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Debatte um Impfpflicht für PflegeberufeKrach und Kurzrevolten

Die Diskussion über die einrichtungsbezogene Impfpflicht dauert an. Die Union muss ihre Rollen noch finden – wie jüngst im Südwesten zu besichtigen.

Geimpft oder ungeimpft? Das wird nicht nur im Klinikum Stuttgart bald die Frage sein Foto: Marijan Murat/dpa

Stuttgart taz | Ob, wie und wann die einrichtungsbezogene Impfpflicht in den Gesundheits- und Pflegeberufen bundesweit durchgesetzt wird, bleibt nach weiteren Querschüssen und Rückziehern aus den Bundesländern unklar. Hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, CSU, noch zu Wochenbeginn im Alleingang verkündet, in Bayern werde die Impfpflicht vorerst ausgesetzt, ruderte sein Gesundheitsminister Klaus Holetschek, ebenfalls von der CSU, am Donnerstag zurück: Bayern werde die Impfpflicht mit ein „paar Wochen“ Verspätung einführen. Bis dahin müsse gemeinsam mit Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r:in­nen geklärt werden, wie genau die Regeln vollzogen und kontrolliert werden können.

Derweil waren Unionspolitiker auch in Baden-Württemberg plötzlich der Meinung, es gebe zu viele offene Fragen, um schon bald von Pflegekräften eine verpflichtende Impfung erwarten zu können. Der CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Manuel Hagel, wie auch der CDU-Chef Thomas Strobl forderten eine Aussetzung des Gesetzes. Hagel stellte die Maßnahme auch grundsätzlich in Frage: Die sektorbezogene Impfpflicht sei immer nur als „Baustein hin zur allgemeinen Impfpflicht“ gedacht gewesen. Die werde aber sehr wahrscheinlich nicht kommen. Bis das geklärt sei, müsse auch die Impfpflicht für Pflegeberufe ausgesetzt werden.

Machtwort hinter verschlossenen Türen

Damit haben die beiden für kurzen, aber kalkulierten Krach in der grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg gesorgt. Das Statement sorgte beim Koalitionspartner erwartungsgemäß für Groll. Denn der Querschuss kam ohne Vorwarnung. In der wöchentlichen Kabinettssitzung hatte die CDU noch keinen Widerspruch angemeldet. Sozialminister Manfred Lucha von den Grünen betonte denn auch etwas verdattert im Fernsehen, man werde die Impfpflicht selbstverständlich gesetzestreu umsetzen, offene Fragen würden derzeit auf Fach­ebene geklärt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte schon vorher darauf hingewiesen, dass Länder Bundesgesetze nicht einfach aussetzen könnten. Das müsste eigentlich auch Innenminister Strobl wissen, findet Oppositionsführer Andreas Stoch von der SPD. „Es geht nicht, dass ein Minister, der für die Einhaltung von Recht und Gesetz verantwortlich ist, sich gegen die Einhaltung von Recht und Gesetz ausspricht“, sagte Stoch.

Kretschmann trug den Zwist in den Koalitionsausschuss, der am Donnerstagmorgen tagte. Dort wurden hinter verschlossenen Türen offenbar Machtworte gesprochen. Jedenfalls erklärten die Fraktionschefs von Grünen und CDU in überraschender Einigkeit, dass sie gemeinsam für die einrichtungsbezogene wie die allgemeine Impfpflicht streiten werden. Fraktionschef Manuel Hagel beteuerte zudem: „Bundesrecht gilt immer und wir haben nie etwas anderes gesagt.“ Die offenen Fragen zur Umsetzung werden nun an einen Arbeitskreis delegiert.

Das Koalitionsscharmützel im Südwesten zeigt, dass die Union ihre unterschiedlichen Rollen in Bund und Ländern neu justieren muss. Zudem könnten die ruhigen Tage der grün-schwarzen Koalition, für die Kretschmann und sein Vize Strobl bisher gesorgt haben, vorbei sein. Strobl gilt als Mann des Übergangs. Dem jungen Fraktionschef Hagel werden Ambitionen nachgesagt, sich als möglicher Spitzenkandidat für die Zeit nach Kretschmann warmzulaufen.

Mit der offenbar wenig durchdachten Kurzrevolte erntet die Südwest-CDU jetzt erst einmal nur Spott. FDP-Fraktionschef Ulrich Rülke ätzt: „Die Pantoffelhelden von der CDU sind in der Koalition gerade noch für einen 24-Stunden-Aufstand gut.“

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