Debatte um Aktivismus: Der letzte linke Aktivist
Laut einer neuen Umfrage verbindet eine Mehrheit der Deutschen mit dem Begriff Aktivist Negatives. Wie tickt denn dieser Aktivist wirklich?
Der letzte linke Aktivist ist vielleicht gar nicht der letzte linke Aktivist. Doch: Er fühlt sich wie der letzte linke Aktivist. Und: Wie man sich bettet, so: liegt man. Also ist der letzte linke Aktivist der letzte linke Aktivist. Q. e. d.!
Der letzte linke Aktivist weiß: Überall sind Faschisten. Faschisten, das sind: die, die anders denken und handeln als er. Denn: Er denkt und handelt richtig. Er denkt und handelt: für das Klima. Er ist: gegen die Menschen. Denn die Menschen: sind nicht gut für das Klima. Folglich: sind die Menschen gegen das Klima. Daher sind sie eigentlich Faschisten. Nur im Schafspelz.
Nun hat ihn neulich der:die genderneutrale Theoretiker:in gefragt: „Musst du dann nicht gegen dich selbst sein?“ Und hat hämisch gelächelt. Doch: Diese Frage konnte der letzte linke Aktivist nur weglachen. Und das: laut. Denn: Da will jemand Widersprüche aufdecken, der selbst ein Widerspruch ist. Der letzte linke Aktivist nämlich weiß: Eine:n genderneutrale:n Theoretiker:in gibt es gar nicht. Es gibt: nur zwei Geschlechter. Und keine Geschlechter:innen. Hier muss der letzte linke Aktivist plötzlich losprusten: Geschlechter:innen, haha, klasse.
Diesen Witz: wird der letzte linke Aktivist bald am Stammtisch erzählen. Wo: zwar viele Linke sind. Und: viele Aktivist:innen. Aber keiner wie er! Dennoch geht er manchmal zum Stammtisch in den Infoladen. Weil: Allein machen sie dich ein. Also sie: Das sind die Faschisten. Und irgendwie auch die Genderneutralen. Denn: Die Genderneutralen machen alles kaputt. Genauer: die Ordnung. Und ein Verstoß gegen die Ordnung: ist bekanntermaßen ein Verstoß gegen die Natur. Wie sagte Thomas Mann: „Es ist eine Ordnung in allen Dingen.“ Und Mann hat den Nobelpreis bekommen! Das sagt doch: alles.
Nebenwiderspruch im Marxismus
Aber zurück zum Thema: Die Genderneutralen sind also gegen die Ordnung. Mithin: gegen die Natur. Mithin: so wie die Faschisten. Folglich: selbst Faschisten. Wieder einmal: q. e. d.!
Nun allerdings muss der letzte linke Aktivist noch mal scharf nachdenken. Denn da tut sich ein Zweifel in ihm auf. Ist nicht der Genderneutrale irgendwie eine Frau? Und ist nicht die Frau ein Nebenwiderspruch im Marxismus? Kann aber ein Faschist ein Nebenwiderspruch sein? Wo doch der ganze Marxismus dafür da ist, dass: der Faschismus verschwindet. Denn: Der Marxismus ist dem Faschisten ein Todfeind. Und daher: ist der Faschist dem Marxisten ein Todfeind. Und demzufolge: ist der Marxismus ein Freund des letzten linken Aktivisten. Denn der hasst die Faschisten. Weil er: das Klima liebt.
Die Faschisten, das kann an dieser Stelle ruhig eingeräumt werden: sind würdige Gegner. Etwa: der Chefredakteur der Freiheit. Oder: seine junge Aynrand. Die junge Aynrand und der Chefredakteur der Freiheit: argumentieren gut. Sie wissen. Und zwar: was sie wollen. Das schätzt der letzte linke Aktivist, denn: Auch er weiß, was er will. Nämlich: das Klima retten.
Chefredakteur der Freiheit
An dieser Stelle seiner Theoriebildung erschrickt der letzte linke Aktivist plötzlich. Er erschrickt: vor sich selbst. Denn: Er denkt: radikal. Und er erkennt: Zwar mögen ihn die junge Aynrand und der Chefredakteur der Freiheit nicht. Sogar: wollen sie ihm die Hand abreißen, wenn er sich an der Straße anklebt. Dennoch: sind sie für die Ordnung. Die Ordnung: in Thomas Manns Dingen. Die wiederum: die Natur ist. Also sind die junge Aynrand und der Chefredakteur der Freiheiteigentlich seine Freunde. Weil: sie für das Gleiche kämpfen. Genauer: gegen den Faschismus. Demnach: gegen die Menschen. Und somit: für das Klima.
Offenkundig: ist ihnen das aber nicht klar. Weil:?. Hier: muss der letzte linke Aktivist noch einmal grübeln. Doch schließlich: heurekat es in ihm. Denn: Er hat den Punkt gefunden. Die junge Aynrand und der Chefredakteur der Freiheit sind einfach: noch zu sehr Menschen. Mithin: noch ein bisschen Faschisten. Aber: Das kann man sicher noch hinfriemeln.
Der letzte linke Aktivist lächelt nun. Bald: ist die Menschheit besiegt. Bald: herrscht Ordnung. Und: Klima. Und bald: ist er nicht mehr allein. Wir sehen: der letzte linke Aktivist ist: ein kluger Optimist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
BSW in Thüringen
Position zu Krieg und Frieden schärfen