen!



    Und auch des Samstags Unterricht gab - lange vor der mehr als durchsichtigen GEW-Aktion “Samstag gehört Papa uns“ & mein Mathe-Pauker völlig zu recht sagte “Donnerstag 6. Stunde Mathematik is doch ne Zumutung! Mach mal Unterricht!“



    Ja. Begann der Unterricht um 8 Uhr!



    Schlimm. Für die I-Dötze! Gewiß & Sie & Ihre im besonderen! But.



    Junge Frau. Et jitt wiese sehen: Schlimmeres! Woll.



    Vor allem aber: - Wenn - anders als bei ehna naturellement - der Knüppel beim Hund liegt! Gellewelle&Wollnichtwoll!



    Gern&Dannnichfür.

    kurz - wie heißt es mit Lia Wöhr:



    “Kall - mei Drobbe!“ servíce

    • @Lowandorder:

      10 Jahre POS-7:30!



      3 Jahre Abi-Sonnabend Nullte Stunde- 7:00.



      Et jing!

  • Wer den Tag im gemütlichen Büro verbringen darf beschwert sich, dass er wegen den Arbeiterkindern etwas früher aufstehen muss .... dekadent .... andere müssen bereits um 6 bei der Arbeit sein - die fragt keiner nach ihrem Biorhythmus.

    • @Jörg Schulz:

      ...und wo die Eltern als Ärzte im Krankenhaus, mit Schichtdienst auch Nachts arbeiten ?



      Die kurzen auch in der Schule - abliefern ? Ihre Argumentation erschließt sich mir nicht.

    • @Jörg Schulz:

      Gerade Kinder und Jugendliche brauchen ihren gesunden Schlaf.



      Was sollen denn diese morgendlichen Qualen bei den jüngsten ?



      Abrichten für das Berufsleben oder sollte Schule nicht etwas mehr sein und Freude verbreiten?

  • Das nenne ich mal eine gesunde Erwartungshaltung.



    Heute müssen wir doch schon froh sein, wenn wir überhaupt noch einen Schulplatz für die Kinder finden, bei dem nicht 20-30% des Unterrichts ausfallen, manche Klassen hoffnungslos überbesetzt und die Lehrkräfte teilweise hoffnungslos demotiviert sind.



    Da mit "Ich würde mein Kind gerne 9:00 Uhr abgeben" zu kommen ist schon mutig.

    • @Rudi Hamm:

      ...schon der Begriff abgeben, trifft es genau. Was passiert denn mit den Kindern ? Wieviel Minuten Aufmerksamkeit bekommt ihr Kind wohl in einer Schulstunde ( 45 Minuten ) durch 25 Schüler in der Klasse ? Nicht einmal 2 Minuten Aufmerksamkeit von der Bezugsperson - der Lehrkraft. Was ist oft die Folge ? Frustration, Unruhe, Stören - Herumalbern um wahrgenommen zu werden - wenn es verbal nicht reicht, gerne auch mal mit körperlichen Einsatz.



      Also klingt irgendwie nicht so prickelnd...und eigentlich soll gelernt werden - noch Fragen zum deutschen Bildungssystem ? Ach nee, ist ja ein Aufbewahrungssystem für abgegebene Kinder, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe....